Die Urlaubszeit geht ihrem Ende zu. Heute morgen durfte ich zum ersten Mal seit Juni am Eingang der U-Bahn anstehen. Daher ist es eigentlich für diesen Urlaubstipp schon zu spät, aber vielleicht etwas für nächstes Jahr.
Schon manche Male habe ich es hier beklagt: was in Schweden nicht so recht passt, ist das Brot. Es ist süßlich, weich, viel zu luftig, und die Auswahl ist sehr begrenzt.
Manch einer bäckt aber gerne das Brot mit dem selbst gepflegten Sauerteig. Dem widerstrebt aber eines ganz massiv: der lange schwedische Sommerurlaub. Der Sauerteig kann ja schlecht mit nach Thailand. Bäcker Markus Lundqvist und die Bäckerei Urban Deli haben die Lösung gefunden: ein Sommerhotel für den Teig.
Sie übernehmen für 200 Kronen pro Woche den Teig und pflegen ihn aufs beste – da wird er mal richtig durchgeknetet, kann Cocktails trinken und am hoteleigenen Pool ausspannen. Der Urlaub 2012 ist also gerettet.
Manchmal erfährt man über 5 Ecken, was neben einem passiert. Die Kollegen von der KTH haben ein sehr interessantes Projekt gestartet: die Energien von Gamma-Zerfällen in Musik umwandeln. Der Musiker, mit dem sie das zusammen entwickelt haben, will daraus sogar echte Stücke machen.
Für den Moment gibt es aber schon einmal ein sehr schickes Präsentationsvideo (schwedisch mit englischen Untertiteln):
Und natürlich kann man auch selbst ein paar radioaktive Isotope nehmen und das Ganze klimpern lassen, nämlich auf der Webseite von The Radioactive Orchestra.
Eine lustige Sache, zumal Kooperationen zwischen Kunst und Naturwissenschaft nicht übermäßig oft vorkommen, und nebenbei auch der pädagogische Zweck verfolgt, zu erklären, dass es tatsächlich natürliche Radioaktivität gibt.
Bo Cederwall sitzt interessanterweise nur einen Korridor unter mir, und fast hätte ich einmal einen Kurs bei ihm gemacht. Vielleicht werde ich meinen Enkeln einmal erzählen müssen, dass ich einen Kurs bei einem der bedeutendsten Musiker des 21. Jahrhunderts geschmissen habe.
Heute wird es einmal hochwissenschaftlich. Die Schweigsamkeit an dieser Stelle war nicht nur den tragischen Ereignissen in Norwegen geschuldet. Ich durfte zum ersten (und voraussichtlich einzigen) Mal zu einer großen Fachkonferenz in meinem Bereich mit. Ein sehr interessantes Erlebnis, auch wenn ich gestehen muss, dass das allermeiste der zahlreichen Vorträge, die ich mir angeschaut habe, schon längst wieder vergessen ist. Böse Zungen werden sagen, dass das für viele Wissenschaftler jenseits unseres kleinen Kontinents nur ein willkommener Anlass ist, Urlaub in Übersee zu machen – womit man nicht einmal so falsch liegen dürfte, denn für die Begleitpersonen (sprich Ehegatten) gab es auch Programm. Auch bräuchte es wohl strenggenommen nicht ein Galadinner und zwei Empfänge, um so etwas durchzuführen. Das Flair hat dennoch etwas für sich, denn das Zusammentreffen ist eine spannende Sache und natürlich auch etwas anderes, als wenn man nur online kommunizieren würde. Daher bin ich dankbar, bei so etwas einmal dabei gewesen zu sein. Ganz nebenbei ist nicht zu verachten, dass ich so endlich einmal den Giant’s Causeway zu sehen bekam, der als Poster mein altes Zimmer zierte. Nach weiteren Zwischenstopps bin ich nun wieder zuhause, aber fühle mich bemüßigt, ein kleines Juwel aus dem akademischen Bereich auszupacken.
Neulich erhielt ich eine Mail:
Dear Professor Seitz!
