New York, New York, USA (2): Der New York Pass und die Attraktionen

Da eine Preiserhöhung anstand, kauften wir schon vorab im Netz den New York City Pass und holten ihn dann am Times Square ab. Der kostete zu dem Zeitpunkt 175 Dollar für die 7-Tages-Version. Mittlerweile liegt er bei 200 Dollar, wobei es jedoch ab und zu auch Sparangebote gibt (im Moment z.B. nur 170 Dollar). Es gibt natürlich auch kleinere Versionen für einen, zwei oder drei Tage.

Mit dem Pass gilt an sieben Kalendertagen ab der ersten Benutzung. Man hat Eintritt zu ein paar Dutzend Attraktionen, darunter praktisch alle wichtigen. Die Frage ist aber: lohnt es sich? Die Antwort ist ein klares Jein.

Wir rechneten die Eintrittspreise mit und kamen am Schluss nur auf 170 Dollar, wobei aber eventuelle Studentenrabatte nicht eingerechnet sind. Wir haben allerdings durch Thanksgiving und einen anderweitig verplanten Tag viele Möglichkeiten verpasst, den Pass einzusetzen. Draufgelegt haben wir aber nur vermeintlich, denn bei einigen Attraktionen gibt es eine separate Kasse für den Pass, was die Wartezeiten erheblich verkürzt. Das lohnt sich also schon einmal. Auf der anderen Seite sei aber auch gesagt, dass wir einige Attraktionen besuchten, die wir ansonsten nicht besucht hätten. Ich würde den Pass jedenfalls jederzeit wieder kaufen.

Die Attraktionen, die wir besucht haben (inkl. diejenigen, die nicht im Pass enthalten sind):

