Right Livelihood Award – der „alternative Nobelpreis“ und ein gelungener PR-Coup

Eher dünn besetzt: die Pressekonferenz des Right Livelihood Award 2009 (Bild: Prolineserver 2010, Wikipedia/Wikimedia Commons (cc-by-sa-3.0))

Er ist heute unter den aktuellen Meldungen , aber viel mehr Aufmerksamkeit bekommt er auch nicht: der Right Livelihood Award, ein Preis, der jedes Jahr an Menschen vergeben wird, die Gutes tun für unseren Planeten und seine Bewohner.

Eine schöne Sache, dass es so etwas gibt. Doch etwas macht diesen Preis so besonders: die Bezeichnung „alternativer Nobelpreis“. Diese wird in den deutschen Medien so penetrant verwendet, dass es schon in der Überschrift steht. Vor einiger Zeit hörte ich eine Folge der Talksendung „SWR1 Leute“, bei der dieser Begriff so verwendet wurde, als sei es der offizielle Name.

Die deutschsprachigen Medien sind auch so ziemlich die einzigen, die diesem Preis eine nennenswerte Bedeutung zumessen – bei den Pressekonferenzen des Awards sieht es ansonsten ziemlich leer aus. Selbst die schwedischen Medien interessiert das alles nur sehr bedingt, und wenn man heute mal bei Google News in internationalen Medien sucht, ist das Ergebnis dürftig.

Warum ausgerechnet Deutschland so auf diese Sache anspringt, weiß ich nicht. Vielleicht hat man in den anderen Ländern einfach erkannt, wieviel Schaumschlägerei dieser Preis im Grunde ist.

Warum dieser Preis nie zu einem Nobelpreis werden konnte

Die Legende geht nämlich so, dass Jakob von Uexküll einst der Meinung war (und immer noch ist), es bräuchte einen Nobelpreis für Ökologie, Menschenrechte und andere philanthropische Aktivitäten. Daher verkaufte er seine Briefmarkensammlung, was die stolze Summe von 1 Million US-Dollar erbrachte.

Er wandte sich an die Nobelstiftung und wollte mit dem Geld einen oder zwei neue Nobelpreise einrichten. Diese lehnte jedoch ab, und alle Welt glaubt bis heute, dies sei alleine so, weil die Stiftung einfach keinen neuen Preis einrichten wollte. Wohl auch, weil man nach den doch eher zwiespältigen Erfahrungen mit dem ab 1969 verliehenen „Preis für Wirtschaftswissenschaften der schwedischen Reichsbank in Gedenken an Alfred Nobel“, besser bekannt als Wirtschaftsnobelpreis, keine Erweiterungen an dem Preis mehr machen wollte.

Klingt schön, aber man kann doch stark bezweifeln, dass das so stimmt. Zum Einen musste von Uexküll damit rechnen, dass die Nobelstiftung nein sagen würde. Diese Organisation existiert nämlich einzig und allein zu dem Zweck, das Vermögen Alfred Nobels zu verwalten und die Erträge im Nobelpreis auszuteilen. Alles jenseits dessen darf nicht aus diesem Geld finanziert werden.

Wenn die Nobelstiftung also ihr Tätigkeitsfeld ausdehnt, dann ist nicht nur der gewaltige Effekt in der Öffentlichkeit zu beachten, der hierdurch zwangsläufig entsteht. Es muss auch die Finanzierung dieser Aktivitäten sichergestellt sein.

Und genau hier hat die ganze Sache einen massiven Haken. Die schwedische Reichsbank hat genug Geld, um auf lange Sicht die Preissumme und auch alle anderen anfallenden Kosten zu finanzieren. Von Uexküll hingegen hatte nur 1 Million US-Dollar, was im Jahr 1980, als er das Angebot machte, maximal 4.530.000 schwedischen Kronen entsprach.

Der Preis hätte nie finanziert werden können

Der echte Nobelpreis hatte im Jahr 1980 aber eine Preissumme von 880.000 schwedischen Kronen. Es hätte also zwei Möglichkeiten gegeben: man hätte Uexkülls Geld investieren können und den neuen „Nobelpreis“ von den Zinsen nehmen können. Dazu hätte man aber einen jährlichen Ertrag von fast 20% erzielen müssen – ein Wert, der mit seriösen Methoden niemals dauerhaft erreicht werden kann. Die Alternative wäre gewesen, das Geld auszugeben, was aber bedeutet, dass nach 5 Jahren ohne Hilfe von außen Schluss gewesen wäre.

Und bei all dem ist noch nicht einmal eingerechnet, dass für Verwaltung, Verleihung etc. auch Kosten anfallen.

