Genießer fahren…

…Fahrrad. In den letzten Tagen hat die Fahrradkette Cykelringen eine etwas merkwürdige Werbeaktion betrieben. In ganzseitigen Werbeanzeigen in der Dagens Nyheter, sicherlich nicht gerade der billigste Platz für so etwas, warben sie für ihr „Nattöppet“, „nachtoffen“. Sie hatten in den letzten Tagen immer bis Mitternacht auf, und nur in dieser Zeit gab es alle Fahrräder des Jahrgangs 2008 oder älter um mindestens 50% reduziert.

Ich hatte mein letztes neues Fahrrad bekommen, als ich 13 war. Seither fahre ich fast durchgehend mit Fahrrädern, die nur ein ziemlich dummer Fahrraddieb klauen würde. Mein bisheriges, das ich bei einem Verkauf von zurückgelassenen Rädern erworben hatte, ist vollkommen verrostet und hat vorne einen Achter, der eigentlich eher ein 32er ist, denn die Felge schlägt unvermeidlich gegen die Bremsklötze, was das Fahren etwas anstrengend macht. Zu guter Letzt war auch noch das Ventil vorne kaputt.

Also habe ich mich dafür gewinnen lassen, bei diesem Sonderangebot zuzuschlagen. Bis wir erst einmal einen Eingang des Einkaufszentrums gefunden hatten, der um diese Zeit noch auf war, dauerte es ein bisschen. Die eventuell zu erwartende Menschenmenge war auch nicht dort. Ehrlich gesagt frage ich mich, wie man unter diesen Umständen Gewinn machen kann. Viel Personal, das man auch noch für die unbequemen Arbeitszeiten zusätzlich entlohnen muss, und wenig Umsatz.

Die Wahl fiel jedenfalls auf das REX Trekking Sport 27. Gott sei Dank musste ich es nicht selbst zusammenbauen – lediglich die Gangschaltung musste noch etwas justiert werden. Dafür durfte ich mich über das sündhaft teure Bügelschloss ärgern, bei dem eine Halterung zwar beiliegt, diese aber derart dämlich gestaltet ist, dass man sie nicht so anbringen kann, ohne dass das Schloss beim Fahren stört.

So bin ich gestern die rund 11 km zur Uni hin- und zurück gefahren – und heute auch. Gepaart mit 7 km Laufen ein passables Training für den Halbmarathon am Samstag. Das wird allerdings nicht immer so bleiben, weil das Herbstwetter da ist. Zudem ist die Wettervorhersage von Dagens Nyheter derart unzuverlässig, dass man sich einen Blick darauf eigentlich gleich schenken kann.

Die Frage ist nur, was ich mit dem alten Fahrrad mache. Ein nachgekauftes Ventil passt nicht genau, weil es da eine Einkerbung gibt, aus der die Luft entweicht. Schlauchwechsel würde helfen, aber das erscheint mir als Fehlinvestition. So werde ich wohl versuchen, es im jetzigen Zustand zu verkaufen – so für 5 €. Interessenten von hier können es auch gerne geschenkt haben – ein Schloss und das Licht ist natürlich dabei.

Kräftskiva light

Das Wochenende nach meiner ersten „Arbeitswoche“. Ich bin zwar noch kein Doktorand, aber habe beschlossen, kündtig zu den normalen Bürozeiten in mein künftiges Büro zu fahren, um dort durch Anwesenheit zu glänzen und hoffentlich etwas effektiver zu studieren als hier. Der Output in dieser Woche war zwar dünn, aber immerhin habe ich es geschafft, das Protokoll für unseren Labortrip im letzten November fertig zu machen. Über Details lasse ich mich lieber nicht aus – die Nachbereitung dieses Praktikums war u.a. davon geprägt, dass einer meiner pakistanischen Mitstreiter spurlos verschwunden ist.

Gestern also ein freier Tag, den ich dazu nutzen wollte, vor dem Halbmarathon nächste Woche einen Testlauf über rund 15 km zu versuchen. Andreas war auch mit dabei, und obwohl ich zum Ende hin schon ziemlich fertig war, ging es die ersten 12 bis 13 km ziemlich gut. Nach 15,2 km war dann aber auch genug. Erfahrungsgemäß ist das aber ein gutes Zeichen. Wenn ich 15 km im Training schaffe, dürften 21 km beim Wettkampf auch kein Problem sein.

Andreas lud mich spontan zum Krebsessen ein, und nachdem ich zuerst wegen des Radios abgesagt hatte, konnte ich doch noch kommen.
Hier in Schweden zelebriert man die Krebssaison im frühen Herbst in einer sogenannten Kräftskiva. Das funktioniert grob so, dass sich mindestens ein Dutzend Leute um einen Tisch versammeln und allerlei Dinge verzehren – wichtig ist vor allem, dass Kräftor (Krebse) und Snaps (Schnaps) dabei sind.
Meine Kräftskiva fiel deutlcih kleiner aus: wir waren nur zu zweit, und da das Vorderrad an meinem Fahrrad ein kaputtes Ventil hatte, war das dann mit dem Schnaps auch vorbei. Lecker war es trotzdem.

