Die Hoffnung stirbt zuletzt oder the long way to a Rauchverbot

Nun ist es also endgültig gescheitert, das bundeseinheitliche Rauchverbot für Restaurants – und zwar aus verfassungsrechtlichen Gründen. Mein mittlerweile schon zum Dauergesang gewordenes Klagelied von der Unfähigkeit der deutschen Politik zu im Grunde harmlosen, aber mutigen Versuchen stimme ich hier nicht noch einmal an.

Ein paar Denkansätze will ich aber dennoch nicht unterschlagen.

  1. Das Verbot ist nun an verfassungsrechtlichen Bedenken gescheitert. Ich bin kein Jurist und gebe auch nicht vor, einer zu sein. Allerdings möchte ich doch mal die Frage in den Raum stellen, ob die Väter und Mütter des Grundgesetzes 1949 wirklich im Sinn hatten, einen Staat zu schaffen, in dem die Länder eigentlich nur unwichtige Dinge regeln dürfen, aber gleichzeitig noch Grund genug sind, Gesetzesentwürfe mit kontroversem Inhalt ins Nirvana zu schicken. Ich denke da wie die Redaktion der SZ an das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 GG). Mich würde da auch wirklich einmal interessieren, wo genau die Zuständigkeit der Länder sein soll – ich sage nur „Bundesrecht bricht Landesrecht“ (Art. 31 GG), und wenn diese Vorschrift eigentlich nicht den Zweck hat, den ich hier meine, so macht mir die ganze Sache doch deutlich bewusst, dass Deutschland erheblich besser bedient wäre, wenn es einen stringenten Aufbau wie die USA hätte. Dort dürfen die Staaten alles regeln, was der Bund nicht regelt. Die Städte dürfen alles regeln, was der Staat nicht regelt. Wenn man diese Pyramide auf das deutsche System übertragen könnte, könnten sich Länder durch eigene Steuern um ihre Staatsfinanzen kümmern und auch unkonventionelle Wege probieren. Dieser Wettbewerb hätte auch seine kritischen Seiten, würde aber auf alle Fälle die festgefahrenen Strukturen deutlich flexibler machen. In jedem Fall muss man den sündhaft teuren Länderparlamenten endlich Mittel an die Hand geben, einige Wege zu gehen, ohne dabei gleichzeitig den Bund handlungsunfähig zu machen. Dies würde den Landtagen endlich eine echte Daseinsberechtigung geben. Denn, seien wir mal ehrlich: wenn Kleinigkeiten wie eine Verbraucherschutzrichtlinie und ein Rauchverbot an den föderalen Strukturen scheitern, dann ist es um dieses System nicht gut bestellt. Der Föderalismus steht nicht zur Disposition, denn er ist schon aus historischen Gründen eine absolute Notwendigkeit. Eine Frischzellenkur könnte er aber dringend vertragen.
  2. Groteskerweise gibt es sogar eine Mehrheit für ein Rauchverbot in Restaurants, und auch die Umfragewerte für striktere Lösungen sind nicht gerade vernichtend. Die Politiker können sich also nicht darauf berufen, in der Bevölkerung gäbe es keine Mehrheit für erste Schrittein diesem Bereich.
  3. Welche politischen Kräfte stecken wirklich dahinter? Das erzkonservative Bayern prescht nun vor und wollen Schritte zu einem Rauchverbot unternehmen. Der aus einem ganz anderen Flügel der Union kommende Peter Müller gibt hingegen hirnfreie Sätze wie „Ob in Restaurants oder Bars geraucht werden darf, sollen Besitzer und Kunden entscheiden“ von sich. Meine Hoffnung bleibt, dass die Weitergabe der Entscheidung an die Länder zu einer Vielfalt der Lösungen wie bei den Ladenschlusszeiten führen wird. Wünschenswert wäre beispielsweise eine Vorreiterrolle der Großstädte. Wenn Berlin und Hamburg, aber auch bevölkerungsreiche Länder wie Nordrhein-Westfalen ein absolutes Rauchverbot in der Öffentlichkeit einführten, hätte das Signalwirkung für das ganze Land, denn hier sind so viele wichtige kulturelle Zentren. Wenn man in Berlin in keiner Kneipe rauchen darf, in Stuttgart aber schon, dann werden bald die Unterschiede und vor allem die Vorteile sichtbar werden, die ein solches Verbot hat. Groteskerweise könnte dies aber wieder an die Grenzen der Verfassung gehen, denn die Lebensbedingungen sollen ja überall gleich sei – der Barkeeper im Raucherland riskiert dann täglich seine Gesundheit, der im rauchfreien Land nicht. Mich würde interessieren, wie da das Bundesverfassungsgericht entscheiden würde.
  4. Wo bleibt die EU? Bisher gibt sie nur mahnende Worte und Absichtserklärungen von sich. In unserem schönen bald 27 Länder umfassenden Staatenverbund kann man nicht nur überall arbeiten und leben. Es sind auch viele Dinge geregelt, die nach Ansicht vieler (um nicht zu sagen fast aller) gar nicht von der EU geregelt werden müssen. Die Form von Gurken beispielsweise oder die Beschaffenheit von Traktorsitzen. Eine EU-Richtlinie zum Rauchverbot in allen öffentlichen Plätzen würde dem ganzen Drama in Deutschland endlich ein Ende setzen. Und ganz nebenbei den Millionen Europäern helfen, die bisher noch nicht einmal ein Rauchverbot in ihrem Land in Aussicht haben.
  5. Die Hoffnung stirbt zuletzt – vor 20 Jahren hatten wir Kalten Krieg, in 20 Jahren bestimmt auch ein Rauchverbot