Nein, ich habe keine akademische Blitzkarriere hingelegt. Realistisch betrachtet wird ein „Professor“ auch nie vor meinem Namen stehen, bestenfalls ein „Doktor“. Letzterer ist mittlerweile fast Normalität geworden, denn mit einiger Regelmäßigkeit werde ich in Mails als solcher angesprochen. Freilich bin ich das (noch) nicht, und auch wenn mir in Schweden wohl keine strafrechtlichen Konsequenzen drohen würde, fiele es mir nicht im Traum ein, mich mit solchen fremden Federn zu schmücken. Meist handelt es sich ohnehin um Werbung. Es gibt aber bemerkenswerte Ausnahmen. So wurde angefragt, ob ein von mir geschossenes Bild in einem Buch verwendet werden darf, das anscheinend diesen Herbst erscheint. Ich habe zugestimmt, die Sache mit dem Doktor korrigiert und bin schon gespannt auf das Probbeexemplar.
Als Professor wurde ich aber nur neulich bei einer Fachzeitschrift versehentlich tituliert. Und bei einer ganz besonderen Form des Spam, der einem wohl nur blüht, wenn man im akademischen Betrieb arbeitet. Ich erhalte z.B. regelmäßig Mails von aufstrebenden Fachzeitschriften, die (wahrheitswidrig) behaupten, ich würde in ihrem Bereich arbeiten und solle doch Artikel einsenden. Die Seriösität darf bezweifelt werden.
Relativitätsleugner
Hartnäckig ist auch ein Ungar, der unter dem Betreff „The theories are all wrong“ immer mal wieder darauf hinweist, dass die Relativitätstheorie Nonsens sei und er eine Theorie gebastelt habe, die alles erklärt ohne Relativität. Abgesehen davon, dass das ein mehr als gewagtes Versprechen ist: der Mann hat nicht verstanden, was Naturwissenschaft ist. Theorien werden nicht bewiesen, sondern immer wieder überprüft anhand dem, was sie vorhersagen. Sobald eine Vorhersage den experimentellen Befunden wiederspricht, ist die Theorie hinfällig. Solange also die Relativitätstheorie nicht auf diesem Wege widerlegt wird, ist sie nicht widerlegt. Leider gibt es eine nicht ganz unbeträchtliche Untergrundströmung in der Physik, die sich auf die Scharlatanerie einlässt – leider nicht der einzige Bereich der Wissenschaft, wo das so ist.
Ich habe es mir nicht angehört, aber habe keinen Zweifel daran, dass es pure Brillanz ist. Und daher verwundert mich es auch gar nicht, dass dieser Mann noch genügend Energie hat, um die akademische Welt zu revolutionieren:
It is beyond question: Whoever is seriously interested in the project of the integration of sciences and arts – and especially: who wants to participate or get personally involved in the realization of this supreme known goal of all times in the fields of science and art, for him the personal acquaintance with the higher states of consciousness and especially with intuition is an essential step.
[…]
Also we must take seriously Albert Einstein, when he notes by own experience and tells us:
„Intuition is everything.“
Albert Einstein
Ich verzichte auf das weitere Zitieren dieses Geschwurbels. Bezeichnend ist freilich, dass man mit einem Einstein-Zitat deutlich machen will, dass es sich hierbei um ganz schlaues Zeugs handelt – als ob alles, was ein intelligenter Mensch jemals von sich gegeben hat, pure Weisheit wäre. Sei’s drum: ich habe mir die tolle Webseite einmal angeschaut. Ich halte ja viel von Vielseitigkeit, auch wenn nach besagter Mail nicht wirklich viel zu erwarten war.
Wer klickt, kommt zu einem Studienprogramm. Ich dachte zunächst, man wolle mir irgendwelchen halbseidenen Mist andrehen, aber auch nach einigen Klicks fand ich nur eines: Text, Text und noch mehr Text, gewandet in einem etwas eigenwilligen Design, das massiv auf den Farbbereich blau-gelb-rot setzt, weswegen das alles irgendwie lila daherkommt. Das ist wiederum passend, denn genauso fühlt man sich beim Lesen auch.
