Nachtrag

Die angesprochene Kobra-Sendung gibt es auch im Netz zum Anschauen: hier. Man braucht allerdings einen Real Player.

Interessant sind einige Aussagen und Fakten:

  • In Deutschland gibt es 200 Schulen, die nach Astrid Lindgren benannt sind, in Schweden nur eine.
  • Über 10 Plätze in Deutschland sind nach Olof Palme benannt, in Schweden jedoch nur 2.
  • Der „Scenograf“ (keine Ahnung, was das auf deutsch ist) der Lindström-Filme gibt unumwunden zu, dass sie hier ein deutsches Produkt verkaufen und dass die Schweden allesamt dargestellt werden, als hätten sie mindestens zwei Pferde und ein wunderschönes Haus.
  • Ein weiterer Macher sagt, dass man das in Schweden macht, weil es das Bedürfnis nach heiler Welt befriedigt und das Image Schwedens durchweg gut sei in Deutschland. Dazu gibt die Landschaft mehr her als in Dänemark. Außerdem habe man schon versucht, solche Filme in Italien spielen zu lassen, aber es sei vollkommen unglaubwürdig gewesen, dass die Rollen von deutschen Schauspielern gespielt werden. Kommentar dazu vom Sprecher aus dem Off: „Mit Schweden kann man es wohl machen.“

Das Bullerbü-Syndrom

Eingefleischte Inga-Lindström-Gucker wissen: so sehen alle Häuser in Schweden aus.

Es ist fast soweit. Wer in Schweden wohnt und überhaupt gar nichts besseres zu tun hat, kann sich an diesem Samstag vor den Fernseher setzen und SVT2 einschalten. Dieser öffentlich-rechtliche Fernsehkanal besticht häufig durch die Ausstrahlung von Gottesdiensten sowie Sendungen, die sogar Marcel Reich-Ranicki erfreuen würden. Nächtens glänzt er mit dem Testbild oder subtilem Rauschen.

Diesen Samstagabend jedoch stellt er sich zur Verfügung, einen erschreckenden Einblick in die Wünsche und Sehnsüchte der Deutschen zu geben.

Um 21:25 Uhr läuft nämlich
:

Inga Lindström: Sandbergens Magie

Schwedisch duftende deutsche Romantik von 2008.
Auf einer seiner täglichen Fischtouren findet Magnus Sigge eine bewusstlose Frau an einem Strand nahe Sandbergen. Als sie aufwacht, erinnert sie sich weder daran, wer sie ist noch woher sie kommt. Lucia, wie sie beschließen, sie zu nennen, findet sich jedoch schnell zurecht mit Magnus und ihrem neuen Dasein im gesamten. Eines Tages kommt jedoch die Wahrheit heraus, als ihr Lebensgefährte Bernd an die Türe klopft. Selma Alander, wie sie eigentlich heißt, muss sich zwischen dem Idyll in Sandbergen und ihrem früheren Leben entscheiden.

Für alle Schweden, die nach diesem Schmalz noch nicht denken, dass alle Deutschen vollkommen gaga sind, wird gleich noch eine Reisereportage des deutschen Fernsehens über die Schären und Stockholm ausgestrahlt.

Dass die Filme von der aus Oberschwaben stammenden Christiane Sadlo, wie Inga Lindström wirklich heißt, mit der schwedischen Realität nichts zu tun haben, ist allgemein bekannt. Das beginnt mit dem Namen, denn Lucia heißen in Schweden gerade einmal 2400 Menschen (für die Top 100 bräuchte es schon 20000) – von Bernd ganz zu schweigen – , und endet mit dem ganzen Rest.
Das schwedische Publikum mit diesem Paralleluniversumsschweden zu konfrontieren ist aber neu.

Was die Drehbuchschreiberin antreibt, sich ein ganzes Land als Szenerie für seichte Unterhaltung hinzubiegen, kann man schön in einem Artikel der Berliner Morgenpost nachlesen.

Dort ist auch von dem Soziologen Bernhold Franke die Rede, der die Vorliebe der Deutschen für diese Filme das „Bullerbü-Syndrom“ nennt. Laut ihm ist es nicht die Sehnsucht nach Schweden, sondern der Wunsch nach einer Idylle. Wie es der Autor gut auf den Punkt bringt:

Die Sehnsucht der Deutschen nach Schweden ist nichts weiter als die Sehnsucht der Deutschen nach einem besseren Deutschland.

Was sich in vieler Hinsicht auch mit dem deckt, was ich in verschiedenen Schwedenforen von auswanderwilligen Deutschen so lese. Schweden wird zur Projektionsfläche des Wunsches nach einer besseren Welt. Auch wenn die meisten Deutschen es weit von sich weisen: ein bisschen glauben wir doch alle daran, dass es besser ist, wo die Wiesen weit, die Häuser rot und die Elche allgegenwärtig sind.