In diesem Sinne: ich geh jetzt keine rauchen.

Nicht aufregen (Update)

An meinem heutigen Geburtstag rege ich ich mich aus Prinzip nicht auf. Daher nur die Feststellung, dass Lobbyisten eines Tages das Ende der westlichen Welt sein werden.

Update: Vielleicht kann man den Herrschaften der CDU über abgeordnetenwatch.de mal fragen, wieso sie das Rauchverbot nun plötzlich kippen wollen. Eigentlich könnte man gleich bei der Tabaklobby nachfragen.

Übrigens: Aufregen darf sich auch der schwedisch Astronaut Christer Fuglesang nicht. Der sitzt nämlich noch am Boden nach einem Startabbruch.

Morgen dann endlich: tolle und weniger tolle Nobelfotos zum großen Nobelwochenende!

Crazy times

  • Tragisch: In Russland muss IKEA sein neuestes Kaufhaus in Nischni Nowgorod für 30 Tage schliessen, weil es ein Gericht angeordnet hat. Der Grund: ein fünfjähriger Junge kam um, weil ein Kunde die Kontrolle über seinen Einkaufswagen verlor und die 200 kg schweren Einkäufe aus dem Wagen und auf den Jungen fielen.
  • Erfreulich: Christer Fuglesang wird morgen als erster Schwede mit dem Space Shuttle ins All fliegen. Mit dabei sind vier andere Weltraum-Neulinge und Elchwurst
  • Störrisch: Margot Wallström will immer noch nicht aus Brüssel zurückkommen, um den sozialdemokratischen Karren aus dem Dreck zu ziehen. Das hat sie zwar schon hundert mal gesagt, aber man kann ja immer nochmal fragen.
  • Skandalös: Zwei Jungs haben in der Schule schmutzige Wörter an die Tafel geschrieben. Daraufhin zeigte die Lehrerin ihre Brüste. Nun wurde sie dafür verurteilt. Schade, dass mir das in der Schule nie passiert ist. Also das mit den Brüsten, nicht die Verurteilung.
  • Diskriminiert: Eine Eishockeyjungenmannschaft einer Schule posiert seit Jahren mit nacktem Oberkörper im Jahrbuch der Schule. Nun wollte die Mädchenmannschaft gleichziehen, und wurde von der Schulleitung gestoppt. Die Zeitungen sind entrüstet angesichts derartiger Ungleichheit – die Schulleitung entschuldigte sich unbeholfen.
  • Ausgelassen: eine christliche Schule in Arkansas hat beschlossen, das bisherige absolute Tanzverbot zu lockern. Ab sofort sind Tänze zu genehmigten Anlässen erlaubt, sofern es sich um solche mit „strukturierten Bewegungsmustern“ handelt. Ordnung muss sein – get the party started.
  • Gefährlich: als glatzköpfiger Elvis-Imitator lebt hat man es fast genauso schwer wie als Ex-KGB-Spitzenagent. Dieser kahle Waliser musste jedenfalls schon Todesdrohungen hinnehmen.
  • Unglaublich: der HSV hat 3:2 gewonnen. Ich dachte erst, der Online-Ticker wäre kaputt.

ÖPNV-Wunderland

Neue Kampagne Media Markt (1)

Die neue Media Markt-Kampagne – Übersetzung eigentlich unnötig

SL, seines Zeichens Nahverkehrsverbund für ganz Stockholms Län, ist in vieler Hinsicht einzigartig.

Er ist beispielsweise ein Kabinett der Absurditäten. Obwohl die Züge der U-Bahn hochmodern sind und so langsam wohl auch der allseits verhasste Nahverkehrszug Pendeltåg unter neuer Führung ab und an pünktlich kommt, leistet man sich allerhand Anachronistisches. Vor allem gibt es keine Fahrkartenautomaten – ja, diese nicht gerade moderne Einrichtung hat Stockholm noch nicht erreicht. Den Verkauf von Einzelkarten nehmen dann Leute in den Kabinen am Stationseingang vor. Zwar will ich meine Partei hier nicht anschwärzen, aber mir kommt es manchmal so vor, als seien diese Arbeitsplätze das Ergebnis einer verzerrten sozialdemokratischen Philantropie. Denn man scheint bewusst einiges in Kauf zu nehmen, um diese Jobs zu erhalten – koste es, was es wolle, im wahrsten Sinne des Wortes.
Wenn beispielsweise ein solcher Fahrkartenverkäufer Pause macht – und das kommt meiner Einschätzung nach ziemlich oft vor – dann kann jeder die Sperre vor ihm ganz offiziell passieren, ohne ein Ticket kaufen zu müssen. Es ist die amtliche Absegnung der Schwarzfahrerei. Ohne zu übertreiben kostet so eine 10minütige Pause den SL mehr, als dieser Mitarbeiter in der Stunde verdient. Hinzu kommt, dass diese Leute auch nicht gerade ein Beitrag zum Service sind. Drückt irgendein Idiot am Wochenende auf den „Nödstopp“ der Rolltreppen, so bequemt sich dieser nicht etwa mit dem entsprechenden Schlüssel hin und wirft das Gerät wieder ein an. Nein, notfalls steht sie es bis Montagmorgen.
Ebenso seelenruhig schauen sie auch zu, wenn Schwarzfahrer die elektronischen Sperren überspringen. Noch schlimmer ist es, wo es solche Sperren gar nicht gibt und sie die Fahrkartenkontrolle direkt übernehmen. Schwarzfahren kann man hier eigentlich immer, wenn man sich nicht allzu blöd anstellt.

.SE Reklam Pamuk

Die Domainendung .se ist in Schweden nicht allzu beliebt – .nu und .com werden nämlich sehr gerne genutzt. Daher macht man jetzt Werbung für .se-Domains und nimmt dazu auch gerne den aktuellen Literaturnobelpreisträger zu Hilfe. Ich nehme allerdings nicht an, dass der diese Woche Busse fahren wird.

Sicherlich kann man ihnen die letzteren beiden Dinge im Interesse ihrer eigenen Sicherheit nicht wirklich vorwerfen. Dennoch stellt man sich die Frage, was diese Menschen mehr tun als ein Fahrkartenautomat mit Abstempelfunktion. Man kann bei ihnen ja nicht mal alle Fahrkartensorten erwerben. Ausser 10er-, 20er- und Einzeltickets gibt es bei ihnen nämlich nichts zu kaufen – den Verkauf von Dauerkarten aller Art übernehmen Kioske.
Es gibt übrigens einen Pilotversuch für die Einführung von Fahrkartenautomaten – diese verkaufen aber nur Dauerkarten.