Migräne geheilt per Musik-CD – für schlappe 19,90 €
Scharlatanerie gibt es freilich trotzdem, denn hinter dem ganzen Gedöns findet sich die von Hübner eigenhändig erfundene Musiktherapie, die es als CDs zu kaufen gibt. Die Musik soll z.B. gegen Migräne helfen. Der Preis von knapp 20 € pro CD ist zwar nicht ohne, aber gemessen daran, dass man zum gleichen Preis auch ein zwei Fläschchen Wasser oder ein paar Dutzend Zuckerkügelchen kaufen kann (a.k.a. homoöpathische Arzneimittel), die ähnlich wirkungsvoll sind, kann man beruhigt sagen: in der Welt des medizinischen Hokuspokus ist das ein sehr günstiger Preis.
Hängengeblieben bin ich eigentlich nur, weil von einer „German Cultural Foundation“ die Rede war, die das Ganze angeblich zusammen mit der „International Philharmony Foundation“, der „German Academy of Sciences“ und „German Academy of Sciences & Arts“ durchführt. Bei soviel German auf einem Haufen kann man sich schonmal fragen, ob das nicht alles ein bisschen rechtslastig ist.
Denn die Deutsche Kulturstiftung, wie sich die German Cultural Foundation auch mal nennt, ist auch politisch aktiv. Direkt angeschlossen ist nämlich „Die Goldene Partei Deutschlands“, die natürlich die wahre Vertreterin des Volkes ist. Es wird die antidemokratische Praxis in Deutschland angeprangert, aber irgendetwas Stichhaltiges wäre mir nicht aufgefallen.
Ich möchte nicht allzuviele Worte der Anteilnahme schreiben – das haben andere schon getan, und sie können das vermutlich auch viel besser.
Mir geht es mehr darum, etwas den schwedischen und auch skandinavischen Blickwinkel einzubringen. Ich denke, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass Norwegen für Schweden zwar Ausland ist, aber die Bindungen viel enger sind, als es dieser Begriff ausdrückt. Man kann es vielleicht mit dem Verhältnis zwischen Österreich und Deutschland beschreiben, aber auch der Vergleich hinkt ein bisschen. Die Norweger sprechen eine Sprache, die selbst für einen schwedischen Fremdsprachler wie mich recht gut verständlich ist. Eine jahrhundertelange gemeinsame Geschichte schafft ein Gefühl der Verbundenheit, und es ist nicht übertrieben, wenn Kommentatoren vom Brudervolk sprechen.
Es wirkt fast so, als sei es in Schweden gewesen. Auch Fredrik Reinfeldt wirkte angeschlagen, als er heute morgen vor die Presse trat. Mein ungeteilter Respekt gilt aber Jens Stoltenberg. Anstatt wie viele Politiker vor ihm auf Rache zu sinnen, hat er das einzig Richtige getan und gesagt, dass dies die norwegische Demokratie nur stärken wird. Dieser Mann ist eine Inspiration. Bei allem Terror, der der Welt in den letzten 10 Jahren widerfahren ist, hat es kaum einen gegeben, der nicht bereit war, die Ideale, die die Terroristen – von welcher Seite sie auch kamen – angreifen wollten, über Bord zu werfen. Er lässt den Terror nicht siegen, indem er ihnen einen Teilerfolg verschafft. In dem unaufhörlichen Trend der letzten Dekade, bürgerliche Freiheit zugunsten von vermeintlicher Sicherheit zu opfern, ist das bewundernswert. Ich hoffe, er bleibt dabei.
Interessanterweise schienen mir seine Aussagen auch einen kleinen Blick in die norwegische Seele zu geben. Er sagte wörtlich: „Wir sind ein kleines Land, aber ein stolzes Land.“ Das ist etwas, das ich mir aus dem Mund eines Schweden nicht so ganz vorstellen könnte. Die Schweden mit ihrer Historie als ehemalige Großmacht sind in der Welt bekannt und geschätzt, was ein sehr gesundes Selbstbewusstsein zu geben scheint. Die Norweger hingegen fühlen sich als kleinen Akteur am Rand, der eher bescheiden zur Seite tritt und anderen den Vortritt lässt. Aber wenn ihnen der Wind ins Gesicht bläst, fallen sie nicht um. Ich wünsche ihnen diese Stärke auch in der kommenden Zeit, die sicher nicht einfach werden wird.
Auch der norwegischen Polizei muss man ein Kompliment aussprechen, die trotz des gewaltigen Medieninteresses nicht zur Vorverurteilung des mutmaßlichen Täters übergegangen ist, sondern sich streng an die gesicherten Fakten hielt.