Dass dieses Land genauso seine Probleme hat, schiebt man lieber weit von sich, denn das Gras auf der anderen Seite muss per Definition grüner sein.

Die Schweden werden dieser Einstellung etwas unverständig und amüsiert gegenüber stehen. Die gestrige Ausgabe des Magazins „KOBRA“, ebenfalls in SVT2, hat dies anscheinend schon getan.

Capital in concert

Wie immer bei meinem Konzertfotos alles messerscharf zu erkennen, in diesem Fall Jason Mraz.

Einer der unbestreitbaren Vorzüge, in einer Landeshauptstadt zu leben – und damit meine ich nicht Hauptstädte wie Saarbrücken – ist, dass fast jeder bedeutende Musiker, der das Land betritt, fast zwangsläufig ein Konzert hier gibt.

Daher sollte man sich eigentlich einen Blick in die Liste der Konzerte verkneifen, wenn man nicht schnellstens sein Geld verschleudern möchte. Zwar sind Konzertkarten nicht übermäßig teuer, aber die Auswahl ist beachtlich. So kommt diese Woche Leonard Cohen, der mittlerweile auf die 75 zu geht, und bestimmt zum letzten Mal da ist. Im Dezember kommt Elton John (schon ausverkauft), und wenn man es drei Nummern kleiner mag, der kann Ende dieses Monats Cyndi Lauper bewundern.

So zog es mich auf „Anregung“ meiner Freundin kürzlich zu einem Konzert von Jason Mraz. Eine exzellente Vorstellung, und man merkte auch, dass er seinen Spaß hatte. Man kann annehmen, dass er auch eine größere Halle als das doch eher bescheidene Fryshuset gefüllt hätte.

Meine Handykamer ist ein Auflösungswunder: Katie Melua glasklar

Das brachte mich erst zum Stöbern, und zu Katie Melua. Das One-Hit-Wonder von 2003 spielte in eher gediegener Atmosphäre mit Sitzplätzen. Das Konzert war ein Beweis dafür, dass man keine Pyrotechnik braucht, um optisch beeindrucken zu können – die Spielereien mit Lichtelementen waren fast schon ablenkend. Bemerkenswert ist auch, dass diese Frau live praktisch genauso klingt wie auf Platte. Wie bei Jason Mraz hörte man, dass hier echte Musiker am Werk sind. Katie Melua saß zu Beginn sogar alleine auf der Bühne und spielte wie in einem Club, schlicht mit ihrer Gitarre bzw. auf dem Klavier. Ihre Begleitband war zwar auch toll (vor allem der Gitarrist mit der 70-er-Jahre Pornostar-Frisur), aber von mir aus hätte sie sogar das ganze Konzert alleine bestreiten können. Standing Ovations waren vorprogrammiert.

Das nächste Konzert wird dann wohl erst das alljährliche Luciakonzert am 13. Dezember werden, dieses Mal mit Karten für Plätze, bei denen man etwas sieht.
Man muss ja das Geld ein bisschen zusammenhalten.

Es geht voran

Fast schon eine Institution ist der Hässelbyloppet geworden – heute lief ich ihn zum dritten Mal. Wie immer ein schöner Lauf mit wenigen Zuschauern, aber mittlerweile über 3000 angemeldeten Läufern. Vor allem ist es aber die flache Strecke, die man gegen Ende der Saison (hoffentlich) mit einer Jahresbestleistung durchlaufen kann. In der Tat war dies bei meinen Teilnahmen 2005 und 2007 so.

Für mich war er in diesem Jahr aber ein Test, wie nahe ich an meiner bisherigen Bestform vom Herbst 2005 bin. Dort hatte ich 51:40 Minuten erlaufen – meine Bestzeit auf die 10 km, die gerade in Schweden von großer Bedeutung ist. Man nennt diese Distanz hierzulande „Meile“. Es ist üblich, größere Entfernungen in dieser Einheit anzugeben und eben auch Läufe über eine solche Meile auszurichten. So werden ungewöhnlich viele Läufe miteinander vergleichbar, auch wenn natürlich der individuelle Streckenverlauf eine große Rolle spielt.

Die ersten zwei Kilometer heute gehörten wohl zu den schnellsten, die ich jemals gemacht habe. Zur Halbzeit war ich noch auf gutem 50-Minuten-Kurs, aber gerade zwischen Kilometer 6 und 8 wurde es zunehmend schwerer. Da merkt man doch, dass ich immer noch gut 10 kg zuviel auf den Rippen habe, und das Training bei weitem nicht so konstant war, wie es sein sollte. Dennoch: Endergebnis 53:07 Minuten, und damit meine zweitbeste Zeit überhaupt, nach dem Hässelbyloppet 2005. In den letzten Jahren bin ich nicht mal in die Nähe einer solchen Zeit gekommen.