Der Gipfel der Absurdität kommt in der aktuellen Debatte um die Busfahrer. Die wurden in der letzten Zeit nämlich des Öfteren ausgeraubt, was schon einmal kurzzeitig zu der Massnahme führte, dass sie keine Karten mehr verkaufen durften, um keine Geldbestände an Bord zu haben. Ab 1.1.2007 ist das nun auch der Dauerzustand: Karten gibt es an Bord nicht mehr. Ein paar hellen Köpfen bei SL und den regionalen Behörden ist nun dann auch schon gedämmert, dass man dann ja nirgendwo mehr Karten kaufen kann, es sei denn, ein Kiosk ist unmittelbarer Nähe der Haltestelle.

Manchmal scheint es mir nicht verwunderlich, dass die Monatskarte über 60 € kostet.

Für manche Dinge kann der SL aber wenig. Als im Frühjahr der Versuch zur Gedrängesteuer („Trängselskatt“) genannten Stadtmaut für Stockholm lief, wurden die Einnahmen daraus direkt in den öffentlichen Nahverkehr gepumpt. Heraus kamen u.a. eine Menge Buslinien, die zur Kenntlichmachung mit einem X versehen wurden. Das erweiterte Budget für 2006 konnte wegen des Machtwechsels nicht mehr gesichert werden. Dementsprechend fallen die X-Linien von 151X bis 815X dem Rotstift zum Opfer. Die kürzen Intervalle der U-Bahn bleiben aber glücklicherweise erhalten – wenn sie denn nicht von technischen Problemen geplagt ist.

Die neue Regierung hat auch schon erste Massnahmen beschlossen. So soll im nächsten Jahr eine verbilligte Monatskarte für Studenten eingeführt werden (endlich!). Dafür wird aber die reguläre Karte teurer und das Zonensystem für die Tarife der Einzelfahrkarten wird auch wieder eingeführt.

Richtig weit vorne ist SL in Sachen Umwelt. Sie machen derzeit Werbung mit dem hier:

SL Biogas (1)

SL Biogas (2)

Darauf bedankt sich SL bei all denjenigen, die kürzlich Sushi, Köttbullar usw. gegessen haben. Der Grund: aus den Abwässern Stockholms wird Biogas gewonnen, mit dem die Biogasbusse fahren.
Na dann Guten Appetit!

PS: Der Anlass dieses Artikels ist meine heutige Busfahrt hierher, auf der ich diese Fotos geschossen habe.

Ein Kessel Buntes

Weil mir nach den letzten trockenen Themen hier gerade mal nichts dringendst auf den Nägeln brennt (außer meine wie fast immer festgefahrenen Studien), beginne ich die Woche, in der ich voraussichtlich 26 werden werde, mit einem bunten Streifzug dessen, was mir so über den Weg gelaufen ist.

Letzten Freitag war ich beim deutschen Stammtisch, der irgendwie mit der deutsch-schwedischen Handelskammer zusammen hängt, aber offiziell nichts mit ihr zu tun. Während ich also noch nicht wirklich begriffen habe, wie die Organisation hinter dieser Veranstaltung funktioniert, steht aber zumindest fest, dass er jeden ersten Freitag im Monat um 20 Uhr in der Gaststätte „Löwenbrau“ in Kungsholmen (das ist eine der Inseln von Stockholm) stattfindet. Gut 30 Deutsche und Schweden (welche natürlich deutsch sprechen) waren dort, alle ziemlich jung. Highlight neben netten Gesprächen war das authentische Bier: Bitburger und Erdinger so gezapft, wie es sich gehört und dazu auch noch ohne unpassende „Extras“ wie Zitronenscheiben.

Samstag war ich auf dem Skansen-Weihnachtsmarkt und im neuen Bond-Film. Beides sehr gut – alles weitere dieses Tages wird nicht öffentlich, aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass es weit weniger gut war.

Seither herrscht Lethargie, auch ob dieser wunderbar kurzen Tage im Moment. Heute war Sonnenuntergang schon vor 15 Uhr und das Wetter gewohnt schlecht. Zur Krönung habe ich auch noch die Küche geputzt. Es wird Zeit, dass ich meine kitschige Weihnachtskette anbringe, um Licht ins Dunkel zu bringen. In dieser Hinsicht zuvorgekommen ist mir Yvonne, eine Freundin von mir. Die hat ihren Lichterbogen aufgestellt und ist in damit Sachen Stil weit vor meiner Blinkmaschine.

Was ist sonst noch so passiert?