  • Das Museum of Modern Art (MoMA) hatte ich 2004 leider auslassen müssen, weil das Museum umgebaut wurde und erst einige Wochen später wiedereröffnet wurde. Für Kunstinteressierte lohnt es sich, für den Rest vielleicht auch wegen der reichlich vorhandenen Werke von großen Meistern. Mit dem New York City Pass konnte man direkt zum Informationsschalter gehen und die Eintrittskarten abholen. Das erleichterte den stressigen Auftakt in der überfüllten Eingangshalle etwas.
  • Das Guggenheim-Museum ist eigentlich ebenso ein Muss, schon wegen seiner ungewöhnlichen Architektur. Zu sehen gab es eine Ausstellung des gerne provozierenden Künstlers Maurizio Cattelan. Die Aufhängung der Ausstellungsstücke in der Mitte der Spirale war spaßig (siehe Fotos im ersten Teil). Mit dem New York City Pass kommt man auch hier schneller an Karten.
  • Madame Tussauds war eher eine spontane Idee, weil es stark regnete. Ich fand das Original in London schwer enttäuschend für den gesalzenen Preis. Daher hätte ich den Ableger in New York sicherlich nicht besucht und auch weniger Spaß daran gehabt, wenn es nicht schon in dem Pass mit drin gewesen wäre. 36 Dollar Eintritt sind jedenfalls nicht gerade wenig. Die Ausstellung erschien mir größer als in London, aber der dortige Besuch ist auch schon acht Jahre her.
  • Die dreistündige Rundfahrt der Circle Line Cruise, die ich schon erwähnt habe, war auch im Pass enthalten.
  • Das Empire State Building hatte ich schon erwähnt. Wir blickten bei Nacht auf die Stadt, was zwar schön ist und die richtige Stimmung erzeugt, aber auch viele Details der Aussicht im Verborgenen lässt. Im Pass war nur die Plattform im 86. Stock enthalten. Die kleinere Plattform im 102. Stock kostete extra, und wir zahlten dafür. Allerdings hat man nicht viel verpasst, denn dort oben hat man keine wirklich bessere Aussicht.
  • Die Aussichtsplattform des Rockefeller Centers, genannt Top of the Rock besuchten wir am Tag darauf bei schönstem Wetter. Ich kann es nur wärmstens empfehlen. Die Aussicht u.a. auf den Central Park ist toll, und man hat auch keine Gitter im Blickfeld, höchstens Glasscheiben. Zudem ist das Empire State Building nun einmal das markanteste Gebäude der Skyline, und man sieht es natürlich nicht, wenn man auf ihm steht. Die Karten werden mit festen Zeitangaben verkauft, was ein echter Vorteil ist, weil man so nicht ewig herumsteht. Insofern ist es wärmstens zu empfehlen. Nebenbei kann man im Winter beim Besuch auch gleich noch die berühmte Eislauffläche sehen (und benutzen), wenn man dies möchte.
  • Das American Museum of Natural History war zunächst ein mächtiges Ärgernis für uns. Es hat einen Eingang direkt von der U-Bahn. Dort ging die Schlange ewig nicht voran, weil die Angestellten alles andere zu tun hatten als Karten zu verkaufen. Als wir endlich an der Reihe waren, erfuhren wir, dass man mit New York City Pass zum Haupteingang muss. Daher: mit dem NYC Pass unbedingt zum Haupteingang gehen. Am Tag vor Thanksgiving war auch dieser geschlossen, wohl wegen der Thanksgiving Day Parade, die direkt vor dem Museum beginnt. Durch viele Schulklassen war der einzige verbliebene Eingang so stark überfüllt, dass wir entnervt aufgaben. Von einem Besuch direkt vor Thanksgiving ist also dringend abzuraten. Ein paar Tage später war es erheblich ruhiger. Das Planetarium und das IMAX-Kino buchten wir extra. Letzteres würde ich nicht empfehlen, da es sich nur um einen normalen Kinosaal handelt, bei dem eine größere Leinwand eingebaut wurde, wodurch das IMAX-Format nicht richtig zur Geltung kommt. Ansonsten freilich ein tolles Museum, für das wir viel zu wenig Zeit hatten.
  • Natürlich wollten wir uns auch ein Broadway-Musical ansehen. Ein teurer Spaß, aber natürlich einen Besuch wert. Wir schauten uns Wicked an, das schon seit einigen Jahren erfolgreich im Gershwin Theater läuft. Mir hat es Spaß gemacht, aber ich würde es nur denen uneingeschränkt empfehlen, die auch den Film „Der Zauberer von Oz“ sehr genau kennen. In den USA ist dieser Film fast schon Folklore und dies automatisch gegeben. Als Europäer mit nur flüchtiger Kenntnis der Materie konnte ich einige Anspielungen verstehen, aber sicherlich sind mir viele entgangen.
  • Obwohl man die Freiheitsstatue auch von der Staten Island Ferry gut sehen kann, wollten wir doch direkt zu ihr hinfahren und in dem Rahmen auch die ehemalige Einwandereraufnahmestelle Ellis Island, das heute ein Museum ist, besuchen. Leider ist die Statue wie auch bei meinem letzten Besuch geschlossen, derzeit wegen längerer Sanierungsmaßnahmen. Wir machten eine Führung eines Park Rangers mit, der uns etwas über die Geschichte der Statue erzählte. Für Ellis Island hatten wir leider nicht mehr so viel Zeit. Man kann an beiden Attraktionen durchaus einen ganzen Tag verbringen. Übrigens: hat man den New York City Pass, muss man sich die Tickets für das Boot im Buchladen im Castle Clinton abholen. Auf die Art kann man langes unnötiges Warten vor den Schaltern umgehen – sofern man das weiß.
