Gedanken zum Tage

Ein richtig heißes Thema hatte ich in der letzten Zeit nicht, dafür aber ein paar Kleinigkeiten, bevor ich nach Åland fahre.

  • Letzten Montag berichtete die DN ganz groß darüber, dass jetzt in Schweden das Analogfernsehen abgeschaltet wurde. Euphorisch heißt es darin, dass auch in Deutschland die Umstellung sehr weit fortgeschritten sei. Ich habe gleich mal einen korrigierenden Leserbrief geschrieben, denn so zügig wie in Schweden führt man die Umstellung in Deutschland eigentlich nur in den Großstädten durch.
  • Heute morgen war ein Bericht in der DN über eine neue Organisation, die sich für „mehr Rechtssicherheit“ einsetzt. Im Vorstand sind drei Leute, die sich zu Unrecht von einem schwedischen Gericht verurteilt sehen. Offensichtlich handelt es sich um einen Comeback-Versuch von Anna Sjödin, der ehemaligen Juso-Vorsitzenden, die im Frühjahr 2007 verurteilt wurde, weil sie im betrunkenen Zustand einen Sicherheitsmann in einer Disco beleidigt habe und dann handgreiflich geworden sei. Sie streitet das aber ab und fühlt sich als Opfer der Justiz. Die anderen Vorstandsmitglieder sind aber auch teilweise illustre Persönlichkeiten. Zu ihnen gehört „Billy Butt„, ein schwedischer Musikproduzent, der 1993 wegen Vergewaltigung in 9 Fällen zu 4 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Abgesehen davon, dass die Organisationen bislang anscheinend eher durch nebulöse Aussagen wie „viele Anwälte vertreten ihre Klienten nicht richtig“ glänzt, hat sich da schon eine etwas fragwürdige Truppe zusammen gefunden. Wenn Verurteilte sich als Opfer der Justiz produzieren, wer soll dann beurteilen, wer denn nun Opfer der Justiz ist?
  • Gestern habe ich mir die Ausstellung über Willy Brandt genehmigt. Sie war interessant, auch wenn es nichts zu sehen gab, was nicht auch im Begleitheft gewesen wäre.

So, und jetzt wird gepackt – übermorgen dann mehr vom Halbmarathon in Åland.

Es fährt ein Zug nach Hässelby

Ich habe mich heute an das Ende der grünen Linie vorgewagt, um am 20. Hässelbyloppet teilzunehmen. Die Veranstalter des 10-km-Laufs haben sich nicht lumpen lassen und dieses Jahr die obligatorische Medaille mit einem Halsband versehen. Ich frage mich, wieso man sich hierzulande damit immer so schwer tut. Der Lauf selbst ging einigermaßen – ich lief die ganze Zeit zusammen mit meinem Mitbewohner Alex und war nach 57:31 im Ziel. Das sind knapp 2 Minuten weniger als im August beim Midnattsloppet. Allerdings ist die Strecke auch fast komplett flach. Ob ich damit den Halbmarathon auf Åland in 2 Wochen überleben werde, wird sich aber noch zeigen.

Athletisch

In Kürze beginnt ein Lauf, an dem ich nie teilnehmen werde: die Tjejmilen. Das heißt übersetzt ungefähr „Mädelsmeile“, womit auch geklärt sein dürfte, wieso nicht. Es dürfte äußerst, ähm, interessant sein, sich das anzuschauen – es nehmen nämlich stolze 22000 Frauen teil. Passend dazu schickt sich die schwedische Superheldin Carolina Klüft an, den europäischen Rekord im Siebenkampf zu knacken. Bei beiden Veranstaltungen gilt: Lycka till!

Langsam

Gestern abend war wieder einmal Midnattsloppet, der äußerst beliebte 10km-Lauf durch Södermalm, Stockholm südlicher Hauptinsel. Die doch schon ziemlich saftigen Anmeldegebühren von knapp 40 € haben 18000 Läufer nicht davon abgehalten, sich anzumelden.

Mich auch nicht.

Weil ich busfahrbedingt noch etwas mit der Anmeldung gewartet habe, bekam ich nur noch einen Platz in der Gruppe 5, die geschwindigkeitsmäßig nicht weit vor Walkern rangiert. Laut Broschüre sollte man 61-70 Minuten brauchen, um hier richtig zu sein. Ich wage zu behaupten, dass dies aber auf viele nicht so ganz zutraf. Bei dem Lauf bewerben sich offenkundig auch viele, die sich es dann doch nicht zutrauen und absagen – anders ist kaum zu erklären, wieso sich rund 18000 Läufer angemeldet haben, in den Ergebnislisten aber nur weniger als 14000 stehen.