Die Frage würde sich gar nicht erst stellen, wenn ich ganz großer KSC-Fan wäre – was ich aber zugegebenermaßen langsam werden. Die Jungs spielen nämlich unglaublich gut diese Saison, was meine Theorie bestätigt, dass meine Abwesenheit ein Segen für den badischen Fußball ist. Zumindest den mittel- und nordbadischen. Freiburg ist in der Zeit ja nicht wirklich vom Fleck gekommen.
Im Moment ist aber die Trauer groß – der KSC hat seine Serie nach 14 Spielen beendet und wurde von Erzgebirge Aue mit 1:0 geschlagen. Jammerschade, denn nun ist Hansa Rostock die einzige Mannschaft im europäischen Profifußball, die ungeschlagen ist. Naja, Aufbau Ost muss ja auch vorankommen.

Zum Abschluss noch ein kleines Fundstück, auf das Jörn gestoßen ist: irgendwelche Idioten schicken ja immer noch die wahnsinnig tolle Entdeckung herum, dass wenn man in Google „failure“ oder auch „miserable failure“ eingibt, die Homepage von George W. Bush kommt. Man solle das ganz schnell anschauen, bevor Google das wieder entferne – nun, auch nach 2 Jahren ist es noch da. Der Grund ist simpel: Google wertet Links aus, und da die Homepage von W ziemlich hoch im Kurs steht, ist es eben auch bei diesen Suchbegriffen ganz weit vorne.

Wie aber die Suche „mail to news“ als ersten Treffer eine Feministenseite ausspuckt, ist mir ein Rätsel:

Ich habe gleich einen Screenshot davon gemacht, denn das ist definitiv ein Fehler, weil die Suchbegriffe darin gar nicht vorkommen, und wird wohl bald aus der Datenbank verschwinden. Lustig ist es trotzdem.

PS: keine Sorge – es ist Nobelwoche und bald kommen auch wieder bildliche Kontraste zu diesen Textwüsten.

Verraucht

Der schlimmste Fall ist nicht gekommen: die von der Union vorgeschlagene idiotische Regelung zu Rauchverboten in öffentlichen Räumen hat sich nicht durchsetzen können.

Die jetzige Lösung verspricht zumindest eine Reduktion. Auch unnötige Bürokratie wird vermieden, denn nach den Meldungen im September hätten Kneipenwirte bangen müssen, ob ihre Räumlichkeiten mehr oder weniger als 75 Quadratmeter umfassen – Schildbürgerstreiche mit künstlichen Verkleinerungen (eine hübsch dekorierte Holzwand löst das Problem) werden also ausbleiben.

So wird man künftig glücklicherweise zumindest Essen gehen können, ohne von Rauch belästigt zu werden. Immerhin.

Dennoch ist es zu wenig, viel zu wenig. Wenn man sich die mutigen Entscheidungen anschaut, die in ganz Europa getroffen wurden, ist es geradezu erbärmlich. Regierungen unterschiedlichster Richtungen konnten sich dazu durchringen, was in Deutschland offenbar so schwierig scheint. Auch der Raucheranteil des Landes spielte keine Rolle – die Franzosen und Italiener, bei denen Rauchen wohl fast schon ein nationales Kulturgut ist, haben es ebenso durchgesetzt wie die vergleichsweise raucharmen Schweden. Das Echo ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, positiv. Kneipen erleben keinen Gewinneinbruch, selbst Raucher sind mit der Regelung zufrieden und sehen das Rauchverbot in Umfragen positiv.

Der Hintergrund dieser Mittellösung ist klar: die Tabaklobby hat wieder mächtig davon gejammert, dass damit der Wirtschaft erheblichen Schaden entstünde und – damit kriegt man heutzutage letztendlich alle – Arbeitsplätze verloren gehen könnten. Schon war der hehre Ansatz vom absoluten Rauchverbot gekippt. Letztendlich ist es nicht mehr als die Demonstration der Unfähigkeit der deutschen Politik, Reformen anzugehen. Statt Mut zu beweisen und Dinge zu versuchen, will man niemandem auf die Füsse treten. Heraus kommt etwas, das mittlerweile genauso zum Schipfwort geworden ist wie Reform: ein Kompromiss. Das bedeutet in Deutschland nicht nur, dass man sich für etwas entschieden hat, mit dem alle leben können. Zusätzlich beinhaltet es, dass man sich für etwas entschieden hat, das keiner gut findet. Nebenbei zementiert es die eigene Bewegungsunfähigkeit zur endgültigen Erstarrung.