Einen Blick in die Ergebnislisten habe ich auch gewagt: Platz 868 von insgesamt 1227 in der Klasse „Herrar motion“ (Männer Bewegung) also klar im unteren Drittel, zumal noch 316 Männer in der Wettkampfklasse auch schneller waren. Diesen Listen möchte ich aber nicht zuviel trauen, denn die Gewinnerin bei den Damen heißt seltsamerweise David.
Ich habe einmal die Gesamtliste zusammengestellt, und da bin ich auf Platz 1536 von insgesamt 2514. Auch nicht überragend, aber immerhin. Bei den Zahlen merkt man übrigens auch einmal wieder, dass die Anzahl derjenigen, die einfach nicht erschienen, bemerkenswert hoch ist.

Gratulieren möchte ich vor allem Andreas. Er hat mit 43:26 Minuten einmal mehr eine neue persönliche Bestzeit geschafft.

Todesängste

Heute am frühen Morgen kam eine Mail mit dem Betreff

Du stirbst bald.

Der dezente Verzicht auf ein Ausrufezeichen deutet hier natürlich an, dass es sich um Tiefgründiges handeln muss. Vielleicht eine Botschaft aus dem Jenseits? Der Tod, der den Absender „Viola“ angibt, macht auch nicht viele Worte, und schreibt mir

Was sagt Dein Schicksal dazu?

Teste Dich jetzt:

http://[…]

Da bin ich beruhigt. Es war nicht der Tod, sondern nur das Schicksal.

Bericht zur Lage meiner selbst

Ich schreibe hier selten über meine Studien, aber heute ist doch einer der Tage, an dem ich dies tun möchte. Seit heute bin ich offiziell Doktorand bei Stockholms Universitet. Mein Masterzeugnis wird zwar noch etwas auf sich warten lassen, aber die die Uhr tickt: in 2 Jahren muss ich mein Lizentiat, eine Vorstufe zum Doktor, und in 4 Jahren meinen Doktor machen. Über was, das wird sich noch zeigen, aber höchstwahrscheinlich werde ich sehr viel mit dem im Bau befindlichen Projekt DESIREE zu tun haben.

Neues von der Spammerfront

Eine bemerkenswerte Masche ist mir gerade aus der Wunderwelt des Spams untergekommen. Da schreibt mir eine gewisse Anja Weber:

Hallo mein Schatz,

Geile Gespräche am Telefon gibt es jetzt für 3,3 Cent / Minute.

Telefonier‘ mit mir jeden Tag. Mindestens eine Stunde nehme ich mir für dich Zeit (jeden Tag), … gerne auch Monate lang :-X KUSS

Hier meine Frankfurter Nummer: 069 – 8* 0* 3* 4* 1*4

RUF JETZT AN!

*DICKER KUSS*

Anja Weber

Daran ist einiges neu:

  • Es wird für Telefonsex geworben – das ist in letzter Zeit nicht mehr allzu üblich gewesen.
  • Die Mail ist in passablem deutsch abgefasst – ebenfalls nicht gerade der Normalfall.
  • Die Nummer ist zumindest scheinbar eine normale Festnetznummer.

Natürlich handelt es sich um eine höchst unseriöse Sache, die dieses Mal nur noch besser versteckt wurde.

In der Tat wissen die Betreiber offenbar genauestens bescheid, und man muss wohl annehmen, dass sie sich zumindest halbwegs im legalen Bereich bewegen.

So sind im Anhang die Allgemeinen Geschäftsbedingungen mitgeliefert.

Dort heißt es

Sie als Kunde geben mit der Inanspruchnahme, d.h. mit Wählen der jeweiligen Nummer des Dienstes ein bindendes Angebot für die Nutzung des Dienstes ab. Dieser wird grundsätzlich zunächst lediglich anhand der reinen Verbindungskosten berechnet. Sie haben dann bei der erstmaligen Einwahl die Möglichkeit, sich für die Nutzung weiterer kostenpflichtiger Dienste freischalten zu lassen oder das Gespräch zu beenden.

Konkret: wer dann auch noch doof genug ist, ja zu sagen, landet in einem knallharten Vertrag. Das mit den 3,3 Cent pro Minute ist übrigens auch nur entsprechend geschönt, denn die kommen folgendermaßen zustande:

Kosten: 3,3 Cent pro Minute bei einer Buchung von 1800 Minuten pro Monat (59,40 Euro / Monat)

Außerdem muss prompt bezahlt werden, damit man gar nicht auf die Idee kommt, es sich nochmals zu überlegen:

Nach Ihrer Registrierung bei uns und der ersten Nutzung unserer Dienste erstellen wir unverzüglich unsere erste Abrechnung.[…] Ist keine derartige Fälligkeit genannt, sind die fakturierten Beträge binnen 3 Tagen ab Erhalt ohne Abzug zahlbar.

Vermutlich ist das Ganze die Antwort auf die neuerlichen Überlegungen zum Verbraucherschutz. Ob sich solche „Angebote“ halten können, wird sich noch zeigen – ratsam scheint mir die Nutzung jedenfalls nicht.