Kurzum: Jakob von Uexküll hatte zu keiner Zeit das Geld, um einen, geschweige denn zwei „Nobelpreise“ zu stiften. Selbst wenn die Nobelstiftung weitere Preise hätte hinzufügen wollen, so hätte sie das Angebot ablehnen müssen, weil eine nachhaltige Finanzierung unmöglich hätte gewährleistet werden können. Es wäre unverantwortbar gewesen, jemandem, der mit einer 1 Mio. US-Dollar und guten Absichten hereinschneit, einen neuen Quasi-Nobelpreis zuzugestehen. Und auch wenn es böse klingt: Jakob von Uexküll hatte schlichtweg nicht das Format, das dem Nobelpreis angemessen wäre.

Es fällt mir schwer, zu glauben, er habe das nicht gewusst und sei so naiv gewesen, etwas anderes anzunehmen.

Der „Right Livelihood Award“

Das Ganze erscheint mir eher als ein brillanter PR-Trick: die Aufmerksamkeit aus einem aussichtslosen Angebot an die Nobelstiftung zu benutzen, um die inoffizielle Bezeichnung „alternativer Nobelpreis“ für sich zu reklamieren. Die Stiftung des Right Livelihood Award verwendet die Bezeichnung gerne und oft in Anführungsstrichen (um keinen Ärger mit der Nobelstiftung zu kriegen).

Von Uexküll Egomanie vorwerfen möchte ich nicht. Zwar sieht die ganze Aktion schon ein bisschen nach dem Versuch eines Berufsphilatelisten und Weltverbesserers aus, sich in eine Reihe mit einer historischen Figur wie Alfred Nobel zu stellen. Aber im Zentrum der Veranstaltung steht nicht er, sondern die Preisträger.

Das ist wohl auch besser so, denn sein Geld von damals ist natürlich schon lange weg. Das Preisgeld – dieses Jahr immerhin 800.000 € (auf vier Preisträger verteilt) – wird aus Spenden finanziert, und die Homepage der Stiftung wirbt mit Steuervergünstigungen für Spendebereite.

Es mag eine schöne Sache sein, Menschen, die Gutes tun, einen Preis zu geben, damit die Welt von ihren Taten weiß und auf dass sie mit ihrem Preisgeld weiterarbeiten können. Auf die Posse, es handele sich hier um einen verkappten Nobelpreis, den die Nobelstiftung trotz der edlen Absichten schroff ablehnte, sollte man aber nicht hereinfallen.

TÜV mit Hindernissen

Blick nach draußen: optimales TÜV-Wetter...

Ich hatte mir alles so schön ausgedacht: rechtzeitig vor dem Winter wechsele ich die Reifen und lasse die Tachobeleuchtung im Armaturenbrett reparieren. Dann kann ich vor Schnee und Eis zu Bilprovningen, dem schwedischen TÜV, fahren und die Sache ist erledigt. Es läuft hierzulande nämlich so, dass man je nach Endziffer des Kennzeichens jedes Jahr in einem bestimmten Zeitraum zur Überprüfung muss. Bei mir ist das September bis Januar.

Brillanter Plan mit Hindernissen

Da es bei sehr kaltem Wetter schonmal passieren kann, dass die Türen nicht mehr aufgehen (letzten Winter musste ich einmal durch den Kofferraum einsteigen), und dies für ein Bestehen der Kontrolle nötig ist, dachte ich mir, ich mache es schlau, bereite das Auto vor und gehe so früh, dass ich den Winter komplett umgehe.

Tja, Pustekuchen.
Nicht nur meine kreuzdämliche Reifenwechselaktion war ein Desaster. Es erwies sich auch, dass das Licht am Tacho nicht nur kaputt war, sondern auch einen Wackelkontakt hat. Zu allem Überfluss ging nun auch noch die Temperatur zeitweise auf -17°C herunter, so dass ich befürchten musste, die Batterie wäre bald sehr leer und ich würde mit vereisten Türen nichtmal vom Parkplatz wegkommen. Nach einer panischen Aufladeaktion letztes Jahr hatte ich auch hier „vorgesorgt“ und mir einen neuen Parkplatz mit Stromanschluss besorgt. Dumm nur, dass der Stromzugang ausschließlich über Zeitschaltuhr geht. Einfach mal ne Nacht aufladen ist nicht vorgesehen – sehr schlau. Immerhin konnte ich mir jetzt eine Standheizung für Arme bauen: Verlängerungskabel durchs Fenster und Heizlüfter drinnen. Funktioniert bemerkenswert gut, solange das Fenster nicht so vereist ist, dass man es nicht öffnen kann.