Fakt ist jedenfalls, dass die Akzeptanz des Rauchens als ein jedem offenstehendes Genussmittel eine Lüge vor sich selbst ist. Würde man die Zahl derjenigen ermitteln, die die im Vergleich zu Zigarillos und Zigarren doch recht minderwertigen Zigaretten nur aus dem Motiv heraus rauchen, dass es angeblich gut schmecke, so würde man auf einen verschwinden geringen Anteil kommen. Nikotin gehört zu den am schnellsten süchtig machenden Substanzen – manche sehen es in der Hinsicht sogar noch vor Heroin. Dass man täglich eine Schachtel aus Genuss raucht, ist Blödsinn, und die Raucher wissen das eigentlich auch. Die allermeisten rauchen aus Bequemlichkeit oder Unfähigkeit weiter.

Vielleicht sollte man sich in Bundestag und Bundesrat einmal vergegenwärtigen, dass man auch die Aufgabe hat, Gesellschaftspolitik zu machen. D.h. man hat eine Vision davon, wie die Gesellschaft von morgen aussehen soll. Und dass in diesem Morgen möglichst wenige Menschen nikotinsüchtig sein sollten, versteht sich eigentlich von selbst.

Immerhin beginnt ein langsames Umdenken. Ab nächstem Jahr kann man endlich nicht mehr ohne Altersnachweis auf der Strasse Zigaretten kaufen. Und wenn sich dann Raucher endlich einmal davonstehlen müssen, um in Raucherecken ihrer Sucht nachzugehen, anstatt dass sich die Nichtraucher permanent der Ignoranz mancher ihrer Mitmenschen aussetzen müssen, ist zumindest ein erster Schritt getan.

Wer hat Angst vorm…

Der moderne Mensch sieht sich nur noch wenigen Bedrohungen ausgesetzt – die Rationalität hat Einzug gehalten, so dass Vulkanausbrüche nicht mehr notwendigerweise der Zorn der Götter sind. In der Schifffahrt muss man nicht mehr befürchten, vom Rand der scheibenförmigen Erde zu fallen, und man hat sogar akzeptiert, dass der Aderlass und starke Stromströße deutlich weniger gesund sind, als man früher annahm. Eigentlich sind alle Risikofaktoren auf rein vernunftbegabte Abschätzungen heruntergebrochen worden.

Aber es gibt Ausnahmen.
Eben beispielsweise durfte ich in epischer Breite im Podcast vernehmen, welche bösen Viren von überall her auf uns einschwirren und vor was man gefälligst Angst haben sollte.

Viel schlimmer ist es aber bei Radioaktivität. Eine vermeintlich seltene Strahlung, die man nicht sieht, spürt, hört oder schmeckt, scheint perfekt zu sein, um irrationalste Ängste hervorzurufen. Kürzlich fuhren wir ja mit einem Mietwagen nach Gävle. Ich habe mich gefragt, wie der Mann am Schalter der Tankstelle reagiert hätte, wenn er gewusst hätte, dass wir radioaktive Quellen dabei haben. Zumindest zögerlich, schätze ich. Es ist genau die Art Angst, die 1986 zu absurdesten Reaktionen auf die Katastrophe von Tschernobyl geführt.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die aktuelle Berichterstattung über den Fall Litwinenko diese Ängste nur anheizt. Überall lauert die Gefahr, ist die Botschaft – schließlich kann man sich radioaktive Stoffe problemlos besorgen.
Was dabei gerne übersehen wird, ist, dass wir ohnehin die ganze Zeit von Strahlung umgeben sind. Salz mit Kalium ist radioaktiv. Aus allen Wänden verströmt der Beton Radon, ein Edelgas, das hierdurch allgegenwärtig ist, wenn auch in geringen Konzentrationen. Die Zerfallsprodukte können sich in der Lunge ablagern und dort ab und zu einmal Krebs erzeugen. Bevor jetzt jemand aufschreckt: das ist die sogenannte natürliche Radioaktivität – die war schon immer da, und wird auch immer da sein. Dass sie auch schaden kann, ist eine Frage der Wahrscheinlichkeit. Laut Wikipedia sind 10% aller Lungenkrebsfälle durch Radon verursacht – also 4.000 im Jahr in Deutschland. Es sterben allerdings 6.000 Menschen jedes Jahr in Verkehrsunfällen. Der einfache Schluss: es ist gefährlicher, Auto zu fahren, als Radon einzuatmen. Solche plakativen Beispiele sollen nur verdeutlichen: Radioaktivität erhöht in den allermeisten Fällen nur das Risiko.

