Nigeria-Connection zieht um

Wenn man seit Jahren die gleiche Betrügermasche abzieht, wird es vielleicht etwas langweilig und man möchte einen Tapetenwechsel. Also ist zumindest ein Teil der Nigeria-Connection in den aufstrebenden Irak umgezogen.

Es hat sich offenbar gelohnt, denn:

Hello,
I write you after proper consideration that a telephone conversation may not be the ideal medium to contact you. I got your contact through my search on the internet for a reliable person. i am in National Guard Artillery unit here in Iraq, we discovered some funds when on routine foot patrol in Khalis Iraq at companies compound, We can’t keep these funds so we want to move the funds to you to keep it for us in your safe account. The money is legit. if you are interested get back to me for details. This business is risk free.

Capt. G. Smith

Massenvernichtungswaffen waren keine da, aber was soll man schon machen, wenn man bei einer Fußstreife auf eine Menge Geld stößt? Da würde ich auch eine E-Mail an irgendjemanden schreiben.

Wie ich 699 kr hätte sparen können


Außen 85 MBit, innen 10 Mbit

Nachdem wir uns gut 2 Jahre lang mit Comhem herumgeärgert haben, dachten wir uns, wir geben einem anderen Anbieter eine Chance.

Die Wahl fiel auf Bredbandsbolaget. Nachdem die Anschlussprozedur über 4 Wochen gedauert hat und damit erheblich länger als von uns erhofft, konnte es endlich losgehen. Dummerweise ist die Telefondose ganz woanders als die Fernsehkabeldose. Leitung verlegen? Umständlich und unschön.

Die vermeintlich rettende Idee: ein Homeplug-System, also Netzwerk über die Steckdose. Das Kalkül dabei war, dass selbst wenn der bestmögliche Datenndurchsatz nicht erreicht werden sollte, es doch immer noch deutlich mehr als die 24 MBit sein sollten, die das Internet maximal hergibt. Also habe ich die Sweex Powerline 85-Adapter für 699 kr erworben. Das Analyseprogramm verkündete Datenraten von 35 MBit und mehr. Nicht ganz die nominellen 85 MBit, aber immerhin. Problem gelöst.

Oder doch nicht? Es gab gelegentliche Aussetzer und langsame Reaktionszeiten, die ich aber auf Bredbandsbolaget schob, denn das direkt angeschlossene IP-Telefon hatte auch manchmal Aussetzer. Zuletzt lag die Datenrate ins Internet aber bei rund 6 MBit. Direkt am Router sind es jedoch 16 MBit.

Also müssen doch die Adapter der Flaschenhals sein – damit sind nicht nur die 85 MBit Utopie, sondern auch die Angaben des Analyseprogramms Humbug und wohl schon 15 MBit ein Glücksfall. Ein glatter Fehlkauf also, das ganze.

Und ein inakzeptabler Zustand, denn Da kam mir die Idee, meinen derzeit ungenutzten NETGEAR WG602v4 zur Bridge umzufunktionieren. Wieder einmal eine Idee, die man durchaus hätte früher haben können. Jetzt fließen die 16 MBit problemlos über eine Funkstrecke. Braucht jemand ein schlechtes Homeplug-Adapter-Set?

Die Geschichte von den subantarktischen Schwaben und den Medien, denen man nicht alles glauben sollte

Ich liebe Inseln, weil ich geographische und weltgeschichtliche Kuriositäten liebe. Eilande sind offenbar prädestiniert dafür. Dass z.B. in der Karibik die einzige Grenze zwischen Frankreich und den Niederlanden zu finden ist, finde ich höchst interessant.

Wärme und Exotik sind jedoch nicht verpflichtend. Eher mag ich den rauen Charme. Daher habe ich mich auch eingehend mit den subantarktischen Inseln beschäftigt. Diese zeichnen sich durch unglaublich mieses Wetter – sozusagen Dauerorkan mit zweimal Sonne im Jahr – aus, weswegen sie größtenteils nicht oder nur von sehr wenigen Menschen bewohnt sind.

Dementsprechend spannend fand ich die Sendung „Sender am Ende der Welt – Radio Neuschwabenland im Indischen Ozean“ auf SWR2, anzuhören hier und nachzulesen hier.

Kurz die Geschichte: auf den zu Frankreich gehörenden Kerguelen-Inseln landete vor 150 Jahren eine schwäbische Auswanderergruppe. Sie hat sich Sprache und Kultur der Vorfahren erhalten, und heute leben gut 700 von ihnen im Ort Port-aux-allemands. Sie züchten den vitaminreichen Kerguelenkohl, fischen Austern, aber vor allem betreiben sie den kleinen Radiosender „Radio Neuschwabenland“, der das kulturelle Leben auf der Insel widerspiegelt. Und sie leben mit ihren französischen Nachbarn in Frieden zusammen.

Das ist ja hochinteressant, dachte ich mir: 700 Schwaben, die possierlich in breitestem Schwäbisch erzählen, leben auf einer Insel am Ende der Welt. Wie konnte mir so etwas entgangen sein?

Also begann ich etwas zu recherchieren, und die Seltsamheiten häuften sich. Hier einige Beispiele:

  • Die Einwohnerzahl von fast 1000 Leuten auf der Insel ist für diese Breiten außerordentlich hoch. Mit Ausnahme der Falklandinseln erreichen alle subantarktischen Inseln gerade so dreistellige Einwohnerzahlen.
  • Es findet sich keine Spur von den subantarktischen Schwaben im Netz, was heutzutage schon fast verdächtig ist. Jedoch finden sich Reiseberichte über Kerguelen, die von der Forschungsstation Port-aux-Français erzählen, aber die deutsche Siedlung unerwähnt lassen. Auch der umfängliche Wikipediaartikel zur Insel sowie das CIA Factbook schweigen sich aus.
  • Der Sender benutzt Frequenzen, die für Rundfunk vollkommen unüblich sind. Die verwendete Langwellenfrequenz 103,7 kHz ist zu genau angegeben und liegt rund 50 kHz unter dem normalen Rundfunkband. Die Kurzwellenfrequenz 2073 kHz ist auch zu tief, und zwar so tief, dass sie schon eine Mittelwelle ist.
  • Der Radiochef heißt Fred Rattenhardt, was für sich genommen schon nicht gerade ein schöner Name ist. Es gibt aber noch ein anderes Problem mit seinem Namen: es existiert in Deutschland nicht oder nur in extrem geringem Umfang, wie sich in einschlägigen Datenbanken herausfinden lässt.
  • Der Sportreporter berichtet nicht wie behauptet aus dem Olympiastadion, denn das Ereignis, über das er berichtet, ist die Abschlussetappe des Giro d’Italia 1958, der über 10 Jahre vor dem Bau des Stadions stattfand. Dass er nach Kerguelen berichtet, ist bei der damaligen Technik auch kaum denkbar – er regt sich wohl eher über die schlechte Telefonleitung nach Deutschland auf.
  • Der Kerguelenkohl existiert zwar, aber angebaut wurde er wohl nie.
  • Die Professorin Sieglinde Ewerich und ihr „Lehrstuhl für Neuere Geschichte des südpazifischen und subantarktischen Raumes“ existiert zumindest im Internet nicht.

Spätestens bei dem Radrennen war natürlich klar: was da präsentiert wird, ist frei erfunden. Es gibt außer der Besatzung der französischen Forschungsstation niemanden auf Kerguelen, schon gar keine Schwaben. Quod erat demonstrandum.

Die entscheidende Frage blieb aber unbeantwortet: Wie kam am 16. Februar 2010 ein Fake in eine hochseriöse Sendung wie SWR2 Wissen? Hatte ich vielleicht eine Tradition verpasst, die neben dem 1. April noch ein weiteres Fenster für Journalistenschabernack offen lässt?

Also tat ich, was oft am besten ist: jemanden fragen, der sich damit auskennt. Dem war so eine Tradition aber auch nicht gegenwärtig.

Vielleicht war es also ein falsch versendeter Aprilscherz? Hatte es vielleicht etwas damit zu tun, dass der Sendetermin der Fasnachtsdienstag war? Oder war hier ein Medienskandal aufzudecken?

Ein handfester Scoop manifestierte sich da in meinem Kopf. Bei der FTD hätte ich dafür die obligatorische Flasche Scoop-Schampus eingeheimst. Woodward und Bernstein würden erblassen vor Neid.

Nach längerem Zögern schrieb ich den Autor des Features, Udo Zindel, an.

Die Lösung des Rätsel: man wollte die alte alemannische Tradition der Späße in der Fasnachtszeit ausnutzen und einen Fake an einem Tag platzieren, an dem die Leute nicht damit rechnen.

Eine interessante Idee und ein interessantes medienwissenschaftliches Experiment, das vorführt, wie leicht man Dinge aus einer vermeintlich seriösen Quelle glaubt.

Vorbehaltlos kann ich mich für dieses mit viel Liebe gemachte Stück Inszenierung aber nicht begeistern. Meine Meinung, man solle dies doch auf der Internetseite von SWR2 entsprechend kenntlich machen, da die Sendung ja dort auch noch lange nach Fasnacht abrufbar ist, teilte Udo Zindel nicht.

Das Herausnehmen solcher Freiheiten jenseits des 1. April hinterlässt bei mir den Eindruck, dass hier eine Grenze durchbrochen wurde. Wenn die Zahl der Tage, an denen man mit Enten in den Medien rechnen muss, von eins auf zwei ansteigt, dann scheint mir der Weg zu drei nicht mehr so weit. Wenn man jeden Fakt einer eigentlich glaubwürdigen Quelle nachrecherchieren muss, dann gibt es irgendwann gar keine glaubwürdigen Quellen mehr. Dies stellt aus meiner Sicht ein großes Problem der modernen Mediengesellschaft dar, denn ohne Ordnung in einem enorm gewachsenem Angebot schwinden Indikatoren dafür, ob man das, was man sieht, hört und liest, auch glauben kann. Dann braucht man im Grunde gar keine Medien mehr, weil man ohnehin selbst alles herausfinden muss. Die Informationsgesellschaft könnte genauso gut eine Desinformationsgesellschaft sein.

Wenn diese Nachdenklichkeit der Zweck der Veranstaltung sein soll, dann ist das sicherlich positiv zu werten.

Ich denke dabei aber auch an diejenigen, die die Sendung geglaubt haben und sich nun fragen, wie die Maultaschen aus Kerguelenkohl schmecken, die eine subantarktisch-schwäbische Mutter heute auf dem Herd stehen haben mag. Gerade weil sich die Wichtigkeit einer kritischen Grundhaltung in diesem Falle nur denen erschließt, die sie schon haben, geht die Lektion an denen vorbei, die sie erreichen müsste.

Die deutsche Bedrohung

Nachtrag: anscheinend mag man Youtube bei Brainpool nicht so. Hier gibt es das Lied direkt vom Anbieter.

Der gemeine Schwede mag vieles gegenüber den Deutschen empfinden – bedroht dürfte er sich nicht fühlen. Das liegt nicht nur daran, dass das Land einigermaßen unbeschadet durch die Zeiten gekommen ist, als man vor Deutschen noch wirklich Angst hätte haben müssen.

Doch Ungemach droht aus dem Lande der Teutonen. Die DN titelt „Det tyska hotet“ („Die deutsche Bedrohung“), und gemeint ist die Gefahr aus deutschen Landen in der für Schweden wichtigsten Auslandsvergleichsdisziplin: Lena Meyer-Landrut.

Ja, nachdem in Deutschland nach langen Jahren endlich versucht hat, einen Teilnehmer für den ESC zu finden, bei dem die Blamage nicht schon vorprogrammiert ist, horcht sogar das erfolgsverwöhnte Skandinavien auf. Denn die Ergebnisse der schwedischen Beiträge der letzten Jahre haben zwar etwas am Selbstvertrauen genagt, aber nüchtern betrachtet ist Schweden immer noch eines der wenigen Länder, das seit über 30 Jahren keinen letzten Platz mehr belegt hat und, wenn schon nicht mehr unter den Spitzenplätzen, letzten Endes nie den Finaleinzug verpasst hat.

Schweden selbst hält es jedoch mit Adenauer und wagt keine Experimente: man schickt eine blonde Frau, anfangs mit Gitarre, später ohne.