Auch das mit dem früh zum TÜV gehen scheiterte grandios. Seit diesem Jahr hat Bilprovningen nämlich sein Monopol verloren. Das heißt, andere Firmen können sich akkreditieren lassen und dann selbst die Kontrolle durchführen. Das soll Preise senken usw.

Die neue Konkurrenz für den schwedischen TÜV: eine Kontrollstation im ganzen Land

Klingt schön in der Theorie, klappt aber in der Praxis nur so mittelprächtig: während ich letztes Jahr noch kurzfristig den Termin umbuchen konnte, betragen derzeit die Wartezeiten über einen Monat. Der erste Termin, den ich erhalten konnte, war heute morgen – obwohl ich schon Anfang November gebucht hatte. „Geh‘ ich halt zur Konkurrenz“, dachte ich mir.

Tja, auch Pustekuchen.
Es gibt in ganz Schweden nämlich genau eine (in Worten: eine einzige) Station, die bisher diese Akkreditierung hat. Die liegt in Tyresö, also gar nicht mal so schlecht für mich. Aber: bei der sind die Wartezeiten genauso lang und es kostet genauso viel.

Auch schön, wie die Terminzuteilung nun funktioniert. Bislang bekam man einmal im Jahr Post mit einem Terminvorschlag gegen Ende des zulässigen Zeitraums (bei mir also Januar), den man bei Bedarf umbuchen konnte. Das neue System funktioniert so, dass Bilprovningen einen Termin vorschlägt, den man bestätigt, indem man die ganze Gebühr von 300 kr überweist! Der Vorschlag kam übrigens auch dann, als ich schon lange einen anderen Termin gebucht hatte.

Liberalisierung bisher sehr bescheiden

Die tolle Marktliberalisierung ist schlichtweg daran gescheitert, dass Bilprovningen sicherheitshalber kein Personal eingestellt, damit bei dem sich ändernden Markt keine Überkapazitäten vorhanden sind. Dementsprechend haben sie jetzt zu wenig. Ob das so schnell besser wird, ist fraglich. In den letzten Wochen ist es wohl eher noch schlimmer geworden. Gestern merkte ich, dass mir der Termin nicht so wirklich passt und wollte umbuchen. Nächste Vakanz in meiner nächstliegenden Station: 18. Februar, also über zwei Wochen, nachdem ein totales Fahrverbot eintritt.

Die Bilanz ist also grandios: man zahlt nicht nur genausoviel wie vorher, sondern soll dies teilweise sogar im voraus tun und kriegt irgendwelche Termine in ferner Zukunft.

Also habe ich gestern nacht noch die Batterie gecheckt und den Schnee entfernt. Die Batterie war glücklicherweise noch unter den Lebenden, aber heute nacht fielen nochmal 10 cm Schnee. Zum Glück hatte ich meine „Standheizung“.

Die Überprüfung lief dann super ab. Das ist alles sehr effizient organisiert (wenn man mal ran darf). Die Stoßdämpfer, die letztes Jahr schon etwas verschlissen waren, sind mittlerweile anscheinend entschlissen – zumindest hat er nichts dazu gesagt – und auch sonst ist alles molto bene.

Na dann: ein Jahr schwedischer Straßenverkehr, ich komme.

Och nö, lass mal…

Irgendwie hat man schon das Gefühl, dass schwedische Politiker „ehrlicher“ oder zumindest nicht so machtbesessen sind. Während man in Deutschland Abgänge wie die von Koch oder von Beust als außergewöhnliches Ereignis wahrnimmt, gibt es in Schweden Politiker, die sich nicht um jede Machtperspektive prügeln.

Da ist Schwedens größte Partei, die sich die meiste Zeit ihrer Geschichte in Dauerregierung befand, führungslos, und keiner will den Posten haben, der mit etwas Geschick ein Ticket für den Regierungschef ist.
Mona Sahlin ist ja bekanntermaßen zurückgetreten. Nun wirkt es so, dass keiner der potenziellen Nachfolger sich um den Job reißt. Vielmehr haben einige potenzielle Kandidaten gleich gesagt, dass sie keine Lust haben.

Ulrica Messing, ehemalige Infrastrukturministerin, hat kein Interesse. Sie hat eine eigene Firma gegründet und wird dabei bleiben. Pär Nuder, ehemaliger Finanzminister, bleibt auch lieber in der Wirtschaft. Margot Wallström, ehemalige EU-Kommissarin und heute im Auftrag der UN unterwegs, hat ihrer Meinung nach etwas besseres zu tun. Schade, denn sie hätte ich mir ganz gut vorstellen können. Sie bringt aber auch das nachvollziehbare Argument vor, dass sie seit 12 Jahren nicht mehr in Schweden lebt – auf der anderen Seite könnte genau das eine zweite Perspektive einbringen, die momentan bei den schwedischen Sozis fehlt. Thomas Bodström, dem ich auch nicht ganz abgeneigt gewesen wäre, hat auch gleich gesagt, dass er es nicht machen wird. Das ist nicht ganz so überraschend, denn er hatte erst vor kurzem seinen Abschied aus der Politik verkündet.