Heute abend werde ich dann beim Nachtverkauf einer Fahrradladenkette mal nach einem neuen Fahrrad stöbern, denn mein Zweirad ist mittlerweile nur noch eine Zumutung.

Auswandererguide Update: Keine Personalausweise mehr beim Kassaservice

Seit der letzten Ausgabe des Auswandererguides sind mehrere nicht unwesentlich Aktualisierungen dazu gekommen.

Konkret geht es um Teil IX, in dem ich beschreibe, wie man einen in Schweden anerkannten Ausweis erwerben kann. Dieser ist im Gegensatz zu Deutschland kein Reisedokument, sondern dient im täglichen Leben beispielsweise bei Kartenzahlung und Arztbesuchen zur Feststellung der Identität. Da dies üblich ist in Schweden, und deutsche Pässe oder Personalausweise oft nicht anerkannt werden, ist der Ausweis auch für Nicht-Schweden von großer Nützlichkeit.

So einen zu bekommen, ist aber erheblich schwieriger geworden, seit der Svensk Kassaservice, eine Serviceeinrichtung der schwedischen Post, die Anforderungen für den Erhalt eines Ausweises erheblich verschärft hat. Seit Anfang 2007 ist daher der Erwerb eines Ausweises auf diesem Wege versperrt.

Da der Svensk Kassaservice ohnehin Ende 2008 abgeschafft wird, war auch keine Besserung von dieser Seite zu erwarten. Seit dem 1. Mai 2008 ist es aber endgültig, denn seither nimmt der Kassaservice keine Anträge für Personalausweise mehr an. Diese Möglichkeit fällt also komplett weg.

Damit bleibt also noch der Führerscheinumtausch und die Hoffnung, bei Banken einen Ausweis zu erhalten. Der Vorschlag einer Regierungskommission, die Polizei mit der Ausstellung zu beauftragen, hat anscheinend zu keinen weiteren Schritten geführt.

Angie in Stockholm

Ich bereue es gerade ein bisschen, mich nicht unter fadenscheinigen Vorwänden unter die Presse bei Angela Merkels Staatsbesuch in Schweden gemischt zu haben. Bei der Pressekonferenz war der Raum halbleer.
Allerdings gab es außer der Anwesenheit der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten auch wenig zu erleben. Die Teile der Pressekonferenz, die ich gehört habe, bestanden fast nur aus Fragen zu Georgien, die mit den üblichen Worthülsen beantwortet wurden, die man in den letzten zwei Wochen zur Genüge hören konnte. Tenor ist, dass Russland sich aus Georgien zurückziehen soll, was für sich genommen ja auch nichts Neues ist. Immerhin wurde die Ostseepipeline, die für Schweden natürlich ein schwieriges Thema ist, kurz erwähnt.

Ansonsten ist wohl alles in Butter. Reinfeldt hat früher schon gesagt, sie sei eine „warme Persönlichkeit“, und dass die „persönliche Chemie“ stimme. Ob die beiden per du sind, ist unbekannt, zumal sie sich auf englisch unterhalten. Das können die beiden dann heute abend beim „Arbeitsabendessen“ in Harpsund
weiter erörtern.

Åland-Nachschlag

Wer es noch nicht kennt, hier die Kurzfassung:

Åland ist eine Inselgruppe, die zu Finnland gehört, aber auf der man schwedisch spricht. Daher haben sie einen sehr speziellen Autonomiestatus. Dieser gibt ihnen auch innerhalb der EU ein besonderes Recht: auf Fahrten von und nach Åland ist der steuerfreie Verkauf von Alkohol und Tabak erlaubt.
Das nutzen die Schweden gerne aus, da der Alkohol hierzulande steuerbedingt sehr teuer ist.
Daher gibt es Rundfahrten („Kryssning“), die alleine dem Verkauf und Verzehr von Alkohol dienen. Diese fahren abends um 18 Uhr in Stockholm los, legen morgens um 7 Uhr in der åländischen Hauptstadt Mariehamn an, fahren um 9 Uhr wieder ab, um dann um 15:30 Uhr wieder zurück in Stockhom zu sein. Von Bord geht da in Åland kaum jemand, und so ist der Weg das Ziel.
Der Alkohol an Bord ist nicht wirklich billig, aber eben deutlich billiger als in Schweden, was je nach anwesendem Publikum zu Exzessen führt.
Wir durften auch dieses Mal eingeschlafene und umgefallene Betrunkene betrachten. Da tun sich schon menschliche Abgründe auf, denn selbst Rentner geben sich an Bord die Kante. Am Morgen danach kann man dann die furchtlosesten sehen, die noch einmal nachtanken. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass solche Fahrten für Leute mit Alkoholproblem eine regelmäßige Freizeitbeschäftigung sind.

Leider gab es an Bord keinerlei besonderes Programm, so dass es in der Hinsich unspektakulär blieb. Lediglich ein peinlicher Entertainer namens Tony Irving führte am Morgen mit englischem Akzent durch einen nicht minder peinlichenTanzwettbewerb.

Hier ein paar Fotos: