Verstrahlt

Über Kondome und dergleichen brauche ich mir künftig wohl keine Gedanken mehr zu machen, denn seit ich gestern mehrere Stunden mit Gamma-Strahlungsquellen verbracht habe. Meine Spermien sind mittlerweile wohl so tot wie die Pflanze in dem Zimmer hier.
Im Ernst: heute ist mein dritter Tag bei meiner Masterarbeit. Ich habe ein eigenes Büro mit Namensschild und ein schnurloses Telefon – da kann man beim besten Willen nicht meckern, auch wenn der Monitor manchmal flackert und der Computer Krach macht wie Sau.

Ort meiner Tätigkeit ist FOI, ein staatliches Forschungsinstitut für Verteidigung, das hauptsächlich im Auftrag des schwedischen Verteidigungsministeriums arbeitet. Die NATO hat aber noch nicht versucht, mich als Spion anzuwerben. Viel zu erzählen hätte ich eh nicht, denn meine Aufgabe ist eher, daran mitzuhelfen, dass man einen nuklearen Unfall o.ä. noch schneller bemerkt als damals bei Tschernobyl und ein internationales Atomteststoppabkommen nicht unbemerkt gebrochen werden kann.

Und für diesen Beitrag zum Weltfrieden kann man durchaus Einschränkungen in der Zeugungsfähigkeit hinnehmen.

Apropos Kinder: Gestern abend fiel mir beim Joggen ein Plakat auf, das mit „Gesucht“ überschrieben war, und zwar auf deutsch. Irritiert blieb ich stehen und musste lesen, dass „Eine Zukunft für weisse Kinder“ gesucht werde, die ja von der „Europäischen Bananenrepublik“ und dem bösen Rest der Menschheit gefährdet sei – Werbung für „National Alliance“ gemacht. Kurzum, es war ein Nazi-Plakat – und zwar eines von den Leuten, die sich irgendwo im Umfeld zwischen amerikanischen Nazis nach dem Schlage der NSDAPAO und Ku-Klux-Klan-Sympathisanten bewegen. Traurig, so etwas überhaupt finden zu müssen. Mindestens genauso traurig (wie auch grotesk) ist allerdings, dass es ausgerechnet auf deutsch abgefasst ist und in der Hauptstadt eines der tolerantesten Länder der Welt aufgehängt wurden. Nazis gibt es leider überall. Ich durfte ja auch schon Werbung der Nationaldemokraten, die nicht von ungefähr so heissen wie die NPD, in meinem Briefkasten vorfinden. Da ist mir selbst die Werbung der Zeugen Jehovas oder dieser obskuren sektenähnlichen LaRoche-Bewegung lieber.

PS: Ich habe das Plakat natürlich abgerissen.

Bus verpasst, Bild gemacht

Die Überschriftung reimt sich nicht wirklich – allerdings habe ich wirklich gerade (mal wieder) den Bus verpasst und somit eine einigermaßen zeitige Ankunft in meiner Vorlesung effizient unterbunden.

Zur Feier des Tages gibt es daher erstmals seit langem wieder schöne Bilder zum Anschauen.

Ich habe auf meinem Handy ein Panorama von letztem Herbst entdeckt – da war Stockholm noch nicht weiß.

Panorama Albanova

Außerdem zwei kurze Impressionen von der Jahreskonferenz der Stockholmer Jusos, wenn man so will:


Und nun der ultimative Beweis, dass ich wirklich irgendwo mal Delegierter war:


So, und jetzt geht es aber wirklich auf den Bus.

Endlich Winter

Das für seinen milden Winter bekannte Schweden überrascht einen doch immer wieder. Es schneit – ja, richtig gelesen, es schneit. Es fiel eben mal so gefrorenes Wasser vom Himmel.

Im Ernst: ich hatte ja gehofft, dass der Winter jetzt vorbei sein und der Schnee schmelzen würde. Leider etwas verfrüht, denn es schneit heute wieder.