Damit sind also einige große Namen herausgfeallen, und es bleibt noch einiges für die Kandidatenfindungskommission zu tun.

Es weihnachtet mächtig

Man kann es nicht mehr verleugnen. Weihnachten ist da.

Neulich ist es mir in Göteborg besonders aufgefallen, aber jetzt ist es unübersehbar. Gestern abend waren wir beim Julbord, dem schwedischen Weihnachtsbüffet – ein Anlass für ungehemmte Völlerei, die pro Person selbst im billigsten Fall mit 60 € zu Buche schlägt. Wir waren im Waxholm Hotell, nachdem unsere ursprüngliche Wahl wegen Mangel an Gästen absagen musste. Und es war großartig: gutes Essen, und draußen im Schneegestöber der Blick auf die Festung von Vaxholm.

Heute also der Weihnachtsmarkt im Skansen, Stockholms bekannten Freilichtmuseum. Da bin ich zwar praktisch jedes Jahr, aber bislang noch nie im Schnee – um dieses Jahreszeit hat es in Stockholm selten welchen. Wenig überraschend: der Bredablick-Turm wird renoviert – wie immer seit ca. 2001. Ansonsten alles wie gehabt, v.a. sehr lecker, wenn auch teuer.

Parkplatzkrieg die zweite

Schweden eilt ja der Ruf voraus, ein sozialdemokratisches Paradies zu sein, ja sogar ein bisschen sozialistisch angehaucht. Das mag auf manche Bereiche zutreffen, aber schon lange vor der jetzigen Regierung wurden einige Bereiche in den freien Markt verabschiedet, die meines Erachtens nicht unbedingt dorthin gehören. Vor allem, wenn es um die Abgabe von Hoheitsrechten geht, bin ich skeptisch.

Die privatisierte Polizei

Ein Beispiel ist die blühende Branche der Sicherheitsunternehmen. Man hat das Gefühl, diese bewachten jede Hundehütte dieses Landes. Nicht dass Schweden sonderlich gefährlich wäre, aber das hält nicht davon ab, an jeder Haustür ein Codeschloss anzubringen. Eine Standardfrage bei vielen Lieferungen ist, ob es denn einen Türcode gebe. Die Sicherheitsleute sind oft mit einer Plakette ausgestattet, die ihnen so etwas wie einen offiziellen Status gibt. Es entsteht der Eindruck, es handele sich um eine Art privatisierte Hilfspolizei. Nun sollen sie sogar polizeiähnliche Uniformen bekommen, was anscheinend sogar gut gefunden wird.

Ein anderer Bereich sind die Parkplätze des Landes. Diese wurden praktisch vollständig in die Hände von Privatfirmen gelegt, die seither ihr Geschäft damit machen, Parksünder sofort zu stellen. Das gelingt ihnen auch äußerst oft. Als wir einmal Besuch von Freunden hatten, wurde ihnen schon wenige Minuten nach Ablauf ihres Parkscheins das Knöllchen an die Scheibe geheftet.

Und ein solches ist nicht billig: unter 300 kr, also gut 30 €, geht nichts.

Ein Déjà Vu

Vor fast genau 5 Jahren hatte ich einmal einen Disput mit einer Parkfirma, die horrende Summen für das Parken auf einer Müllhalde haben wollte. Ich kam damals davon.

Danach sieht es dieses Mal leider nicht aus. Vor knapp 3 Wochen parkte ich auf dem Weg zur Arbeit als Busfahrer auf dem Firmenparkplatz. Meine Parkgenehmigung liegt immer irgendwo auf dem Armaturenbrett, aber ich vergaß, sie so herauszulegen, dass sie gut in der Windschutzscheibe zu sehen ist. Bei meiner Rückkehr erwartete mich ein gelber Streifen mit einem Bußgeld von 550 kr, also rund 60 €.

Ich ging natürlich in Widerspruch, denn ich war schließlich berechtigt, dort zu stehen.

Heute kam nun die Antwort:

Laut der Beschilderung wird eine gültige Parkgenehmigung für das Abstellen auf dem Platz benötigt. Diese Genehmigung soll sich im Fahrzeug befinden und laut den Vorschriften während der ganzen Parkzeit gut sichtbar und von außen voll lesbar an Windschutzscheibe platziert sein. Laut unserem Personal wurde die Kontrollabgabe [Anm. das ist die euphemistische Bezeichnung für dieses Bußgeld] verhängt, weil keine solche Genehmigung gut sichtbar zur Kontrolle platziert war.

Das ist bedauerlich, dass deine Genehmigung bei der Kontrolle nicht sichtbar war. Dass du im Nachhinein eine gültige Genehmigung vorweisen kannst, ist jedoch kein Grund, die Angelegenheit abzuschreiben.

Es bleibt also bei den 550 kr.

Strafe und Verhältnismäßigkeit

Es ist nicht so, dass ich gar kein Bußgeld bezahlen wollte. Ein Fehler kann bestraft werden, denn durch ihn ist der Firma schließlich ein Aufwand angefallen. Jedoch steht der Betrag in keinem Verhältnis dazu. Um mal etwas Küchenrechtsphilosophie auszupacken: der Zweck eines Verbotes ist, im Interesse der Allgemeinheit unerwünschtes Verhalten zu verhindern. Man belegt es mit einer Strafe, um es durchzusetzen, sei es durch vorangehende Abschreckung oder nachfolgender Ahndung, um Wiederholungen zu verhinden und Buße zu erreichen.

Die Strafe muss dem Vergehen angemessen sein.
Der Zweck dieser Parkregelung ist, nur denen Zugang zum Parkplatz zu gewähren, die eine Berechtigung haben. Eine Parkgenehmigung zu besitzen und diese nicht ordnungsgemäß zu zeigen ist jedoch ein anderes, weniger schweres Vergehen als Parken ohne jegliche Berechtigung.

Welchen Sinn hat es also, in diesem Fall mich genauso zu bestrafen wie einen, der dort einfach falschparkt?

Ganz einfach: keinen außer der Gewinnsteigerung der Firma. Der Auftraggeber, also mein Arbeitgeber, hat schließlich kein Interesse daran, die eigenen Mitarbeiter verknacken zu lassen.
Die beschönigende Bezeichnung „Kontrollabgabe“ (kontrollavgift) verschleiert zudem, dass es sich um eine Strafe handelt. Vermutlich würde die betreffende Firma Q-Park argumentieren, dass es sich nicht um eine Strafe handelt, sondern um eine Abgabe zur Durchführung der Kontrollen – wobei man sich dann fragen müsste, wieso nur diejenigen, die dort nicht parken dürfen, zahlen müssen. Ein fragwürdiges Konstrukt ist das Ganze schon alleine deswegen, weil die eintreibende Firma gleichzeitig auch die Berufungsinstanz ist, in deren Interesse es natürlich nicht liegt, auch die Position des Delinquenten nachzuvollziehen.

Wie geht es weiter?

De facto bleibt für mich das Problem, dass ich mehr als die Hälfte des entsprechenden Tageslohns dafür abgeben muss – und dass ich, wenn überhaupt, nur unter erheblichem Risiko und geringen Erfolgsaussichten die Sache gerichtlich klären lassen kann. Ein Prozesshansel nennt man sowas, wenn der Streitaufwand den Streitwert um ein Vielfaches übersteigt.

Das oben zitierte Schreiben ist natürlich eine Standardvorlage. Diese Art von Einspruch kriegen die wahrscheinlich pro Tag im Dutzend. Und einige sind wohl so verärgert, dass die Bearbeiter lieber anonym bleiben: das Schreiben ist mit „Ewa H“ unterzeichnet.

Was tun? Ein neuerlicher Einspruch ist vermutlich zwecklos, wobei ein Versuch kaum schaden kann. Herunterhandeln ist besser als in voller Höhe zu bezahlen. Ich ziehe sogar eine Art von zivilem Ungehorsam in Betracht. Ich könnte beispielsweise etwas weniger bezahlen und abwarten, ob sie den letzten Kronen wirklich hinterherrennen wollen. Die Frage ist natürlich, wieviel ich dabei riskiere, denn die Schufa-Abfrage ist in Schweden so üblich wie die Frage nach dem Wetter.

Fürs erste habe ich aber den naheliegenderen Weg gewählt und meinen Chef bei Busslink kontaktiert – wie meine Erfahrungen vor 5 Jahren zeigten, sind die Forderungen nämlich schnell hinfällig, wenn der Auftraggeber nicht möchte, dass das Geld eingetrieben wird.