Zwar bin ich Gegner von Geschwindigkeitsarroganz, aber wenn sogar ein mäßig trainierter Mensch wie ich nach 30 Minuten praktisch nur noch von Läufern der Gruppe 4 umgeben ist (die schließlich fünf Minuten vorher gestartet waren), spricht das für sich.
Zunächst hatte ich den Eindruck, ich könnte sogar meine Zeit von 2005 unterbieten (54:02), und meine Uhr machte mir sogar etwas Hoffnung. Der erste Dämpfer kam nach 5 Kilometern, wo schon 28 Minuten vergangen waren – da man beim Start ausgebremst wird, konnte man so wenigstens eine Endzeit von 56 Minuten annehmen. Allerdings hatte ich dabei vergessen, dass der zweite Teil erheblich steilere Abschnitte hat. So sank mein Geschwindigkeitsschnitt wohl nicht zuletzt deswegen ab. Am Ende waren es 59:22 Minuten – meine schlechtesten 10 km bislang.

Dennoch ist der Lauf ein Erlebnis, und ich kann als positiven Aspekt auch mitnehmen, dass der zunächst skeptische Andreas nicht nur überragende 49:02 Minuten gelaufen ist, sondern auch hellauf begeistert war.

Es spornt mich auch an, besser zu werden, denn dieser Tage habe ich mich für einen Halbmarathon beim Åland-Marathon angemeldet, der Ende Oktober stattfindet. Arne und Andreas sind mit von der Partie. Der ganze Spaß ist nicht übermä0ßig teuer: rund 70 € für Fährüberfahrt mit Auto inklusive Startgebühr, Hotelübernachtung und Pastadinner.

Der Halbmarathon ist natürlich nicht nur härter, sondern findet auf für mich unbekanntem Terrain statt. Die Strecke auf Åland wirkt zumindest auf der Karte recht uninteressant, da man einfach nach 10 km umkehrt und zurückläuft. Außerdem ist die Konkurrenz dünn: im letzten Jahr liefen gerade einmal 257 Leute den Marathon und 200 den Halbmarathon. Da kann es ein bisschen einsam werden unterwegs, auch weil man auf großartige Zuschauerunterstützung kaum hoffen kann. In diesem Jahr ist auch nicht mehr Besucherandrang zu erwarten, denn es handelt sich um die 26. Ausgabe des Laufs, so dass man die geringen Teilnehmerzahlen nicht auf eine organisatorische Anlaufzeit schieben kann. Allerdings muss angemerket werden, dass sich die Läuferzahlen seit 2003 mehr als verdoppelt haben.

Ein weiterer Höhepunkt könnte der Hässelbyloppet Mitte Oktober sein – den bin ich ja schon 2005 recht erfolgreich gelaufen.

Korrekturen

Blogs sind ja dafür bekannt, dass sie von zu schnell gefällten Urteilen nur so strotzen. Meines ist keine Ausnahme. Rainer hat einige Punkte zu dem Beitrag über Kriminalität angeführt, die ich nicht ausreichend berücksichtigt habe. Schweden ist zwar vergleichsweise sicher, aber dass es praktisch überhaupt kein Verbrechen gäbe, ist wiederum auch falsch. Die Mordraten beispielsweise sind höher, und auch erschreckend viele Vergewaltigungen geschehen. Zudem gibt es natürlich auch eine starke Konzentration auf den Stockholmer Raum.
Bei meiner Medienkritik will ich dennoch bleiben – meiner Ansicht nach wird über die falschen Dinge in einer nicht angemessenen Breite berichtet. Die Ursachen werden nur allzugerne verschwiegen.

Eine Korrektur der ganz anderen Art zum gestrigen SpringCross. Dort hatte mir das vorläufige Ergebnis zunächst bescheinigt, ich hätte 38:04 Minuten für die 6 Kilometer gebraucht. Dabei hatte ich selbst 37:01 gemessen. 37:04 weist das Ergebnis nun aus, was mich auf den 195. Platz von insgesamt 252 in dieser Kategorie bringt.

Sehr witzig ist auch, dass sich der Teamname „Keesves“, den wir einmal für das Team zur Badischen Meile 2005 gewählt hatten, hartnäckig bei allen vom Löparkansliet veranstalteten Läufen hält, auch wenn ich ihn nicht angegeben habe.