  • Am gleichen Tag besuchten wir auch das neue 9/11 Memorial. Man braucht auch hierfür Tickets. Sie kosten zwar nichts, aber die Besucheranzahl ist begrenzt. Man kann sie online bestellen und ausdrucken. Da schon Wochen vorher die Thanksgiving-Woche ausgebucht war, würde ich auch dazu raten. Die Gedenkstätte ist angemessen, denke ich, soweit man dies überhaupt erreichen kann. Wenn man New York vor 2001 nie besucht hat, hat man natürlich keine richtige Vorstellung davon, wie groß diese Türme waren. Die Pools mit den 2983 Namen können nur einen vagen Eindruck des unglaublichen Verlustes geben. Beeindruckt hat mich auch die Verwandlung des Platzes. Als ich 2004 dort war, gab es nur ein großes Loch an der Stelle, wo jetzt die Gedenkstätte ist und der neue Turm One World Trade Center entsteht – über die Würde des letzteren Projekts kann man geteilter Ansicht sein. Im September 2012 wird auch das direkt angeschlossene 9/11-Museum öffnen, um die Terroranschläge auch anderweitig zu dokumentieren.
  • Die menschliche Dimension dieser Tragödie wird einem aber viel mehr bewusst in St. Paul’s Chapel, einer Kirche, die schon von George Washington am Tag seiner Amtseinführung besucht wurde. Sie blieb wie durch ein Wunder vom Einsturz der Türme praktisch unbeschädigt und wurde in den Folgemonaten zur Ruhezone für die an den Rettungs- und Räumungsarbeiten beteiligten Leute. Die Ausstellung dort bringt das Besuchern nahe, auch durch die zahlreichen Sympathiebekundungen aus aller Welt, die dort ausgestellt sind. Ich war schon 2004 einmal dort, und die Ausstellung ist immer noch ein wichtiger Bestandteil der Kirche. Allerdings hat man mittlerweile die alten Kirchenbänke in der Mitte entfernt, um Besuchern und Kirchgängern zugleich gerecht zu werden. Ich empfehle den Besuch dieser Gedenkstätte. Der Eintritt ist frei.
  • Gleich nebenan geht es auf andere Art ernst zu. Leider wurden ja die Camps von „Occupy Wall Street“ kurz vor unserem Besuch zwangsweise geräumt – ich hätte mir gerne das bunte Treiben im Zuccotti Park angesehen. Stattdessen ist der Platz jetzt von Polizeiabsperrungen und Sicherheitskräften umgeben. Zwar kann man den Platz noch betreten, aber ich nehme an, dass er jeden Abend geräumt wird.
  • Trotz der derzeit stattfindenden Sanierung ist das Hauptquartier der Vereinten Nationen weiterhin für Besucher geöffnet. Es kostet an sich keinen Eintritt, aber ohne Führung wird man nicht mehr als das Foyer mit einer Ausstellung sowie das Untergeschoss mit einigen Souvenirläden begutachten können. Wichtiger Hinweis: es gibt eine Sicherheitskontrolle wie am Flughafen am Eingang, und Getränke müssen vorher weggeworfen werden. Zudem muss man größere Taschen abgeben. Die Tickets für richtige Führungen und Audiotouren kann man direkt im Internet erwerben, was auch die Terminplanung erleichtert. Die Tickets sind nicht gerade geschenkt und auch nicht im New York City Pass enthalten. Vielleicht liegt es daran, dass ich ein Politiknerd bin, aber für mich ist es trotzdem eines der Highlights von New York. Wenn man durch das Gebäude geht, kommt es einem fast wie selbstverständlich vor, dass es eine Organisation gibt, an der alle Länder der Welt zusammenkommen. Die Diplomatenwelt wirkt plötzlich sehr real, spätestens wenn man den Saal der Hauptversammlung tritt, die jeder aus dem Fernsehen kennt. Ich kann nur empfehlen, diese Tour mitzumachen, sobald man kann, denn die erwähnte Sanierung ist nicht etwa regulär, sondern wurde durch politische Schwierigkeiten jahrelang verzögert Das Gebäude sieht daher innen praktisch noch genauso aus wie 1952 beim Einzug. So manches ist verschlissen, aber es hat auch Charme. Nach der Sanierung wird vieles sicher nicht mehr wie vorher sein, inklusive der bekannten Säle. Leider gibt es keine Garantie, dass man die Säle auch sehen kann – in den Saal des Weltsicherheitsrates durften wir z.B. nicht hinein, weil dort gerade getagt wurde. Für Postkartenschreiber gibt es auch noch etwas besonderes: das Gelände ist völkerrechtlich kein Teil der Vereinigten Staaten, weswegen das Hauptquartier einen eigenen Postdienst hat, der damit zu den exklusivsten der Welt gehören dürfte. Man kann sich sogar Briefmarken mit dem eigenen Bild drucken lassen.