Nachtrag 13:30 Uhr: Q-Park hat auf seiner Homepage netterweise das Gesetz, nach dem dieses Bußgeld erhoben wird. Die Bezeichnung „Kontrollavgift“ stammt also vom Gesetzgeber. Laut diesem darf das Bußgeld die entsprechenden kommunalen Tarife nicht überschreiten. Ich tippe mal darauf, dass dieser Tarif genau 550 kr beträgt.

Die im Schreiben genannten Vorschriften zur Platzierung der Parkgenehmigung suche ich jedoch vergebens. Ggf. werde ich mal nachfragen, wer diese gemacht hat und wo sie einzusehen sind. Am Parkplatz selbst steht nämlich nur „P-tillstånd erfordras“ (Parkgenehmigung erforderlich) oder ähnliches, nicht jedoch die genauen Konditionen.

Es fährt ein Zug nach Göteborg

Ich kann mich noch sehr genau an den Tag erinnern, als ich das erste Mal in Göteborg war. Es war der letzte Mittwoch.

Meine innerschwedische Reiseaktivität ist nicht sonderlich hoch, auch weil Schweden als Reiseziel nicht mehr ganz so spannend ist, wenn man einmal hier wohnt. So hat es z.B. für Malmö, Sundsvall, Söderköping, Valdemarsvik und Lund gereicht, aber nie für Schwedens zweitgrößte Stadt.

Da traf es sich gut, dass ein Länderspiel anstand. Ein Freundschaftsspiel nur, aber man kann es sich nicht aussuchen oder warten, bis das Losglück Schweden und Deutschland bei irgendeiner Qualifikation in dieselbe Gruppe platziert.

Der Plan: nachmittags mit dem X2000 nach Göteborg, zum Spiel ins Ullevi-Stadion, Übernachtung in der Jugendherberge und früh morgens wieder zurück. Angesichts der Tageslichtverhältnisse um diese Jahreszeit und dieses knappen Zeitbudgets haben wir also nicht viel von Göteborg gesehen. Auch das Spiel war nicht übermäßig spannend.

Zwar war es nicht ganz so langweilig, wie einem das vor dem Fernseher erschienen sein muss, aber ein 0:0 ist per Definition nur beschränkt begeisterungsfähig. Die Schweden hatten sich auch so defensiv aufgestellt, dass da nicht viel passieren konnte. So scheiterten unsere Jungs an der gefühlt 15-köpfigen schwedischen Abwehr und die Schweden an dem eigenen Unvermögen. Dagens Nyheter war auch wenig begeistert und schreibt von „tapferen Zuschauern“ und einem schwedischen Rekord, bei einem Heimspiel in 90 Minuten kein einziges Mal aufs Tor geschossen zu haben.

Wir hatten trotzdem unseren Spaß. Im Gegensatz zum WM-Qualifikationsspiel gegen Albanien froren wir uns dieses Mal wenigstens nicht den Hintern ab. Ein neuerliches Anschauen des Spiels im Fernsehen mit einem eventuellen Kurzfernsehauftritt meinerseits (man weiß ja nie) habe ich aber unterlassen. So spannend war es nun wirklich nicht.

Trotzdem schön war die Anmerkung des Fernsehkommentars, die Schweden brächten es sogar fertig, Nationalhymnen weihnachtlich klingen zu lassen. Diese wurden nämlich von einem Chor vornehmlich blonder Frauen vorgetragen. Man muss schließlich Klischees bedienen.

Vorweihnachtlich war es in Göteborg aber in der Tat. Vielleicht ist es mir in Stockholm einfach nicht so aufgefallen, aber Weihnachtsdekoration war in Göteborg schon sehr präsent. Viel mehr habe ich von der Stadt freilich nicht gesehen – das muss ich auf ein anderes Mal verschieben.

Ein Tag als Busfahrer

Ein Arbeitstag als Busfahrer (Bild: eigene GPS-Daten auf der Karte von OpenStreetMap, die unter einer CC Attribution-ShareAlike-2.0-Lizenz steht)
Ein Arbeitstag als Busfahrer (Bild: eigene GPS-Daten auf der Karte von OpenStreetMap, die unter einer CC Attribution-ShareAlike-2.0-Lizenz steht)

Eine beliebte Frage zu meiner grandiosen Busfahrerei ist, ob man den ganzen Tag dieselbe Linie oder denselben Bus fährt.

Das tut man glücklicherweise nicht, wenn man von seltenen Ausnahmen absieht – ansonsten wäre der Job sehr sehr dröge. Die Busse sollen eigentlich soviel in Bewegung sein wie möglich, weil das Geld spart. Deswegen übergibt man den Bus in der Regel an einen Kollegen. Nach der Pause löst man selbst wiederum einen anderen Kollegen ab. An Wochenendschichten, wie ich sie in der Regel habe, kommt es aber schonmal vor, dass man den Bus einfach abstellen kann – schlicht und ergreifend weil man z.B. an einem Sonntagabend wenig anderes mit dem Gefährt anstellen könnte, denn das Angebot im Nahverkehr ist natürlich stark reduziert um diese Zeit.