Dem sind sich die meisten Menschen natürlich nicht bewusst, und das ist auch nur zu gut verständlich. Doch ich stelle mir schon die Frage, ob durch die Medien irrationale Ängste nicht zunehmen.

Momentan ist es Polonium, das zum ultimativen Teufelszeug gemacht wird. Dass so gut wie jedes Schwermetall hochgiftig ist, fällt hier unter den Tisch. Zudem ist es auch nicht der einzige Alpha-Strahler. Entgegen der landläufigen Meinung, dass Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlen nach deren Gefährlichkeit benannt sind, ist es nämlich so, dass gerade die Alpha-Strahlung zwar sehr kurze Reichweiten hat, dafür aber auf dieser sehr viel Energie abgibt und damit Körperzellen schnell schädigt. Auch unterschlagen wird dabei, dass auch andere Polonium-Isotope als Teil der natürlichen Radioaktivität in der Luft sind – und sie sind alle radioaktiv.

Polonium wird also nicht unbedingt der Nachfolger von Zyankali als Lieblingsmordinstrument für Schwiegermütter werden. Wenn man es sich leisten kann, könnte zum Beispiel auch Plutonium nehmen – der Iran bietet demnächst sicher günstig welches an 🙂

Litwinenko ist wahrscheinlich schlicht daran gestorben, dass er erhebliche Mengen des Metalls im Körper hatte und sowohl an den Vergiftungs- als auch an den Strahlungsschäden gestorben ist. Gerade letztere entstehen übrigens um ein Vielfaches stärker, wenn die Quelle im Körperinnern ist. Dort ist nämlich auch das Gewebe für solche Einwirkungen schlechter gerüstet.

Das Ende der Litanei: ich würde mir wünschen, dass ich solche Sätze nicht mehr lesen muss, weil die Leute bei radioaktivem Material nervös werden:

An Bord der beiden Maschinen nur „sehr niedrige“ radioaktive Spuren entdeckt worden, teilte British Airways mit. Das Risiko für Unbeteiligte sei „gering“.

PS: Scotland Yard hat übrigens auf den Maschinen nicht nachgesehen, um Bürger vom Killermaterial Po-210 zu schützen. Das war schlicht und einfach Spurensicherung.

Satire online

Als ehemaliger TITANIC-Abonnent versorge ich mich heute über das Netz mit Satire. Dazu dient mir natürlich nicht zuletzt die Homepage des Magazins.

Neuerdings hat die Seite auch gewissermassen noch einen Ableger, nämlich die SPAM-Seite von SPIEGEL Online, wofür sich der ehemalige TITANIC-Chefredakteur Martin Sonneborn verantwortlich zeigt.

In letzter Zeit beobachte ich bei mir aber eine gewisse Müdigkeit gegenüber des Humors dort. Es scheint mir, dass die Redakteure die immer gleichen und mittlerweile recht ausgelutschten Stilmittel anwenden. Besonders fällt mir auf:

  • Man versucht eine Pointe einzubauen, indem man in einer Klammer einen vorher nicht dagewesenen Bezug herzustellen versucht. Aktuelles Beispiel: in SPAM wird eine Online-Umfrage mit der Frage

    Welche Länder sollen Ihrer Meinung nach noch mehr Truppen nach Afghanistan schicken?

    gemacht. Unter den Antworten befindet sich

    Deutschland jedenfalls nicht, wir haben schon genug geleistet (20. Jahrhundert)!