Ein paar kleinere Attraktionen finden sich in den Bildergalerien zu dieser Serie – in der nächsten Folge ist darunter ein Bild von einem Haus, das vielen, die in den 80ern und 90ern groß wurden, eigentlich bekannt sein müsste. Errät jemand, wer darin „gewohnt“ hat?

Heute vor 100 Jahren…

…erreichte Roald Amundsen mit seinen Männern den Südpol.

Zur gleichen Zeit war Scott und seine Leute noch weit entfernt und kämpften sich mit von ihnen selbst gezogenen Schlitten durch schwieriges Gelände. Die Schinderei sollte sich für sie nicht auszahlen. Sie erreichten erst am 18. Januar 1912 den Südpol, um dort die norwegische Flagge und ein zurückgelassenes Zelt mit einem Brief an den norwegischen König vorzufinden. Da war Amundsen fast schon zurück in seinem Basislager.

Ich habe das Thema vor einer Weile schonmal aufgegriffen und möchte hier meinen Hinweis auf das Blog Scott vs. Amundsen wiederholen, wo die Tagebucheinträge der beiden konkurrienden Teams, zum Teil auch mit Fotos, präsentiert werden. Sehr zu empfehlen.

New York, New York, USA (1): Thanksgiving

Es ist eben immer noch die geilste Stadt der Welt. Nach sieben langen Jahren bot sich diesen Herbst nun endlich die Gelegenheit, New York erneut einen Besuch abzustatten. Mitgebracht habe ich einen Sack voll Bilder und einige Erkenntnisse, die dem interessierten Touristen vielleicht helfen können. Daher möchte ich in diesem Beitrag und den Folgebeiträge ein bisschen über die Erfahrungen berichten.

Wie ich erst nach der Buchung feststellte, waren wir über Thanksgiving in New York. Wir waren unsicher, welche Konsequenzen dies haben würde. Von total überfüllten Attraktionen bis zu gähnender Leere war schließlich alles denkbar.

Jedoch wollten wir in jedem Fall ein echtes Dinner mit Truthahn haben. Die erste dem suchenden Touristen ins Auge fallende Lokalität ist das Central Park Boathouse, malerisch am See mitten im Park gelegen. Das wäre sicher schön gewesen, und das komplette Menü hatte 75 Dollar gekostet. Allerdings war mit starkem Touristenverkehr zu rechnen. Ich fragte zu früh und konnte nicht buchen. Dann vergaß ich es, und als ich nochmal fragte, war es schon zu spät. Daher zum Mitschreiben: Buchungen werden dort ab zwei Monate im Voraus entgegen genommen, also ab Ende September. Ab dann sollte man schnellstmöglich buchen. Als ich Mitte Oktober nachfragte, war alles schon ausgebucht.

Stattdessen buchten wir bei Sarabeth’s Central Park South. Trotz der noblen Adresse kostete das Menü nur 68 Dollar. Der Service war exzellent und das Essen vorzüglich. Einzig unsere Platzierung in einem eher düsteren Korridor direkt vor der Küche war nicht optimal. Da hatten wir etwas Pech. Ich habe es in der Bewertung des Restaurants angemerkt, und vielleicht vermeiden sie künftig die Belegung dieser Plätze.

Was macht man an Thanksgiving? Das ist gar keine so leichte Frage, denn die großen Museen haben an Thanksgiving allesamt geschlossen. Das offenkundige große Event ist die Macy’s Thanksgiving Day Parade, eine vom Kaufhaus Macy’s seit 1924 jährlich veranstaltete Parade. Es hat etwas von einem Karnevalsumzug – es gibt Wagen und Fußtruppen. Am beeindrucksten sind aber freilich die riesigen Heliumballons, die in Form von Kürbissen, Truthähnen (natürlich) sowie bekannten und weniger bekannten Comicfiguren über der Straße schweben. Die Parade ist sehr beliebt – auf der ca. 3 Kilometer langen Strecke stehen ca. 3 Millionen Menschen. Wenn man einen guten Platz haben will, sollte man schon früh morgens da sein. Die Parade begann um 9 Uhr morgens, und gute Plätze waren wohl schon ab 7 Uhr belegt.

Wir waren natürlich erst um halb zehn da. Nachdem wir zunächst einen ganz passablen Platz in der vierten Reihe hatten, zogen wir weiter in die falsche Richtung: Richtung Times Square, wo die Parade endet. Dort ist das Gedränge enorm. Daher meine Empfehlung: früh da sein und sich vom Times Square fernhalten. Die besten Plätze sind vermutlich am Central Park, wo auch Tribünen aufgebaut wurden. Dort gingen wir auch hin, wo wir den Rest der Parade aus der Ferne sahen, was dann auch genügte. Den Abschluss machte natürlich – wie sollte es anders sein – der Weihnachtsmann (oder von mir aus auch Santa Claus) in einem großen Rentierschlitten.

Danach unternahmen wir eine dreistündige Bootsrundfahrt um die Insel Manhattan, die trotz Feiertags zum regulären Zeitpunkt um 12:30 Uhr ging. Wir schafften es also zu Fuß genau pünktlich zur Abfahrt. Ich empfehle die telefonische Nachfrage zu den Abfahrtszeiten, denn auf der Homepage hieß es bis zuletzt, dass an Thanksgiving ein anderer Fahrplan gelte. Die Tour war nett und der Guide, ein Collegeprofessor, sehr gut informiert. Jedoch würde ich es nicht als Pflichtunternehmung einordnen, denn die Hauptsehenswürdigkeiten kann man auch anderweitig vom Wasser aus sehen.