Es gibt aber auch Gutes zu berichten. Gestern wurde unsere Bewerbung zu SquVALp angenommen. Unser ziemlich groß dimensioniert Seelenverkäufer heißt Dragon Boat und wird von unserem Team Captain Kellog and his floating cornflakes gebaut werden. Das Ganze ist eine Art Regatta mit selbstgebauten Booten. Das Material wird gestellt, der Bau selbst muss am 13. Mai von 6:08 Uhr bis 14:08 Uhr erfolgen. Unser Team besteht aus 5 Schweizern, 2 Österreichern, zwei Hongkong-Chinesen, einer Französin und mir. Lustig wird es auf alle Fälle.

Wie ich die Nobellotterie (und den Parkplatzkrieg) gewann

Manche Menschen gewinnen selten bis nie. Ich gewinne manchmal. Zum Beispiel wurde mir bei einem Gewinnspiel mal ein AMD-Athlon-Gehäusesticker zugelost. Dummerweise hatte ich zu der Zeit keinen Athlon. Auch toll war das interne Fußballtippspiel bei DASDING zur WM 2002. Ich siegte souverän und gewann 50 € – allerdings haftet mir der Verdacht an, ich habe die Datenbank manipuliert. Dem war nicht so – ich hatte schlicht in Wagemut und fußballerischer Unkenntnis auf ein schwaches Abschneiden Frankreichs und ähnliche Spinnereien getippt. Zeitzeugen werden sich erinnern, dass Frankreich torlos ausschied. Nicht minder überraschend kam Deutschland ins Finale. Die 10 Sonderpunkte für einen Titelgewinn unseres Landes konnte ich allerdings leider nicht einstreichen.

Parking Permission

Zu oft bin ich auch auf der Verliererseite gewesen. Auf einen überragenden Lottogewinn warte ich bis heute. Allerdings wäre hierzu auch eine Lottoteilnahme notwendig. An Oddset bin ich spektakulär gescheitert. Mathematisch sinnvoll hatte ich auf die Kombinationen mit der niedrigsten Quoten genommen. Nach 6 Spielen auf dem Tippschein war ich in der Gewinnzone angelangt. Da meinte ein Mitschüler, Manchester United würde unbedingt gegen Arsenal oder Wimbledon oder so gewinnen. Mein Ergebnis war prächtig – sämtliche 6 Niedrigquotentipps waren wie erwartet ausgegangen. Und ManU? Wenn sie wenigstens anständig verloren hätten. Stattdessen haben sie 1:1 gespielt. Diese Pfeifen.

Heute habe ich aber gewonnen – es ist zwar nur so ein Halbgewinn wie dereinst beim NYC Marathon, denn dort gewinnt man auch nur die Berechtigung, ein Ticket zu kaufen. Genauer gesagt bekommt man beim Marathon einfach das Geld abgebucht, ohne erneut gefragt zu werden. Bei meinem heutigen Gewinn wurde ich aber gefragt, denn ich habe die Berechtigung, Karten für das Nobelbankett zu kaufen, gewonnen!
Ja, das heißt, ich werde am 10.12. am Bankett nach der Preisverleihung des Nobelpreises teilnehmen dürfen.

Billig ist es freilich nicht: 1000 kr für die Karte, 300 kr für die After-Show-Party und 1800 kr für die Ausleihgebühr des Fracks. Ja, ich muss nämlich mit Frack dort auftauchen, und zwar mit weißer Weste und weißer Fliege – anders kommt man gar nicht erst rein. Meine bezaubernde Begleitung soll ein Ballkleid tragen. Allerdings versuche ich gerade möglichst neutral und diplomatisch zu entscheiden, wer denn mit darf. Ich hoffe, das kommt bei den in der engen Auswahl befindlichen auch so an – wäre schade, wenn es deswegen lange Gesichter geben würde.

Etwas anderes habe ich auch noch gewonnen: meinen kleinen Parkplatzkrieg. Urplötzlich war ja doch jemand zuständig. Mittlerweile habe ich eine wundervolle Parkgenehmigung. Wir sind seither unzertrennlich und machen alles zusammen. Nächste Woche mache ich ihr einen Heiratsantrag.

Zum Schluss nach knallharte (gelegentlich auch flüssige) Neuigkeiten: meine erste Packung Toilettenpapier ist leer. Wie das statistische Bundesamt daraufhin ermittelte, beträgt mein durchschnittlicher Verbrauch daher 9,9 Blätter pro Tag.