Here comes the sun

Heute ist der erste Tag, an dem man mehr als 12 Stunden am Tag Tageslicht hat (gerechnet von Beginn der bürgerlichen Morgendämmerung bis Ende der bürgerlichen Abenddämmerung). Der Winter hat das aber leider noch nicht mitbekommen und läuft noch einmal zur Hochform auf: an Samstag sollen es -17°C werden.

Der Schwede, das unbekannte Wesen

Interkulturelle Verhaltensratgeber sind mir zumindest in Bezug auf Schweden immer etwas suspekt, denn die Unterschiede werden gerne größer gemacht als sie sind. Das mag aber auch daher rühren, dass ich nach fast 5 Jahren hier solche Dinge nur noch bedingt wahrnehme.

Interessant fand ich dieses Fundstück doch. Da schreibt das Handelsblatt für deutsche Geschäftsleute, wie man sich in Schweden geschäftlich verhält. Superkurzfassung: Zurückhaltend und seriös agieren – und immer brav „Tack för senast“ (Danke für das letzte Mal) sagen. Außer beim ersten Mal natürlich.

Viele Dinge, die da drinstehen, decken sich auch mit meinen Erfahrungen. Dass hier nicht nur der Schwede allgemein beschrieben wird, sondern eine ganz besondere Zielgruppe, sieht man jedoch erst am Ende. Dort heißt es allen Ernstes

Es kann durchaus vorkommen, dass Geschäftspartner mit gleichgerichteten Freizeitinteressen (stark verbreitet sind in Schweden die Hobbys Golf, Tennis, Segeln, Elchjagd und Sportfischen) zum persönlichen Kennenlernen in privater Umgebung zu diesen Aktivitäten eingeladen werden.

Der normale Schwede jagt also Elche und spielt Tennis. Aha. Vielleicht trifft das nur auf geschäftspartnernde Schweden zu. Das kann sein. Meine Vermutung geht aber eher dahin, dass hier tendenziell Schweden porträtiert werden, die äußerst erfolgreich bei der Geschäftspartnerei sind und sich deswegen einen bescheidenen Familienwagen (z.B. Porsche Cayenne) und ein kleines Häuschen in Saltsjöbaden leisten können. Mit Meerblick, versteht sich.

Ich finde dieses Bild etwas bedauerlich, denn die Elchjagd greift mal wieder voll in die Klischeekiste und bildet einen Teil der Gesellschaft ab, der eben nicht so egalitär ist, wie das in dem Artikel eingangs erwähnt wird.

Wieviel Wahres daran ist, vermag ich aber auch nicht zu beurteilen. Ich kenne keine Schweden, der eines der genannten Hobbies hat. Doch repräsentativ ist das keineswegs. Dass neben unserem alten Wohngebiet ein kleiner Golfplatz war, kann Zufall sein – oder eben ein Zeichen für die Golfbegeistertheit der Schweden, die mir bislang nicht so gegenwärtig war.

Tunnelbana ausbauen

Der ehemalige Chef des Stockholmer Nahverkehrsverbundes SL, Lennart Jangälv, hat im Svenska Dagbladet diesen Debattenartikel geschrieben: Bygg ut Stockholms tunnelbana („Baut die Stockholmer U-Bahn aus“)

Wer nicht des Schwedischen mächtig ist, dem seien die Kernpunkte genannt:

  • In Nordschweden rollen die Züge, weil man dort Respekt vor der Natur hat und sich dementsprechend darauf eingerichtet hat.
  • Es fehlt an weitsichtiger Projektplanung in Stockholm. Früher baute man den Essingeleden und die zentralen Teile der U-Bahn, obwohl noch gar nicht absehbar war, dass die Kapazitäten gebraucht würden. Heute begnügt man sich mit einer kleinen Innenstadtstraßenbahn, wenn man einmal von der Förbifart absieht. Die U-Bahn betrachtet man als abgeschlossen. Er fragt rhetorisch, auf was die Bewohner von Außenbezirken sich freuen könnten. Die Antwort gibt er gleich als neue Frage: 100.000 neue Einwohner und Reisende?
  • Er fordert von der Regierung einen Ausbau des Netzes.

Ich fand den Artikel höchst interessant und kann eigentlich nur auf ganzer Linie zustimmen. Es wird zu spät geplant und dann auch nur für den aktuellen Bedarf, ohne Vorausschau auf eine langfristige Weiterentwicklung.