Ballongblåsning

Ich habe gerade mein T-Shirt „Kein Herz für Walker„, das ich im SPIEGEL Shop bestellt hatte, in meiner Postagentur abgeholt – sehr nett, aber um richtig reinzupassen, muss ich noch etwas abnehmen.

Besagte Postagentur ist hauptberuflich aber ein ICA Supermarkt, und da die Kette wohl gerade 90 Jahre alt wird, versucht man, einen Weltrekord im Ballongblåsning aufzustellen, um damit ins Guinness Buch der Rekorde zu kommen. Der schöne Begriff Ballongblåsning beschreibt übrigens nichts anderes als Luftballons aufzublasen. Ich bin auf das Ergebnis gespannt.

Weit weniger spektakulär ist ein anderes Ergebnis, nämlich das meines Laufs bei SpringCross, einem Cross-Country-Lauf bei mir um die Ecke. Sehr harte 6 km mit schmalen Wegen, starken Steigungen und damit allerlei potenziellen Bänderrissen musste man absolvieren – gegen Ende des Laufs lag schon einer neben der Bahn und war ziemlich bleich. Nach einer Runde war ich froh, dass ich nicht die erweiterte Variante mit 12 km, d.h. 2 Runden, genommen habe. Thilo hat das übrigens gemacht und war ziemlich fertig – so fertig, dass er den Laufsport als Gesamtes verfluchte. Ich hoffe, er ändert seine Meinung bis zum nächsten Lauf.

Mein Ergebnis war übrigens schätzungsweise 37:03 Minuten. Für eine Medaille hätte man die 12 km unter 60 Minuten laufen müssen – bei meiner derzeitigen Fitness kaum realistisch.

Das Jubiläum naht

Am 2. Juni 2002 nahm ich zum ersten Mal bei einem öffentlichen Lauf teil. Die Geschichte, wie es dazu kam, ist etwas länger, aber es sei so viel dazu gesagt, dass Arne Krohn, mit dem mich schon davor, aber seither erst recht eine Freundschaft verbindet, von dem Unternehmen „überzeugt“ hat.
Passender gesagt: ich habe mich selbst in die Sache reingequatscht, und das ist wohl eine der häufigsten Arten, zum Laufen zu kommen. Bei ihm war es übrigens nicht anders – er war wiederum von Jan dazu verleitet worden, nachdem dieser ohne Training den Hamburg-Marathon überstanden hatte.

Seither habe ich bei 21 öffentlichen Läufen teilgenommen. Zum 5jährigen Jubiläum wurde es daher Zeit, eine Liste zu machen, denn ansonsten laufe ich wirklich einmal Gefahr, den Überblick zu verlieren. Die Liste ist rechts verlinkt oder einfach durch einen Klick hierauf zu erreichen.

Arne wird übrigens sozusagen passend zum Anlass am kommenden Sonntag seinen ersten Marathon laufen. Viel Erfolg, Arne!

Für mich heißt das, dass ich nun ins Hintertreffen gerate. Zwar konnte er bisher meine Halbmarathonbestzeit noch nicht knacken, aber meine 10-km-Bestzeit unterbot er um eine Minute, und meine sehr bescheidene Marathonbestzeit sollte für ebenfalls kein Problem sein.

Das ist umso mehr Ansporn, bis zum Herbst wieder in Bestform zu sein.

Den Stöhner besiegt

Running - sxc.hu

Der gestrige Beitrag entstand früh morgens, um jegliche Minderung meiner Konzentration beim Höhepunkt des Tages zu vermeiden. Es stand nämlich der erste Lauf des Jahres an: Två sjöar runt – also „um zwei Seen herum“, was die Strecke schon recht gut beschreibt.
Da wollte ich natürlich mit nichts geringerem als dem Sieg nach hause gehen.

OK, genug geflunkert – der Beitrag entstand morgens, weil wir gestern abend mein neues Käsefondueset ausprobieren wollten. Und von Sieg kann keine Rede sein, schon gar nicht bei meiner derzeitigen Fitness.

Ich hatte mich für die kürze der beiden wählbaren Strecken entschieden, die 5,7 km umfasste, was mich auch so schon genügend auslastete.

Das Wetter war mässig und es nieselte bis kurz vor dem Start. Die Teilnehmerzahl war aber nicht deswegen so klein – es ist einfach der erste Lauf der Saison, an dem traditionell nicht so viele teilnehmen. In meiner Klasse „Männer kurz“ starteten daher auch nur 143 Teilnehmer, bei den gleichzeitig startenden Frauen gar nur 47. Normalerweise ist das ein Indiz dafür, dass nur Leute teilnehmen, die es auch wirklich ernst meinen, was mich naturgemäss auf die hinteren Plätze befördert. Glücklicherweise ist die Rentnerquote erfreulich hoch, so dass ich doch noch ein halbwegs passables Ergebnis erreichen konnte.