Es geht los

Es ist soweit, in 90 Minuten beginnt meine erste Vorlesung.

Nachdem ich nun gestern abend beim SSU, dem Stockholms Socialdemokratiska Ungdomsdistrikt, war und die ersten organisatorischen Dinge hier auf dem Flur geregelt habe, ist die vorlesungsfreie Zeit vorbei.

Der SSU war recht spannend, da ich über zwei Stunden lang normalem Schwedisch lauschen konnte, was im Normalfall nicht immer so leicht möglich ist. Im Radio wird schließlich keine Umgangssprache gesprochen. Immerhin schaffte ich es, rund 10 bis 20 Prozent zu verstehen. Da ist also noch viel Luft nach oben. Jedenfalls wurde ich sehr herzlich aufgenommen und werde nächste Woche wohl wieder hingehen.

Hier auf dem Flur habe ich mal ein paar Schilder zur Aufteilung der Schränke aufgehängt. Langsam sieht man auch die Abgründe hier. Der nervige Moldawier hier ist mit seiner Frau/Freundin/was auch immer eingezogen. Das ist unverständlich, weil die Räume nicht gerade spottbillig sind und es für zwei Personen sicher passenderes gäbe. Es entsteht auch nicht gerade der Eindruck, als wäre sie sonderlich glücklich hier: sie meidet Kontakt und ist im Allgemeinen sehr selten zu sehen. Auch zwei Chinesinnen bewohnen ein Zimmer zusammen. Der Mietvertrag besagt, dass der Raum nur vom Mieter bewohnt werden darf – ich glaube nicht, dass da eine zweite Person vorgesehen ist.
Der Moldawier hat auch aus anderen Gründen meinen Unmut auf sich gezogen. Gestern verkündete er doch einigen Mitbewohnern, die sich über die Möglichkeiten, einen Sprachkurs zu belegen, unterhielten, dass man doch gar nicht Schwedisch lernen müsse – wozu denn, schließlich könne hier jeder Englisch. Ich wies ihn deutlich darauf hin, dass der schwedische Staat ihm seine Ausbildung schenke und dass es dann wohl eine Frage des Respekts sei, sich etwas mit diesem Land zu beschäftigen.

Mit dem Beginn der Vorlesungszeit heute ist es Zeit, die Rubrik „Die ersten Wochen in Stockholm“ zu schließen. Ich habe mich eingelebt hier – nun gilt es die Herausforderungen des neuen Alltags zu meistern.

Prata Svenska – Lite

Es regnet, ich mache Frühstück. Es gibt wohl die letzten Erdbeeren dieses Jahres. Am Küchentisch sitzt Hector, mein neuer mexikanischer Mitbewohner, und unterhält sich mit einem der Chinesen über eines der Topthemen unter den Studenten hier: Unterkunft, d.h. wie die jetzige ist und wie man möglichst an eine bessere kommen könnte.

Ich diskutiere etwas mit. Die eigenwilligen Essgewohnheiten mancher Chinesen treibt groteskere Blüten, als ich erwartet hatte. Am Nebentisch sitzen zwei Chinesinnen. Eine von ihnen verfeinert ihr Frühstück – was auch immer es sein mag – mit Ketchup.
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Information pur

Am Montag hatte ich wieder meinen Information Searching Course, der zwar recht kurzweilig ist, aber wenig Spektakuläres zutage förderte. Zumindest wird man daran erinnert, dass es noch mehr als Google gibt. Die erste Übung der letzten Woche, den eigenen Namen zu suchen. Das für sich genommen ist ja ein alter Hut, wenn man aber ein Dutzend Suchmaschinen quält, kommen interessante Dinge zum Vorschein.

G8Way Interview

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Drinking with style

Die zweite Woche in Stockholm ist halb vergangen. Ich mache organisatorische Fortschritte und beginne, richtig zu arbeiten. Das Wetter ist mäßig, aber ich laufe viel. Vorläufiger, aber wohl nicht endgültiger Höhepunkt: das schwedische Dinner.
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So, nochmal: jetzt aus dem Internet-Café schräg gegenüber

Also nochmal von vorne:

vergangene Woche war erwartungsgemäss recht stressig. Neben dem Ausräumen des Zimmers musste ich mich auf die Pruefung vorbereiten. Die lief zwar ganz gut, aber ich kam wohl nicht schnell genug auf den Punkt. Letztendlich wurde es eine 2,0 – ich hatte mir zwar insgeheim eine eins vor dem Komma erhofft gehabt, aber mit der knappen Vorbereitungszeit kann ich mich nicht wirklich beklagen.