Die Rolle der Medien: nicht nur Licht
Jenseits dieser Lobeshymnen muss ich aber auch noch zu den dunklen Seiten dieser unfassbaren Tragödie kommen.
So kann ich leider ein bisschen Medienschelte nicht verkneifen. Während deutsche Newsportale noch munter verkündeten, Stoltenberg sei an einem unbekannten Ort, während er gerade vor der versammelten Weltpresse sprach, schaute ich TV2 Norge im Livestream, das dankenswerterweise in Zusammenarbeit mit der schwedischen Boulevardzeitung Aftonbladet zur Verfügung gestellt wurde. Zwar war die Berichterstattung insgesamt mehr als ordentlich, aber es gab auch einige betrübliche Tiefpunkte. Genauso wie Johannes B. Kerner vor 9 Jahren beim Amoklauf in Erfurt stellten sich die Fernsehreporter hin und interviewten schamlos Jugendliche, die das Massaker überlebt hatten. Damals wie heute ist es pietätslos und ohne Erkenntnisgewinn für die Öffentlichkeit, wenn traumatisierte Jugendliche vor eine Fernsehkamera gestellt werden. Auch Handykameravideos, die direkt nach der Bombenexplosion aufgenommen wurden, hätte man nicht zeigen müssen. Der britische Telegraph hat sich auch nicht gerade verdient gemacht, als er gestern Bilder von blutüberströmten Menschen zeigte. Dass auch seriöse schwedische Medien Bilder und den vollen Namen des mutmaßlichen Attentäters publizierten, muss man wohl hinnehmen – das ist man leider gewohnt.
Populismus und geistiges Brandstiftertum
Welche unfassbaren Dinge man auch in den Medien gesehen haben mag: noch weniger begreiflich sind die Motive des mutmaßlichen Täters. Es ist alles noch sehr vorläufig, aber das Bild, das sich abzeichnet, ist erschreckend.
Es ist kein Wunder, dass die „Islamkritiker“ von Politically Incorrect sich äußerst knapp halten und die Kommentatoren Gift und Galle versprühen, um allen anderen die Verantwortung für diese Morde anzulasten, nur nicht sich selbst. Es sieht nämlich so aus, dass Anders B. ein Produkt dieses geistigen Brandstiftertums ist, das Geert Wilders und zahlreiche rechtspopulistische Parteien in Europa seit längerem betreiben. Diese Menschen betreiben eine Ideologie des Hasses, die vermeintlich eine bürgerliche Gesellschaft verteidigt, aber in Wirklichkeit ihre fundamentalsten Prinzipien missachtet.
Mutmaßlicher Täter war Mitglied in der „Fortschrittspartei“
Nicht ganz zufällig war der mutmaßliche Attentäter bis 2004 Mitglied in der Fremskrittspartiet (Fortschrittspartei), die wie die Schwedendemokraten auch versuchen, sich einen bürgerlichen Anstrich zu geben. Die Parteivorsitzende Siv Jensen ist bemüht, ihre Solidarität mit dem sozialdemokratischen Jugendverband AUF auszudrücken. Sie sagt es mit „Heute sind wir alle AUF-ler“ – ein Ausdruck, der aber nicht von ihr erfunden wurde, sondern an vielen Stellen zu lesen ist.
Doch habe ich wenige Zweifel, dass der Nährboden für diesen Irrsinn in solchen rechtspopulistischen Parteien vorhanden ist. Noch schlimmer sind freilich Portale wie Politically Incorrect oder das jetzt im Rampenlicht stehende document.no, wo Hass auf den Islam und alle, die ihn nicht teilen, gepredigt wird. Document.no hat wenigstens den Mut, die Aussagen, die der mutmaßliche Täter auf ihrem Portal von Herbst 2009 bis Herbst 2010 getätigt hat, in voller Länge zu veröffentlichen. Ich habe weder Zeit noch Lust, das alles durchzulesen, aber schon ein paar Leseproben zeigen, wohin die Reise geht. Leider sieht man nicht, wie andere reagiert haben, aber man kann es sich denken.