    Ist das komisch? Beim ersten Mal vielleicht ja, aber nach dem 30. Mal wirkt es doch sehr bemüht. Ähnliches Beispiel vom 13.11.2006 aus der TITANIC

    Daum: Absage an Telekom

    (…) Daum betonte aber auch, daß die Telekom ihm eine Herzensangelegenheit sei. Schließlich sei er mit einem Telefon großgeworden und habe mit dem Internetanschluß der Telekom unvergeßliche Erfolge gefeiert (Kokain-Großbestellung 1999). (…)

  • In diesem Zusammenhang werden gerne ungebräuchliche Abkürzungen verwendet. Beispielsweise „i.e.“, das der Anglophile als Entsprechung zu „d.h.“ kennen dürfte. Mit derlei Kunstgriffen mag zwar eine gewisse Intellektualität entstehen, die die Macher sicherlich haben – aber für mich ist da eher die Frage, ob man sich dabei nicht zuweit von den zu parodierenden Medien entfernt, denn sowas dürfte auch in DIE ZEIT oder der FAZ selten anzutreffen sein.
  • Die immer wieder angebrachten Anspielung auf den Zigaretten- und Alkoholkonsum der Redaktion sind auch nicht gerade neu.
  • Der SPAM-Rubrik sieht man leider viel zu sehr an, von wem sie gemacht ist. Dass man die entrüstete Kritik einiger Leser an den Beiträgen in voller Länge einbringt, steht zwar in der guten Tradition „TITANIC-Leser stellen sich vor“, ist aber nicht einmal halb so amüsant, und die Kritik leider auch ziemlich berechtigt. Richtig gute Lacher waren bisher jedenfalls die Ausnahme. Kurze Stücke mit häufig mässigen Pointen dominieren das Bild. Sich über Hinterbänkler im Bundestag lustig zu machen oder vermeintliche Heimatkunde zu betreiben geht leider auch am Ziel vorbei, wenn man es mit brillianten Aktionen wie den Einsätzen als falsches Wahlkampfteam für die SPD oder die FDP vergleicht. Dass derartige Perlen der TITANIC-Vergangenheit nun recycelt werden, ist zwar gut gemeint, aber dass man einen schon ziemlich angestaubten Anti-Nazi-Werbespot wieder bringt oder ohne jeglichen aktuellen Bezug darüber berichtet, wie man einmal Eckart von Klaeden auf dem Höhepunkt der CDU-Spendenaffäre vor 7 Jahren hereinlegte, zeugt vielmehr von der Misere des ganzen Angebots.

So brilliant das TITANIC-Magazin oft ist – SPAM sollte ein getrenntes Angebot sein und statt drei mässigen Beiträgen lieber zwei gute veröffentlichen. Die tagesaktuellen Comics sind auf alle Fälle mal ein Ansatz.
Die neue Seite des TITANIC-Magazins ist in vieler Hinsicht auch besser als die alte. Aber auch könnte man Qualität durch Quantität ersetzen. Die exzellente Rubrik „Vom Fachmann für Kenner“ ist etwas, was ich mir täglich wünschen würde.

Es lohnt sich in dem Fall auch mal ein Blick über den Teich. Dort produziert The Onion eine tagesaktuelle Satire-Zeitung mit garantiert erfundenen Meldungen. Das ist in vieler Hinsicht besser als Satire auf die Internet-Nachrichtenseiten als SPAM.

Kansas Outlaws Practice Of Evolution

The Onion

Kansas Outlaws Practice Of Evolution

TOPEKA, KS—Any living being that undergoes genetic modification favoring survival could face jail time under the new law.

Da lache ich mich zwar nicht tot, aber die Nachrichtensatire ist treffend und erweckt auf den ersten Blick den Anschein richtiger Nachrichten. The Onion bezeichnet sich ja auch als „America’s finest news source“. Dorthin muss SPAM mit seinem erfundenen Bundespräsident Bob Schneider erst noch kommen.

Polit-Ticker (5): Ganz kurz

Zurück aus Åland geht es mit dem Tagesgeschäft weiter.

Daher nur eine wahnsinnig spektakuläre Meldung heute: die Verantwortlichen für den grossen Spionageskandal im Wahlkampf werden nun angeklagt – insgesamt stehen 6 Leute auf der Liste. Der Prozess soll im Januar beginnen.

Sehr interessieren würde mich aber auch, was mit dem Folkpartiet-Stadtrat passiert ist, der in einem Pornokino festgenommen wurde.