Am Abend nach dem Thanksgiving-Dinner beschlossen wir, zum Empire State Building zu gehen. Das war eine gute Entscheidung, denn es war so gut wie nichts los. Dem Umfang der Warteräume nach zu urteilen kann man durchaus Stunden in den Warteschlangen verbringen. Wir waren hingegen in 15 Minuten oben. Es ist zwar für jeden, der schonmal „Schlaflos in Seattle“ gesehen hat, fast Pflicht, zur Aussichtsplattform hochzufahren, aber man muss auch realistisch sein: es handelt sich bei der Sache genau deswegen um eine ziemlich unverschämte Geldmacherei. Will man beide Aussichtsplattformen besuchen, so kostet dies inklusive aller Steuern etc. schonmal irgendetwas um die 50 Dollar. Lässt man sich dann noch zu den bescheuerten Souvenirfotos hinreißen, ist man bei gut und gerne 75 Dollar. Wir haben zwar etwas gespart (siehe weiter unten), aber man sollte sich schon überlegen, ob es sich lohnt. Der Thanksgiving-Abend scheint jedenfalls mangels großer Besuchermassen der optimale Zeitpunkt zu sein – so kurze Wartezeiten hat man vermutlich selten.

Das Kleingedruckte: Kein Finderlohn mehr bei der SEB?

Links: alte Karte, rechts: neue Karte

Gestern erhielt ich von meiner Hausbank SEB eine neue Maestro-Karte. Das kommt mir natürlich sehr recht, denn mit der alten hatte ich wiederholt Chipprobleme. Die Vorderseite hat sich nicht nennswert verändert, aber beim Blick auf die Rückseite fiel mir etwas auf.

Auf der alten stand:

Reward given to the finder of this card. Please send this card, cut in two pieces, to Skandinaviska Enskilda Banken AB, SE-103 83 Stockholm, Sweden.

Customer Service +46 771 365 365

Auf der neuen hingegen nur noch:

Customer Service +46 771 365 365

Nun kann man getrost davon ausgehen, dass es sich nicht um ein Bekenntnis zu neuer Schlichtheit handelt. Ich wundere mich darüber.

Zwar könnte man vermuten, dass es am Herstellerwechsel liegt: 2008 war das noch die schwedische XPonCard Group AP, heute ist es die französische Firma Oberthur Technologies. Das ist aber nur ein vermeintlicher Unterschied, denn XPonCard wurde 2008 von Oberthur aufgekauft, und man kann wohl annehmen, dass sich im Herstellungsprozess nicht so wahnsinnig viel verändert hat. Zudem habe ich eine andere neuere SEB-Maestro-Karte hier, die von Oberthur hergestellt wurde und den Hinweis enthält. Auch eine neue Visa-Karte der SEB enthält das Finderlohnangebot.

Die SEB ist also sicherlich immer noch bereit, verlorene Karten per Post entgegenzunehmen. Man muss davon ausgehen, dass jemand bei der SEB aktiv die Entscheidung getroffen hat, diesen Hinweis zu entfernen. Eine Mitteilung darüber ist mir nicht bekannt, und ich konnte auch nichts darüber auf der SEB-Homepage finden.

Nun wissen wir alle seit 2008, dass Banken bemitleidenswerte Wesen sind, die in ihrem Gewinnstreben jäh durch Risiken in ihren Geschäften und der daraus resultierenden Verantwortung für ihre Handlungen gestoppt wurden. Glücklicherweise waren die Staaten so nett, ihnen Risiken, Verantwortung und netterweise gleich auch noch jegliche Haftung für ihre Unternehmungen abzunehmen, so dass sie künftig sorgenfrei spekulieren, leihen und vor allem verleihen können. Aber natürlich habe ich volles Verständnis dafür, dass nach dieser schweren Lektion künftig die Boni der Bankmitarbeiter nicht durch etwaige Finderlöhne für verlorene Maestro-Karten auf’s Spiel gesetzt werden können.

Jedoch frage ich mich, ob es nicht allgemein sinnvoll ist, den hoffentlich wohlwollenden Finder der Karte darauf hinzuweisen, was er mit dieser machen soll. Ist es etwa besser, wenn die Karte nachher irgendwo im Hausmüll landet? Wohl kaum.
Wenn man also die anscheinend heimliche Entfernung dieses Hinweises nicht als eine Frechheit deuten soll, so ist es dennoch eine unbedachte Schnapsidee erster Güte.

Ich habe die SEB mal gefragt, wie es denn dazu gekommen ist. Ich bin gespannt.