Nach dem Start ging es kurz etwas hoch, und dann irgendwie nur noch bergab, was schlecht ist, weil ich als Physiker weiss, dass das gleichzeitig bedeutet, dass es am Ende wieder nach oben geht. Die ersten 2 km gingen erfreulich schnell, bevor ich dann erstmal etwas langsamer machen musste. Irgendwann bei Kilometer 3 vernahm ich ein Stöhnen hinter mir. Es war rhythmisch und klang, als hätte der Verursacher in Kürze einen Herzinfarkt oder Orgasmus, möglicherweise sogar beides.

Was dem die Krone aufsetzte, war allerdings, dass der Verursacher, ein Mann mittleren Alters im neongelben Shirt, mich kurz danach überholte. Ich liess ihn davonziehen, auch wenn es schon einer Schmach gleichkam. Damit aber nicht genug – auf Kilometer 4 zu musste er, immer noch laut schnaubend, eine Gehpause einlegen, wodurch ich ihn wieder überholen konnte. Das nahm er wiederum zum Anlass, wieder loszulaufen und erneut an mir vorbeizuziehen.

Er wollte offenbar Krieg – und den konnte er haben. Nicht viel später ging er wieder, und dieses Mal war ich schneller. Beim Schlussanstieg stürmte ich einer Gazelle gleich nach oben. Ich wollte mir ja nicht die Blösse geben, gegen einen kollapsaffinen Frührentner den Kürzeren gezogen zu haben. Zwar wurde ich auf der Zielgerade noch von jemandem überholt, aber neongelb sollte ich erst nach der Ziellinie wieder erblicken.

Mein überragendes Endergebnis: 33:11 Minuten und damit der 101. Platz – zum Einen weit unter meinen Möglichkeiten, zum Anderen aber nicht so katastrophal wie erst befürchtet. Der Stöhner kam als 102. ins Ziel mit 33:23 Minuten – aus Respekt vor meinem Gegner verschweige ich seinen Namen.

Der nächste Lauf wird dann wohl irgendwann im April oder Anfang Mai sein – dann kommt aber wohl die typische Distanz hier in Schweden, die „mil“ – also 10 km.

Reminiszenz

Drei Dinge braucht der Mann: Feuer, Pfeife, Reminiszenz

Die Ärzte (falsch zitiert von der B-Seite der Single „Hurra“, dort wiederum mit einem nicht existenten Fremdwort abgekupfert von einem alten Werbeslogan)

Heute bzw. gestern fiel der Startschuss zu einem der größten Sportereignisse der Welt, dem New York City Marathon. Wer mich kennt, weiß, dass sich mit diesem Ereignis für mich Erinnerungen verbinden, die ich nicht missen möchte.

2004 hatte ich das Vergnügen, zwei Wochen in New York zu verbringen und diesen Lauf zu machen. Über meine bescheidene Zeit von über 6 Stunden würde ich gerne den Mantel des Schweigens breiten, wenn sie nicht ohnehin online abrufbar wäre.

42,195 km lang – im Übrigen ist das und nur das ein Marathon – erlebt man eine der tollsten Städte der Welt, sieht ihre Vielschichtigkeit in den 5 Stadtteilen Staten Island, Brooklyn, Queens, Manhattan und der Bronx (in der Reihenfolge des Durchlaufens).

Für mich beginnt heute der Countdown – der nächste NYC Marathon ist voraussichtlich am 4. November 2007, und ich möchte dabei sein. Vielleicht reicht meine Vorbereitung sogar schon für eine Teilnahme am Stockholm Marathon im Juni. Ich trainiere jedenfalls schon fleißig, wenn auch nur im Fitnessstudio, weil das Wetter Läufe draußen momentan etwas gefährlich macht.

Darum nun ein kleiner Fotorückblick auf den Lauf 2004. In diesem Rahmen möchte ich auch einen Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag an den Mann schicken, der mich vor gut 4 Jahren halbfreiwillig zum Laufen gebracht hat – das Wort halbfreiwillig trifft dabei sowohl auf ihn als auch auf mich zu. Alles Gute Arne!

Der Lauf begann in gewisser Hinsicht schon am Tag davor. Der International Friendship Run am Tag davor leitet traditionell das Marathonwochenende ein.