Wer derartigen Hass versprüht, braucht sich nicht zu wundern, wenn irgendein Wahnsinniger die Vorstellungen zur Wirklichkeit werden lässt. Sie können nicht sagen, sie hätten das nicht gewollt.
Man kann nur hoffen, dass infolge dieser schreckliche Tat der Wahnsinn, der zu ihr beitrug, ein Ende haben wird.
Vor kurzem wurde mir bewusst: Ich werde nie in meinem Leben einen Space-Shuttle-Start sehen. Zwar hatte ich es nie zu meinem Lebensziel gemacht, solche Starts zu sehen, aber es ist doch ein gewisses wehmütiges Gefühl dabei. Es wird auf einige Zeit der letzte Start in Florida gewesen sein. Man braucht sich nichts vorzumachen: damit geht die vorerst letzte große Ära des Weltraumflugs zu Ende.
Seit fast 40 Jahren war man nicht mehr auf dem Mond, und das Shuttle war die wirklich letzte große Neuerung in diesem Bereich. Die Russen fliegen letzten Endes ja auch nur mit einem System, das sie seit den 1960er Jahren nur im Detail verbessert haben.
Nun wird das letzte Space Shuttle eingemottet, und man kann nur Danke sagen für dieses einzigartige Transportmittel und seine überragende Leistung.
Was danach kommt, weiß man nicht. Es fällt schwer, irgendwelche optimistischen Visionen einer Rückkehr zum Mond als realistisch zu erachten. Weltraumflug im 21. Jahrhundert wird so sein wie ein Paketdienst: man kommt zum Ziel, aber Postschiffe waren spannender.
Gute 6 Wochen nachdem ein Bus bei Slussen auf einen belebten Platz gerast ist und einige Menschen verletzt hat, ist der technische Bericht der Polizei erschienen. Das ist jetzt zwar auch schon drei Tage her, aber ich wollte es noch nachreichen.
Der Befund ist recht simpel: keine relevanten Sicherheitsmängel konnten an dem 15 Jahre alten Bus gefunden werden. Meine leise Vermutung, dass es nicht der zunächst vielgescholtene und mit seinen 15 Jahren vermeintlich viel zu alte Bus war, sondern leider die Busfahrerin, ist damit erheblich wahrscheinlicher geworden.
Leider deswegen, weil man natürlich niemandem wünscht, so einen Fehler zu machen – immerhin hätte mir auch ein Fehler mit tragischen Konsequenzen jederzeit passieren können. Wenn aber Lenkung und Bremsen versagt haben sollen, der Bus jedoch einwandfrei war, dann kann es eigentlich nur menschliches Versagen gewesen sein.
Vielleicht liegt es an meiner nachweislichen handwerklichen Unfähigkeit, aber unter all den Tätigkeiten, die die Heimwerkerei umfasst, ist das eigenhändige Schleifen mit Sandpapier eine derjenigen, die ich am wenigsten mag. Das habe ich nicht mit Jonas Västervik gemein, denn dieser macht sich mit Begeisterung und Hingabe an das Abschleifen einer Stelle an einem alten reparaturbedürftigen Boot. Er ist nicht der einzige unglaubwürdige Charakter des Films.
Ich konnte es einmal wieder nicht lassen und habe mir den Film „Inga Lindström – der Erbe von Granlunda“ nebenbei zu Gemüte geführt, denn meine ganze Aufmerksamkeit wollte ich diesem Machwerk nicht widmen. Dass ich von der Filmreihe nicht viel halte, ist kein Geheimnis. Wenn man aber in der Region wohnt, in dem diese ganzen Schmachtfetzen spielen, dann ist es schon einmal interessant, zu sehen, was denn nun wieder verbrochen wurde. Außerdem: zuletzt war ein beängstigender Aufwärtstrend in der Qualität zu beobachten.
Das war aber wie gesagt zuletzt – „Der Erbe von Granlunda“ stammt aber aus dem Jahr 2008 und wurde als Sommerlückenfüller gezeigt. Dementsprechend kriegt man die alte Leier präsentiert: Jonas ist Tochter von Karin Västervik, ihres Zeichen Tierärztin, anscheinend einer der häufigsten Berufe in diesen Filmen. Diese wiederum ist mit dem Gutsverwalter Paul Eding liiert, der von der Fernsehfilm-Allzweckwaffe Michael Greiling verkörpert wird. Die beiden wollen zusammenziehen. Er sieht nicht schlecht aus, aber irgendwie ist die Kombination für das junge Glück doch etwas seltsam, denn zwischen Simone Heher, die Karin spielt, und Greiling liegt ein Altersunterschied von 24 Jahren.