Oje, Dagens Nyheter

Eigentlich sollte man erwarten, dass nach einem solchen Fauxpas, bei dem ein gefälschtes Bild auf Seite 2 erschien, selbiges nur noch im Giftschrank der Redaktion anzutreffen sein würde. Zumal das betreffende Bild zu jenem Zeitpunkt schon als Fälschung enttarnt war und trotzdem gedruckt wurde.

Nein, Dagens Nyheter präsentiert es drei Jahre später nochmal.

Gefälschte Fotos einfach nochmal recycelt (die Homepage von Dagens Nyheter heute)

Leider nicht

Vor 6 Jahren: mein Platz beim Nobelbankett.

Vor 6 Jahren hatte ich das Vergnügen, einmal beim Nobelbankett dabei zu sein. Wie sich mittlerweile herausgestellt hat, voraussichtlich das einzige Mal. Ich habe wieder einmal in der Nobellotterie nicht gewonnen, und das war dann so ziemlich die letzte Gelegenheit, noch einmal zum Nobelbankett zu kommen.

Das Nobelbankett findet im Anschluss an die Nobelpreisverleihung statt. Der Veranstaltungsort ist das Stadshuset. Alle sind äußerst schick gekleidet, die königliche Familie ist dabei und die Preisträger natürlich auch. Es gibt Essen vom Feinsten und ein minutiös arrangiertes Unterhaltungsprogramm. Das Ganze wird im Fernsehen gezeigt.

Als Normalsterblicher kommt man dort kaum rein, denn es sind nur gut 1000 Gäste zugelassen. Für sich genommen schon eine erstaunliche Zahl, denn wer schon einmal im Stadshuset war, wird Schwierigkeiten haben, sich so viele Leute in diesem kleinen Saal vorzustellen. Es geht bemerkenswert gut, aber es ist an der Grenze. Daher muss man auch knallhart einschränken wer kommen, darf: die Ehrengäste, zu denen auch die Vertreter der Länder zählen, aus denen die Preisträger kommen – meist Botschafter, aber auch Westerwelle hat sich das nicht entgehen lassen. Hinzu kommen Mitglieder der Akademien, die den Preis vergeben, sowie natürlich Angehörige der Preisträger.

Dann ist der Saal auch fast schon voll. Aber nur fast, denn 100 Plätze gehen traditionell an Studenten. Diese werden per Lotterie als 50 Paartickets verlost, wobei man aber nur das Recht gewinnt, die Tickets zu kaufen. Neben den Aufwendungen für Lose müssen dann die Tickets selbst bezahlt werden (1800 kr pro Person). Die Party danach kostet nochmal 500 kr, und die Kosten für die Kleidung darf man natürlich auch tragen, denn für Männer ist z.B. ein Frack verpflichtend. Letzten Endes ist eine Monatsmiete pro Person weg. Aber wann macht man das schonmal?

Ein Los kostet 50 kr, also gut 5 €. 2005 hatte ich 5 Stück oder so gekauft und prompt gewonnen. Was mir damals nicht so ganz bewusst war: ich hatte großes Glück. Man kann soviele Lose kaufen, wie man möchte. Dieses Jahr wurden 3354 Lose verkauft, also für jeden Platz rund 67 Lose. Die reale Gewinnchance ist freilich höher, denn jeder Teilnehmer darf nur einmal gewinnen. 607 Studenten haben Lose gekauft, also rund 5,5 Lose pro Teilnehmer. Es verfallen also mit fast jedem Gewinner eine Reihe Lose, was natürlich die Chancen der anderen erhöht.

Gering sind sie trotzdem, und so konnte ich auch dieses Jahr trotz des Kaufs von deutlich mehr als 5 Losen nicht gewinnen. Ob es nächstes Jahr nochmal eine Möglichkeit geben wird, weiß ich nicht, aber ich halte es eher für unwahrscheinlich. Schade.

Talsinki und der Ostseeraum

Talsinki - dynamischer Raum in der Ostsee (Bild: Flickr-User Marjut, CC BY-NC-SA 2.0)

Gestern fiel mir ein Podcast von SWR2 Wissen auf, der vor kurzem die Verkehrsentwicklung im Ostseeraum an schönen Beispielen beschrieb.

Eines davon ist die dynamische Entwicklung der Hauptstädte Tallinn und Helsinki, die spätestens seit dem EU- und Schengenbeitritt Estlands durch geringe Entfernung (rund 70 km über das Meer) und ähnliche Sprache sehr nah aneinandergerückt sind. Man spricht mittlerweile schon von Talsinki. Interessant auch, dass dort relativ offen über eine direkte Verbindung der Städte durch einen Tunnel gesprochen wird. Ich halte es allerdings wegen der Abstände und den zu erwartenden exorbitanten Kosten für Träumerei.