Die Hausmeisterin war bei der Übergabe des Zimmers nicht vollkommen begeistert und zog mir 10 € dafür ab, dass sie nochmal in das Zimmer hereinschauen musste. Der Abschied von meinen Mitbewohnern war natuerlich bitter nach fast drei Jahren, die ich ziemlich genossen habe. Viel Zeit zum Trauern hatte ich aber sowieso nicht. Zuhause musste ich anfangen, meine Sachen zusammen zu packen. Am Abend stellte sich heraus, dass die Dachträger, die ich für meinen Golf besorgt hatte, nicht passten. Die Stimmung war am Kippen und ich ziemlich am Ende. Letztendlich lief es auf die denkbar ungewöhnlichste Lösung heraus: ich liess meiner Mutter mein Auto da und fuhr stattdessen mit ihrem Auto – in dem ist genügend Platz.

Ab Freitag ist alles wie Urlaub – wir fahren nach Hamburg, was weitgehend staufrei vor sich geht und bis auf eine ziemlich kritische Vollbremsung wegen eines stehenden Autos auf der Mittelspur ereignislos bleibt. Die naechsten Tage sind im Wesentlichen wie geplant. Wir muessen zwar an der Rödby-Fähre ziemlich lange warten, aber dafür sind Dänemark und Schweden praktisch staufrei. Das Ticket für Fähre und Öresund-Brücke kostet allerdings stolze 85,50 €.

Das Abholen des Schlüssels macht dagegen Probleme. Mein Name steht nicht auf der Liste und der Schlüssel meines Zimmers fehlt. Letztendlich erhalte ich eines der Zimmer nebendran, was mir auch recht sein soll. Meinem Zimmer stehe ich mit gemischten Gefühlen gegenüber: es ist in einem Container! In einem alten DASDING-Mitarbeiter weckt das schon heimelige Anwandlungen, aber der DING-Container lag nie in nächster Nachbarschaft einer Nahverkehrsbahnstrecke. Dazu ist hinter dem Haus auch noch eine Baustelle. Im Winter wird es sicher ziemlich kalt. Es ist auch etwas kleiner, Telefon und Fernsehanschluss gibt es nicht. Allerdings bin ich wohl in 5 Minuten in dem Hörsaal, wo ich meine Vorlesungen habe. Die Küche ist an sich ganz ok, wenn auch ziemlich schlecht ausgestettet. Dafuer gibt es Internetanschluss kostenlos dazu – wenn es mir nur gelingt, einen KTH-Account zu bekommen. Bei den Physikern scheinen aber alle in Urlaub zu sein, die dafür zuständig sind – sogar die Vertretung der Vertretung ist nicht im Lande. Auch in Sachen Sprachkurs bin ich auf diese Leute angewiesen. Ich kann nur hoffen, dass sie schnell genug zurückkommen.

Immerhin habe ich schon die Erstellung eines Bankkontos angestossen und mir eine Handykarte besorgt. Ich habe ja auch noch ein paar Wochen Zeit, bis ich mich eingerichtet haben muss. Miriam erkundet derweil Stockholm.

Gestern abend war die Begrüssungsparty für die Austauschstudenten hier. Das war ganz nett, auch wenn man sich natürlich vorwiegend mit Deutschen unterhalten hat. Morgen wird es eine Stadtrally geben – auch sonst hat das Orientierungsprogramm einiges wie Kino und Partys zu bieten.

Soviel für den Moment – ich mache mich dann mal auf den Rückweg.

Im KTH Accomodation Office

Kleiner Abriss ueber die letzte Woche: Panik!

Montag Vorbereitungen fuer meine Pruefung und Zimmer leerräumen.
Dienstag Räumen und Lernen.
Mittwoch Pruefung (2,0 – laut meiner PÅrueferin habe ich ein „enormes Wissen“, habe aber wohl zuwenig auf den Punkt geredet)

und jetzt muss ich gehen…