Die Geschichte an sich ist Makulatur: der Besitzer des Guts, das Eding verwaltet, ist Magnus Hansson. Er hat sich vor vielen Jahren mit seiner Tochter verkracht, und als er stirbt, ist deswegen der Enkel Tomas wenig gewillt, den Hof zu behalten. Dann verliebt er sich aber in Karin, der er „zufällig“ zuvor in Stockholm das Leben gerettet hat. Zudem ist er auch noch ein Mitglied der fremden Spezies „Städter“, der natürlich nicht naturkompatibel ist.
Mir scheint, dieser Plot ist mit leichten Abwandlungen in nahezu jedem Inga-Lindström-Film zum Einsatz gekommen. Immer gibt es irgendwelche persönlichen Zerwürfnisse und das Dilemma eines der Protagonisten, sich zwischen zwei Kopulationspartner entscheiden zu müssen. Immer gibt es gerade zu absurde Zufälle, bei denen sich die Hauptfiguren wiedersehen. Immer ist das idyllische erstrebenswerte Landleben dem hektischen Stadtleben entgegengesetzt.
Letzteres bedient freilich das Bullerbü-Syndrom meisterhaft. Unter den Tisch gekehrt wird freilich, dass es wohl in ganz Europa keine Großstadt geben dürfte, bei der Natur und Stadtleben so nahe beieinander liegen. Stockholm ist nun wahrlich kein Moloch. Solche Zurechtbiegungen sind allerdings auch nichts neues bei diesen Filmen. Man muss immerhin zugeben: der Erbe von Granlunda ist wenig zum Fremdschämen, was man in dem Kontext schonmal als Auszeichnung sehen kann.
Interessant und bemerkenswert finde ich eine andere Sache. Das ZDF ist ein Sender mit Werbung für Granufink und Treppenlifte. Das Publikum ist betagt und wohl auch dementsprechend konservativ. Da verwundert es umso mehr, dass vollkommen wertungsfrei und unbekümmert in den Fernsehfilmen des Senders – nicht nur bei den Lindström-Streifen, wie mir scheint – das Fremdgehen präsentiert wird. Sei es nun die Prinzessin auf der Erbse, die ihren verlobten Prinzen auf der nächstbesten Insel mit einem Landschaftsgärtner betrügt, der Millionär, der sich in die Mutter seiner eigentlich zukünftigen Frau verknallt, oder eben Karin, die sich im Eiltempo verführen lässt. Sinnigerweise ist Tomas sogar Produkt einer solchen Affäre, denn Paul ist sein Vater. Es ist schon merkwürdig, dass Beziehungen so geringen Wert zu haben scheinen, obwohl es in den Filmen um nichts anderes als um die große Liebe geht. Die Filme enden daher auch meist mit dem mehr oder weniger unkomplizierten Zerbrechen der einen Liaison und dem Beginn einer anderen.
Abgesehen davon, dass in dem Film immer gutes Wetter ist und sich deswegen alle ständig draußen aufhalten, gibt es aber noch eine andere Merkwürdigkeit: zahlreiche kleine Rollen wurden nachträglich synchronisiert. Es ist wohl davon auszugehen, dass es sich um Schweden handelt. Das ist eigentlich das Bitterste an diesem Pseudo-Schweden-Kitsch: die Landschaft wird gerne genommen, aber ein Schwede darf in diesen Filmen nichtmal seine eigene Stimme hören.
Ich habe es nicht erwähnt, weil allerorten zu finden: Onoff, eine der größten schwedischen Heimelektronikketten, ist in Konkurs gegangen. Der Grund ist der harte Preisdruck, der durch die anderen beiden großen im Markt, Elgiganten und Media Markt, entstanden ist.
Das hat mich etwas überrascht, denn Onoff war relativ günstig und hatte eine gute Auswahl, was man z.B. von Siba nicht behaupten kann. Media Markt ist freilich der Buhmann bei der Geschichte, denn erst sie mit ihrer dümmlichen Werbeoffensive haben den Markt umgekrempelt.