Weit realer ist das andere und hier schon öfters diskutierte Beispiel der Fehmarnbeltquerung. Es kommt u.a. der Malte Siegert zu Wort, der das Aktionsbündnis gegen den Bau der Querung anführt. Immerhin begrüßt er, dass nun statt einer Brücke ein Tunnel gebaut werden sollte, wenn auch kein gebohrter Tunnel.
Die restlichen Argumente sind bekannt: ökologische Bedenken wegen des Eingriffs ins Meer und eventuelle Effekte auf den lokalen Tourismus.

Alles sehr hörenswert – ich störte mich aber an einem Argument, das von Karl-Heinz Breitzmann, Direktor am Ostseeinstitut Rostock, ins Feld geführt wird. Breitzmann sagt zunächst:

Man muss also als Ökonom […] eine Nutzen-Kosten-Gegenüberstellung machen. […] Welchen Nutzen würde denn eine solche feste Querung haben im Vergleich zur jetzigen hocheffizienten Lösung? […] wenn man sich einmal […] die hohen Investitionen und auch die nicht unerheblichen Betriebskosten, wenn der Tunnel dann genutzt wird, im Vergleich zur jetzigen Fährlösung ansieht, dann kommt man auf ein sehr ungünstiges Nutzen-Kosten-Verhältnis. Und dann fragt man sich: Haben wir nicht viele andere große Projekte, Verkehrs- und Infrastrukturprojekte im Ostseeraum, die ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis haben?

Direkt im Anschluss sagt der Sprecher:

Projekte wie die Anbindung des Hinterlands im östlichen Teil Europas etwa, die fehlt vor allem in Teilen Russlands und in den baltischen Staaten. Autobahnen nach westlichem Vorbild gibt es dort fast keine, und in Estland beispielsweise ist ein Schienennetz quasi nicht vorhanden.

Das Problem dabei ist, dass ein Zusammenhang entsteht, der meines Erachtens nicht existiert. Der Tunnel wird meines Wissens nämlich zu 100% vom dänischen Staat finanziert, der sein Geld für Dänemark ausgeben will und nicht für Eisenbahnstrecken in Estland.
Das Ganze so hinzustellen, als käme das Geld aus irgendeinem EU-Fördertopf, der sein Geld nach Priorität verteilen soll, ist also irreführend. Wenn das Geld nicht dort ausgegeben würde, dann woanders in Dänemark, aber bestimmt nicht in anderen Teilen des Ostseeraums.

Studentenschwund in Schweden – Hochschulvertreter äußern sich

Thomas hat auf einen Debattenbeitrag hingewiesen, der gestern in der DN erschien.

Dort äußern sich zwei Uni-Vertreter, einer von der KTH hier in Stockholm und einer aus Göteborg, zu den Studiengebühren und den Effekten. Sie sind sehr kritisch gegenüber den Studiengebühren und meinen, man müsse die beiden Hauptargumente für die Gebühren – zuviele (und damit teure) Studenten sowie Qualität statt Billigheimer – noch einmal überprüfen.

Leider bleibt es dabei aber auch. Es kommen keine weiteren handfesten Fakten, welche die Argumentationslinie, dass die außereuropäischen Studenten Schweden auch etwas brachten, unterstützen würden. Allenfalls den naheliegenden Effekt, dass viele Kurse einfach ganz eingestellt werden, benennen sie konkret.

Sie stellen u.a. fest, dass die schwedische Wirtschaft und Gesellschaft die Absolventen bräuchten. Das ist alles wohl wahr, aber beantwortet nicht die Frage, inwieweit Wirtschaft und Gesellschaft diese auch bekommen haben, solange das Studium kostenlos war. Ich hoffe, dass es hierzu konkreteres geben wird.

Gut, dass wir mal drüber gesprochen haben

So soll der Tunnel einmal von innen aussehen (Bild: Femern A/S)

Es hat ja lange gedauert, aber der geplante Tunnel zwischen Puttgarden auf Fehmarn und Rödby in Dänemark hat es endlich auch in die schwedischen Medien geschafft. Vor gut zwei Wochen war dieser Artikel im Svenska Dagbladet, der im Wesentlichen die Fakten auf den Tisch legt und durchscheinen lässt, dass die deutsche Seite so aus der Affäre gezogen hat, dass sie minimale Verantwortung und minimale Kosten hat.

Viel mehr aufgefallen ist mir aber dieser Beitrag, der schon Ende August im Deutschlandfunk lief. Er entstand aus dem Anlass, dass ein „Dialogforum“ zum Bau der festen Querung eingerichtet wurde. Ich habe auch schon zuvor keinen Hehl daraus gemacht: spätestens seit die geplante Brücke durch einen Tunnel ersetzt wurde, bin ich vorbehaltlos für dieses Projekt. Die Umweltfolgen sind gering, der langfristige Nutzen erheblich.

Daher bin ich auch bei dem Dialogforum etwas skeptisch. Es wirkt nämlich wie eine Überreaktion der Politik, die bei einem Bürgerprotest gleich ein neues Stuttgart 21 befürchtet. Also bietet man an, über etwas zu reden. Nur wie bei S21 sind Verträge geschlossen, so dass es im Grunde eigentlich nichts mehr zu bereden gibt und damit die Gegner nicht zufrieden sein kann. Das „Ob“ steht außer Frage, nur das „wie“ ist noch gestaltbar. Der Vergleich mit S21 hinkt aber an so vielen Stellen, dass es ein Witz ist, auch nur andeutungsweise beides auf eine Ebene zu stellen. Das beginnt schon damit, dass nicht einmal die Fehmarner selbst voll hinter den Gegnern stehen.

Das Forum könnte allenfalls die sinnvolle Planung der Hinterlandbindung unterstützen, aber darum geht es den Gegnern des Projekts wiederum nicht. Insofern sehe ich nicht, wohin eine solche Plattform führen soll. Ich bin gespannt, wie sich die Sache weiter entwickelt – und hoffe, dass die nächsten Beiträge sich eher mit den Plänen beschäftigen als mit der übersteigerten Reaktion auf Protest.

Die Fernseheiche

TV-Eken, die Fernseheiche (Bild: Holger.Ellgaard, CC BY-SA 3.0)

In der letzten Woche durfte ich per Dagens Nyheter eine Stockholmer Institution kennenlernen: die Fernseheiche. Den Baum habe ich in meiner Busfahrerzeit zigmal gesehen, aber keine weitere Beachtung geschenkt. Dabei ist das nicht irgendein Gewächs: seit rund 2 Wochen hat sie sogar einen eigenen Wikipedia-Artikel, denn sie ist bis zu 1000 Jahre alt und damit eine der ältesten Eichen in Stockholm.

Ihren Namen erhielt sie, weil sie heute direkt vor dem Hauptgebäude des schwedischen öffentlich-rechtlichen Fernsehens steht. Früher hieß anscheinend auch schon Radioeiche, denn das öffentlich-rechtliche Radio hat seinen Sitz gleich daneben. Dass sie heute dort noch steht, hat sie dem Architekten Holger Blom zu verdanken, der in den 1960er Jahren dafür sorgte, dass die Straße in der Mitte eine große Verkehrsinsel bekam, die dem Baum Platz gab. Leider war das nicht allzu erfolgreich. Die Wurzeln sind schwer angegriffen. Obwohl die Krone gestutzt wurde, gibt es ein erhebliches Risiko, dass Äste herunterfallen. Der Druck durch die Straße und das Beschneiden der Äste führte letztendlich zum Befall und dem langsamen Sterben des Baums.

Sie ist also kaum mehr zu retten. Eigentlich wäre ihr langes Leben letzte Woche Montag zu Ende gegangen, aber eine beherzte Aktion von Freunden der Eiche konnte dies verhindern: sie tanzten um den Baum herum. Sie waren zu allem entschlossen, und einige übernachteten sogar im Geäst.

Für’s Erste hat der Baum eine Gnadenfrist bekommen. Schnell wurde das Thema zu einer politischen Frage. Ein Vorschlag war, die Eiche umfänglich (siehe hier) zu sichern und das Ganze mit der ohnehin in der Ecke geplanten Straßenbahn zu kombinieren. Das könnte sogar eine Touristenattraktion werden. Eine schöne Idee, wie ich finde, wenn auch die Praktikabilität bezweifelt werden kann.
Als botanisch Uninformierter frage ich mich auch, ob das nicht dazu führen wird, dass irgendwann nur noch ein kahler Stumpf übrig bleiben wird.

Erfreulich wäre es in jedem Fall, wenn ein hunderte Jahre altes Lebewesen nicht von 40 Jahren Stadtplanung dahingerafft würde.