Schon mit lädierter Startnummer, aber noch einigermaßen fröhlich bei Kilometer 12. Danke an Stefan, der die Fotos gemacht hat (und bei dem auch das Copyright liegt)
Das Wetter wurde nicht deutlich besser – im Gegenteil. Ich hatte mich schon mit Mülltüte darauf vorbereitet, dass zumindest meine abgegebenen Sachen nach dem Lauf noch trocken sind. Stefan war so nett, den Schirm mitzunehmen, so dass wir uns noch bis zum Start etwas vor dem Regen schützen konnten. Wir, das waren Andreas, Marcus und ich.
Mein Rücken war schon halb durchnässt, als ich in meine Startgruppe ging. Ärgerlich war etwas, dass man die Absperrung zwischen den Startgruppen nicht geregelt hatte. So rannten alle nach vorne, sobald es vorne leer war. Ich merkte nicht sofort, dass ich nur noch von den Leuten der Startgruppe hinter mir umgeben war, und als ich mich zum Start begab, stand ich dann natürlich ganz hinten.
Nach meinen sehr schlechten Halbmarathons in den letzten beiden Jahren hatte ich mir drei Ziele gesetzt:
- Eine Zeit unter 2:13:48 Stunden, denn das war meine Zeit beim Baden-Marathon vor 4 Jahren, und sie war bis zu diesem Lauf auch meine zweitbeste. Da ich damals mäßig trainiert und ähnlich schwer war wie im Moment, wollte ich keinesfalls schlechter laufen. Natürlich muss man immer bedenken, dass die Strecke des Baden-Marathons fast durchgehend flach ist, was man vom Stockholm Halvmarathon nicht behaupten kann. Aber das durfte bei diesem Primärziel keine Rolle spielen.
- Eine Zeit unter 2:06:30 Stunden. Ich versuche, in meinen Laufen immer einen Schnitt von 6 Minuten pro Kilometer zu unterbieten. Diese Zeit entspricht genau diesem Schnitt.
- Eine Zeit unter 2 Stunden. Das war natürlich sehr ambitioniert, aber sollte ich in der Lage sein, konstant unter 6 Minuten pro Kilometer zu bleiben, so dürfte dies ausreichen, um ausreichend Vorsprung herauszulaufen.
Dass ich ankommen würde, stellte ich definitiv nicht in Frage, denn solange mich keine ernsthaften gesundheitlichen Probleme plagen, habe ich noch jeden Halbmarathon beendet.
Der Regen machte weniger aus als gedacht. Ich hatte erwartet, dass ich nach einem Kilometer so nass sein würde, dass ich schon alleine deswegen schneller rennen, um das Elend so schnell wie möglich zu beenden. Frieren musste ich jedoch nicht.
Nervig hingegen war etwas, dass in meiner Gruppe – die vierte, die losgelaufen war – vorwiegend Leute waren, die mir sehr langsam vorkamen. Da ich hinten gestartet war, musste ich mir so meinen Platz erkämpfen und an engen Stellen sogar mehrmals komplett abbremsen. Hinzu kam, dass irgendwann die fünfte Startgruppe, die 5 Minuten später gestartet war, von hinten kam, denn die Fächerung in diesen Gruppen ist sehr groß. Sehr gute Läufer landen bei ihrem ersten Halbmarathon oft in einer schlechten Startgruppe und rollen das Feld dann von hinten auf. So holte mich auch Marcus, der auch in der fünften Startgruppe, nach rund 6 Kilometern ein. Er war beim Midnattsloppet 6 Minuten schneller als ich und lief dementsprechend gerade in der frühen Phase des Rennens gute Zeiten.
Ich konnte auf die gewünschten 2:06:30 auch etwas Vorsprung herauslaufen. In der ersten Hälfte lag ich rund 80 Sekunden voraus. Laut offiziellem Ergebnis hatte ich auf den ersten 5 Kilometern einen Schnitt von 5:44 Minuten pro Kilometer. Allerdings hatte ich, wenn man das so nennen kann, auch eine Strategie: nämlich nicht zu vergessen, dass der Lauf doppelt so lange ist wie der Midnattsloppet. So verausgabte ich mich nicht zu sehr, um am Ende noch Reserven zu haben.
Dass ich selten mehr als 10 km laufe, machte sich aber trotzdem bald bemerkbar. Auf der Strecke 5 bis 10 km sank mein Schnitt auf 6:01 Minuten, und ab Kilometer 12 merkte ich, dass meine Beine schwer wurden. Zu dem Zeitpunkt war mir klar, dass das Unter-2-Stunden-Wunder nicht mehr zu machen war.
Besonders Ärger bereitete mir auch meine Startnummer. Eines der vier Löcher für die Sicherheitsnadeln riss aus, und wenn das einmal passiert ist, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich der Rest löste. Also riss ich die Nummer hab und hielt sie in der Hand. Leider ließ ich sie dabei auch zweimal fallen, wodurch ich kurz stehenbleiben musste.
Meine persönlichen Supporter standen zwar bei Kilometer 12, aber gegen die Macht übersäuerter Muskeln kommt auch solche Unterstützung bald nicht mehr an. Ab Kilometer 16 merkte ich, dass nicht mehr viel drin war. Wenig angenehm war auch, dass ich ausgiebig zu Mittag gegessen hatte – ich bin etwas empfindlich in dieser Hinsicht, und noch über 4 Stunden später merkte ich das Essen im Magen.
Auf dem Weg zu Kilometer 20 schon ziemlich angespannt – die Startnummer mittlerweile in meiner Hand. (Bild ebenfalls von Stefan)
Meine Zeiten zeugen davon – auf dem letzten Kilometer hatte ich nur noch einen Schnitt von 6:36 Minuten pro Kilometer.
Marcus kam mit 1:53:23 ins Ziel und unterbot damit auch meine Halbmarathonbestzeit knapp. Auch er hatte gegen Ende schwächere Zeiten, aber da er so stark gestartet war, konnte da nichts mehr schief gehen.
Hart war es aber für Andreas. Er lief zwar eine Zeit von 1:44:18 und verbesserte sich erneut, hatte aber schwere Magenprobleme und musste zweimal die Dixi-Klos am Streckenrand aufsuchen. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich wohl abgebrochen.
Meine Endzeit: 2:09:57 – auf den letzten Metern hatte ich noch einen kleinen Sprint am Rande des Krampfes hingelegt, um noch unter 2:10 zu bleiben.
Meine Zeit war damit schlechter als gehofft, aber noch im Rahmen. Angesichts der Fortschritte der letzten Monate kann ich eigentlich zufrieden sein, denn ich habe mit 14 kg Übergewicht und erheblich schwereren Bedingungen den ersten Halbmarathon seit drei Jahren gemacht, bei dem ich durchlaufen konnte.
Das gibt Ansporn zu weiteren Leistungen. Neben einem weiteren Versuch beim Åland-Halbmarathon beabsichtige ich, mich in den kommenden Tagen beim Stockholm Marathon anzumelden. Im Frühjahr werde ich vielleicht sogar noch ein Los für den New York City Marathon in den Lostopf werfen.