Überraschenderweise fühlen sie sich bemüßigt, sich zu rechtfertigen. Heute morgen war obige Anzeige in der Zeitung.
Vor kurzem hat Onoff mitgeteilt, dass man die Firma in Konkurs gehen lässt. Als ein wichtiger Grund wird die harte Konkurrenz in der Heimelektronikbranche angegenen, die erheblich härter geworden ist, seit Media Markt nach Schweden gekommen ist und die Preise […] nach unten gezwungen hat. Das Ergebnis ist, dass Schweden heute zu den billigsten Ländern in Europa im Einkauf von Heimelektronik gehört. Das ist zum Vorteil der Verbraucher […]. Wir bedauern jedoch, dass Onoff in Konkurs gehen musste und wollen helfen, die Folgen für Kunden und Angestellte so gering wie möglich zu halten.
Media Markt kann Ihnen mit Garantiefällen helfen. Auch wenn Sie bei Onoff gekauft haben.
[…] Wir bieten eine kostenlose Abwicklung von Garantiefällen durch unser Servicesystem an, so dass Sie den Hersteller nicht selbst aufsuchen müssen. […]
Wir wachsen rasend schnell. Vielleicht wollen Sie bei uns arbeiten?
Seit Media Markt im Jahr 2006 nach Schweden kam, sind wir in fünf Jahren von 0 auf 20 Filialen gewachsen. Bis Ende des Jahres werden wir 4 weitere Filialen in Schweden eröffnen. Wir werden natürlich fähige und nette Menschen […] brauchen. Arbeiten Sie heute bei Onoff und gefällt es Ihnen in dieser dynamischen Branche […], dann sollten Sie vielleicht von Sich hören lassen. Schicken Sie gerne Ihre Bewerbung über mediamarkt.se.
Gut zu wissen
Media Markt hat ein größeres Sortiment und etwas mehr Personal als in der Branche üblich […] Wir möchten den Kunden geben, was sie brauchen und wünschen, nicht was wir loswerden wollen. Ein überzeugter Kunde kommt wieder, ein überredeter Kunde tut das nicht.
Media Markt
Die Botschaft höre ich wohl, alleine fehlt mir ein bisschen der Glaube. Eine Firma, die agressives und den Intellekt beleidigendes Marketing zu ihrer Unternehmensphilosophie gemacht hat, kann sich nachher nicht als Unschuldslamm hinstellen. Eine internationale Kette wie Media Markt kann in einem Land jahrelang ohne Risiko für das Gesamtunternehmen an der Dumping-Grenze wirtschaften. Es ging von Anfang an darum, mit möglichst viel Krawall die Leute anzulocken und sich einen fetten Marktanteil abzugreifen, bis die kleineren Marktteilnehmer die Segel streichen und nur noch ein Oligopol übrig ist.
Man kann einem Löwen nicht vorhalten, dass er Zebras frisst. Aber deswegen muss man ihm noch lange abkaufen, dass das alles ein Versehen ist und er alle lieb hat.
Ich habe von Anfang an von WLAN nicht allzuviel gehalten. Klar, tolle Idee, aber ein Kabel ist nun einmal ein Kabel. Was ich aber in den letzten Wochen mit dieser Technologie erlebe, macht mich doch konsterniert.
Da verbringe ich eine Woche im Ausland und habe nahezu überall einwandfreies Internet. Nirgends sehe ich irgendwelche Access-Points herumhängen, aber trotz scheinbar mittelprächtiger Signalstärken flutschen die Daten schnell und über Stunden – um nicht zu sagen Tagen – zuverlässig durchs Netz.
Das knallharte Kontrastprogramm dazu ist, was sich in den eigenen vier Wänden abspielt. Seit wir vor gut 2 Jahren zu Bredbandsbolaget gewechselt haben, steht der Router sehr ungünstig für die kabelige Anbindung der heimischen Computer. Nach einem gescheiterten Versuch mit Powerline-Adaptern aktivierte ich einen alten Access-Point als Brücke zwischen Kabelnetzwerk und Internet. Problem gelöst – außer sporadischen Aussetzern, die den Neustart aller Komponenten erforderten, lief das einwandfrei.