Er beginnt beim Gebäude der Vereinten Nationen und endet an der Tavern on the Green im Central Park. Dementsprechend läuft man die meiste Zeit durch Midtown Manhattan, was diese frühmorgendliche Impression auch zeigt.

Da man aufgefordert war, Sachen aus dem eigenen Land mitzubringen, war der Lauf entsprechend bunt. Wer genau hinschaut, wird in der Mitte eine badische Flagge erkennen.

Ich war auch da. Glücklicherweise hatte ich mein Mitternachtslauf-T-Shirt dabei, so dass ich der Aufforderung auch nachkommen konnte. Überraschenderweise wurde ich daraufhin von einigen Rastattern angesprochen.

Die Strecke ist nicht lang, es gibt keine Zeitnahme, und zum Laufen kommt man bei diesen Menschenmengen ohnehin nicht, aber wann hat man schon einmal die Gelegenheit, vor der Grand Central Station mitten auf der Straße zu laufen?

Das erste Foto von mir am Morgen des Marathons. New York hat ein sehr gnädiges Wetter um diese Jahreszeit. 15 °C und trockenes Wetter sind nicht unüblich. Auch dieses Jahr war es wieder trocken. 2004 war der Tag vollkommen klar. Man sieht mich hier auf der Verrazano Bridge von Staten Island nach Brooklyn, dem ersten und zugleich beeindrucksten Stück der Strecke. Links schaut man auf die Skyline von Manhattan, rechts auf den offenen Atlantik. Warum ich hier so überhitzt erscheine, ist mir ein Rätsel. An dieser Stelle war ich kaum 2 km unterwegs.

Deutlich weniger dynamisch erscheine ich hier, auf der Queensboro Bridge, wo der Halbmarathonpunkt ist. Zu der Zeit habe ich schon erste Laufpausen eingelegt. Ein großer Fehler – ich hätte zumindest versuchen sollen, bis zum 30-Kilometer-Punkt durchzuhalten. Die Laufpausen waren auch vollkommen unnötig. Es hatten mich keine Krämpfe oder dergleichen geplagt – irgendwie war einfach nur der Faden gerissen gewesen, als ich das erste Mal gegangen bin.

Gegen Ende des Laufs – die Lichtverhältnisse verraten schon, dass ich ziemlich lange unterwegs war.

Entsprechend gequält lief ich in der Abendsonne. Die Füße taten weh und ich ging viel – dennoch gab es noch viele Leute am Rand, die einem zujubelten. Für die Amerikaner zählt Sportsgeist eine Menge – „You inspire us“ liest man auf den Schildern, und die Leute rufen „You have almost done it“ und „That’s the spirit“. Ich schätze, dass es nur wenige Läufe auf der Welt gibt, wo man derart unterstützt wird.

Am Ziel – nach über 6 Stunden. Es war fast schon dunkel, aber ich hatte es geschafft und wollte es mir auch nicht nehmen lassen, rennend die Ziellinie zu überqueren. Es empfingen mich die Menschen mit den Warmhaltealufolien und dem Spruch „We have been waiting for you all day“ – den hatte er wohl schon hunderte Male zum Besten gegeben, aber es war doch sehr bewegend. Dann bekam man die Medaille umgehängt, und es entstand dieses Foto.

Nach 42,195 Kilometern ist einem eigentlich alles egal – auch wenn man die Augen zu hat.

Meine Beine fühlten sich eigentlich noch ganz ok an. Erst als ich mich niedersetzte und mir die Leckereien aus dem Fresspaket, das es zum Schluss gab, genehmigte, wurde mir klar, dass der Heimweg härter würden werde als so mancher Teil des Laufs. In der Tat humpelte ich zur U-Bahn, und für das letzte Stück nahmen wir sogar ein Taxi – eine kluge Entscheidung.

Heute habe ich übrigens auch erfahren, wie groß die Chancen waren, an diesem Abenteuer teilzunehmen. Jedes Jahr bewerben sich 90.000 Läufer für die Lotterie, und 50.000 dürfen dann teilnehmen, von denen wiederum ca. 38.000 erscheinen. Man kann also von einer Gewinnchance von 55 % ausgehen. Allerdings ist hierbei nicht berücksichtigt, wie da die Verhältnisse zwischen US-Amerikanern und dem Rest der Welt sind. Die werden nämlich unterschiedlich berücksichtigt, wobei Amerikaner doppelt so viele Plätze bekommen wie Ausländer.

Soviel dieser kleine Rückblick – nur noch 363 Tage bis zum nächsten NYC Marathon…