Obige Karte zeigt einen Arbeitstag von der ersten Übernahme bis zum Abstellen des letzten Busses in der Garage. Darin enthalten sind:

  • Die Linie 40 – der ganze nördliche Ableger der Route stammt von ihr
  • Eine U-Bahnfahrt zum Odenplan, um dort den nächsten Bus zu übernehmen. Die Strecke ist zu erkennen an dem kerzengeraden Strich in der Mitte, wo keine Straße entlanggeht.
  • Die Linie 4 – fast der ganze südliche Ablege gehört zu ihr
  • Die Linie 62 – am ehesten zu erkennen, weil sie am Schloss entlanggeht. Auch eine Pause mit Abstellen des Busses ist drin, aber kaum zu erkennen.
  • Die Linie 1 – diese geht rechts oben zum Hafen und endet links auf Stora Essinge. Danach geht es zurück zur Garage, wie man auch ganz gut erkennen kann. Die Garage liegt nämlich direkt unter der Autobahn.

Das Programm hat für das alles eine Strecke von 133 km errechnet, wobei die U-Bahn und wilde Sprünge während der Pausen wegen schlechten Empfangs abgezogen werden müssten. Es dürften also gut 120 km gewesen sein. Mehr als ich dachte, um ehrlich zu sein.

Jag avgår som partiordförande

… war der Titel einer Mail, die ich gestern abend erhielt.

Das bedeutet zu deutsch: „Ich trete als Parteivorsitzende zurück“ und Absender war Mona Sahlin, Parteivorsitzende der Sozialdemokraten. Ausnahmsweise kein Spam, denn es stimmt wirklich.

Ich kann Thomas nur zustimmen: es ist erstaunlich, dass es so lange gedauert hat. Ich war ja schon recht enttäuscht nach der Wahl, als es kaum Diskussionen deswegen gab. Immerhin hatte sie das Kunststück fertiggebracht, das Ergebnis von 2006, welches schon das schlechteste seit 1914 war, noch einmal um 5% zu untertreffen und damit nur knapp an einer genauso historischen Schmach vorbeizuschrammen, nicht stärkste Partei zu werden.
Der Ablauf dieses Abgangs ist mir aber trotzdem schleierhaft. Vor einer Woche überraschte Sahlin damit, dass sie die Meinung vertrat, die ganze Parteiführung müsse nach dem Debakel seine Ämter zur Verfügung stellen. Dass sie auch Teil der Parteiführung ist, hätte ihr eigentlich klar sein müssen.

Ich kann nur punktuell die Stimmung in der Partei sehen, auf Facebook zum Beispiel. Ein Genosse schreibt über Nudeln, ein anderer ist deswegen im Radio eingeladen – ok, er ist aber auch Redakteur bei einer parteinahen Zeitung. Eine Genossin schreibt etwas wehmütig, dass ihre Stimmung nun gedrückt sei. Eine andere scheint eher wütend und findet, jetzt müssten die Reihen einmal aufgeräumt werden. Und dass Sahlin „gezwungen“ worden sei, abzutreten, auch weil sie eine Frau sei.

Letztere Aussage überrascht mich ehrlich gesagt nicht – weite Teile der Partei, oder zumindest die Kreise, die ich kenne, sind vom Feminismus beseelt und betrachten die Ereignisse sehr gerne aus dieser Perspektive. Soweit ich das beurteilen kann, war das auch der Grund, wieso man vor vier Jahren meinte, nun müsse unbedingt eine Frau ran. Dass Mona Sahlin nicht gerade die tauglichste Person für den Job ist, fand ich schon damals.

Ob ihr Geschlecht mit diesem Ende etwas zu tun hat, vermag ich aber nicht so recht zu beurteilen. Man kann sich durchaus vorstellen, dass ein Mann als Kandidat mehr dazu geführt hätte, das Duell mit Reinfeldt mehr zu einem archaischen Kampf zwischen zwei Alpha-Tieren zu stilisieren. Es fällt mir aber schwer, dies als zentralen Faktor für den Wahlausgang zu sehen.

Die eigentlich spannende Frage ist aber nun: was oder vielmehr wer kommt danach?

Und wir holen den Pokal… nicht

Nach dem recht stimmungsvollen Halbfinale wollten wir auch das Finale nicht verpassen. Der Kartenverkauf begann erst am Dienstag, nachdem Dauerkartenbesitzer zwei Tage Zeit gehabt hatten, sich die besten Plätze zu sichern. Ich war fünf Minuten nach Verkaufsstart online und konnte mit viel Glück einen überdachten Platz hinter einem der Tore ergattern. Die Verkäuferin beglückwünschte mich beim Abholen. Nach zwei Stunden war das Spiel nämlich ausverkauft. Einen Schal habe ich mir auch besorgt – wenn schon, denn schon.

Das Spiel konnte aber nicht ganz mit den Erwartungen nicht mithalten. Das begann schon beim Absingen der Nationalhymne, die von den Fans einfach ignoriert wurde. Sie sangen stattdessen einen von schätzungsweise 437 Hammarby-Fanliedern, wie auch sonst fast das ganze Spiel über.

Sportlich lief es auch nicht viel besser. Das gut funktionierende Passspiel aus dem Halbfinale war kaum zu sehen. Helsingborg hatte mehr Spielanteile und massig Torchancen, auch wenn es an echter Torgefährlichkeit massiv mangelte. Besonders bedauerlich war die ruppige Spielweise. In weiten Phasen des Spiels lagen die Spieler im Minutentakt auf dem Platz, wobei die Hammarbyer eher noch stärker hinlangten als die Helsingborger. Die Fans sahen das freilich anders. Der Schiedsrichter war sehr sparsam mit Karten. Bei einem anderen Unparteiischen wäre nicht einmal garantiert gewesen, dass Hammarby mit 11 Spielern in die zweite Halbzeit geht.

Immerhin war es unterhaltsam und es passierte einiges, wofür nicht nur die Fans sorgten, die an Feuerwerk nicht sparten. Das Tor Helsingborgs in der 81. Minute war letzten Endes verdient, auch wenn man nicht meinen sollte, dass sie vergangenes Wochenende Vizemeister wurden.

Für Hammarby ist nun großes Pech, dass Helsingborg das Double nicht geschafft hat. Schweden nimmt nämlich folgendermaßen bei den europäischen Wettbewerben teil:

  • Der Meister darf in die zweite Qualifikationsrunde der UEFA Champions League
  • Der Pokalsieger darf in die dritte Qualifikationsrunde der UEFA Europa League
  • Der Tabellenzweite darf in die zweite Qualifikationsrunde der UEFA Europa League
  • Der Tabellendritte darf in die erste Qualifikationsrunde der UEFA Europa League

Helsingborg hatte als Tabellenzweiter also schon einen Platz in der zweiten Runde der Europa League. Durch den Pokalgewinn sind sie also eine Qualifikationsrunde weiter. Was passiert aber mit dem Platz, den sie jetzt nicht mehr benötigen?
Der geht leider nicht den Pokalzweiten, sondern wird an die nachfolgenden Mannschaften in der Tabelle weitergereicht. Wäre Helsingborg hingegen Meister geworden, so hätten sie sich durch den Pokalgewinn nicht mehr verbessern können und der Europa-League-Platz wäre an Hammarby gegangen. So geht der Stockholmer Verein aber leer aus, und die Teilnehmer an den nächstjährigen Wettbewerben sind:

  • Malmö FF geht als Meister in die zweite Qualifikationsrunde der UEFA Champions League
  • Helsingborgs IF geht als Pokalsieger in die dritte Qualifikationsrunde der UEFA Europa League
  • Örebro erbt als Tabellendritter den Platz von Helsingborg und darf somit in die zweite Qualifikationsrunde der UEFA Europa League
  • IF Elfsborg ist der große Gewinner, denn dieser Verein wäre ansonsten leer ausgegangen, erbt nun den Platz von Örebro und darf in die erste Qualifikationsrunde der UEFA Europa League

Also alles weit weg von Stockholm.
Hammarby geht leer aus und schloss die Saison als Tabellenachter der zweiten Liga ab. Ein sehr bescheidenes Ergebnis, wenn man mal die passable Leistung im Pokal außer Acht lässt. Aber auch bei den anderen Stockholmer Mannschaften sieht es eher trübe aus:

  • Djurgården ist Tabellenzehnter.
  • AIK ist Tabellenelfter.
  • Und die Brommapojkarna steigen als Tabellenletzter in die zweite Liga ab.

Da ist also noch jede Menge Luft nach oben. Lediglich eine Mannschaft aus dem Raum Stockholm kann mit der Saisonleistung rundum zufrieden sein: der ursprünglich von Einwanderern gegründete Klub Syrianska FC hat als Tabellenerster den Aufstieg in die erste Liga geschafft. Deswegen werde ich aber bestimmt nicht nach Södertälje fahren.