Aber die Lösung wurde nach und nach immer unzuverlässiger. Ich vermochte nicht verorten, ob es an Router oder Access-Point lag. Die scheinbare Lösung: Bredbandsbolaget kündigen und zu Comhem zurück. Dann steht der Router praktischer und alles ist gut.
Leider war aber der Kundenservice von Bredbandsbolaget so unglaublich gut – ganz ohne Ironie. Endlich mal ein Laden, wo man nicht erst 10 Minuten lang erklären muss, dass man etwas von der Materie versteht. Auch das Angebot, das man uns machte, konnte sich sehen lassen: Wir bekamen 50 kr/Monat Rabatt für 12 Monate Verlängerung – und einen neuen Router gleich obendrauf, der Wireless N kann und somit bei 150 MBit/s laufen könnte.
Aber erst einmal ließ ich alles beim alten. Bis die Probleme wiederkamen und dieses Mal der Access-Point im Verdacht stand.
Daher eine neue Lösung: weg mit dem Kabelgedöns und stattdessen zwei WLAN-Sticks von D-Link für die Rechner, was die ganze Angelegenheit beschleunigen sollte. Die kosteten auch ein paar Kröten, aber so fühlt sich eben Zukunft an. Leider war das ebenso ein Wunschtraum. Der Empfang war auf 10 Meter Abstand – mit Wänden dazwischen – bestenfalls mittelprächtig. Ein vollwertiger Kabelersatz war das nicht.
Also kaufte ich einen neuen Access-Point (einen Level One WAP-6002) mit Wireless N für eine neue Brücke. Auch das schien erstmal ganz gut zu gehen. Aber einer der beiden Rechner hat oft Probleme, und so richtig stabil ist die Angelegenheit auch nicht. Es scheint, der Access-Point ist mit zwei Rechnern überfordert.
Seither probiere ich wild herum: den Access-Point für besseren Empfang als Repeater einzusetzen; den Access-Point direkt am Router anbringen, um dessen offenkundig mäßiges WLAN-Teil zu ersetzen. Alles brachte nichts. Letzten Endes bin ich dabei gelandet, die WLAN-Brücke zu belassen und auf der Kabelseite einen Router davor zu hängen, so dass die Brücke nur einen einzigen Client versorgen muss. Den Access-Point habe ich zudem mit einer größeren Antenne ausgestattet.
Bislang funktioniert das äußerst gut. Ich frage mich allerdings, ob zwei NAT-Übergänge zum Internet nicht eine ziemlich bescheuerte Idee sind. Das werden wir sehen. Dass WLAN mir im Jahr 2011 nochmal solchen Stress machen würde, hätte ich jedenfalls nicht gedacht.
Es ist nicht mehr unbedingt nötig, sich noch weiter über die gestrige Niederlage auszulassen. Natürlich war ich auch etwas geknickt. Bis zum Halbfinale hätte es schon weitergehen können und sollen.
Man muss das Positive sehen – Fußball ist aus zwei Gründen ein interessanter Sport. Zum Ersten, weil wenige Tore fallen und damit ein einziges Tor den Spielverlauf komplett umwerfen kann. Lange Zeit war es im Frauenfußball aber so, dass Spiele erdrutschartig in wenigen Minuten gewonnen wurden. Das ist vorbei. Zum Zweiten ist es wichtig, dass Spiele unerwartet ausgehen können. Das ist bei den Männern so, wenn Griechenland Europameister wird und Frankreich in der Vorrunde sieg- und torlos ausscheidet. Das ist bei den Frauen nun auch so. Frauenfußball ist eben normaler Fußball geworden. Gut so.
Ich kann immerhin noch auf mein zweites Pferd umsatteln: Schweden. Die sind nämlich auch unerwartet, aber unerwartet gut. Vielleicht schaffen die es ja, die Japanerinnen zu besiegen.
Die Überschrift ist übrigens die weibliche Variation eines geflügelten Wortes im schwedischen Fußball – vielleicht vergleichbar mit „Aus, aus, das Spiel ist aus“. Es geht auf den unerwarteten Sieg Japans über Schweden bei den Olympischen Spielen 1936 zurück, bei dem der Radioreporter Sven Jerring den verzweifelten Ausruf: