Wahlkampfthema: Jugendarbeitslosigkeit in Schweden

Jugendarbeitslosigkeit in der EU, Eurozone, Dänemark, Finnland, Schweden und Deutschland
Jugendarbeitslosigkeit in der EU, Eurozone, Dänemark, Finnland, Schweden und Deutschland

Einige der zentralen Fragen dieser Wahl ist die Jugendarbeitslosigkeit. Ich sehe von ihr im Alltag natürlich nichts, weswegen ich einmal die Zahlen von Eurostat herausgesucht haben – siehe Grafik. Das Bild ist natürlich erschreckend, wenn man den Vergleich mit Dänemark oder Deutschland bemüht. Auch gegenüber der EU als Gesamtes sehen die schwedischen Zahlen wenig erbaulich aus. Hinzu kommt, dass die Jahrgänge erheblich größer sind – die Zahl der 19-jährigen ist seit 2002 um rund 30% gestiegen.

Die bürgerliche Regierung hat in den letzten Jahren verschiedene Programme dazu aufgesetzt, darunter sogenannte Einstiegsjobs für junge Einwanderer, deren Anstellung zu erheblichen Teilen subventioniert wurde. Außerdem gibt es ein Förderprogramm, das vollmundig eine Jobgarantie verspricht. Sonderlich gefruchtet scheint das nicht zu haben, wenn man sich die Zahlen oben anschaut. Die Regierung schlägt deswegen vor, junge Erwachsene, die kein Abitur gemacht haben, also ohne Abschluss von der Schule gingen, eine höhere finanzielle Förderung zur Weiterführung ihrer Ausbildung zukommen zu lassen. Außerdem will sie eine sogenannte Lehrlingsprobeanstellung einführen, bei der junge Erwachsene für ein geringeres Gehalt eine Anstellung bekommen können sollen.

Die Sozialdemokraten und Gewerkschaften gefällt vor allem letzterer Vorschlag nicht. Die rot-grüne Opposition wirft der Regierung hier vor, sie hätte durch Kürzungen im Bereich der Erwachsenenbildung die Situation verschlimmert. Sie schlägt vor, die Jobgarantie mit einem Programm „Jobstart für Junge“ zu ersetzen, bei dem mir aber die Unterschiede im Detail zu liegen scheinen. Für das Ausbildungsproblem will sie ein eigenes Ausbildungsprogramm ins Leben rufen, bei dem die jungen Arbeitslosen, die aktiv an ihrer Weiterbildung haben, mehr Geld erhalten. Auch hier scheinen die Unterschiede eher im Detail zu liegen. Die übrigen Maßnahmen schlagen in die gleiche Kerbe: finanzielle Anreize und Weiterbildungsförderung.

So weit voneinander weg scheint mir das alles nicht zu liegen. Allerdings bin ich nicht so tief in der Materie drin, dass ich das mit endgültiger Gewissheit sagen könnte. Wer hier eine bessere Einsicht hat, kann gerne in den Kommentaren etwas dazu sagen.

Glücklicherweise trommelt sich keine auf die Brust, denn versagt haben anscheinend beide Seiten: die Sozialdemokraten mit dem Unvermögen, den Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit zu bremsen, die Regierung mit den vergeblichen Versuchen, sie nennenswert zu senken.

Einen interessanten Beitrag aus dem frühen Sommer habe ich beim Schweizer Radio gefunden. Hier kann man sich einmal aus einem anderen Blickwinkel einen Überblick verschaffen. Lediglich eine Sache scheint mittlerweile veraltet: leider sind die rechtspopulistischen Schwedendemokraten nicht so chancenlos wie dort dargestellt.

Die WM, die keiner sieht

Schon gehört: Deutschland hat Mexiko mit 9:0 geschlagen? Nein, natürlich nicht – woher auch.

Gestern war der Beginn einer weiteren Fußball-Weltmeisterschaften in diesem Supermeisterschaftsjahr: die U-17-WM der Frauen in Trinidad und Tobago. Hier jetzt großes Interesse zu heucheln wäre von den Medien in der Tat viel verlangt. Es reicht zur Stunde gerade einmal zu einem halben Dutzend Pressemeldungen. Eine Anfrage bei Eurosport ergab, man werde die Meisterschaft zeigen. Das finde ich löblich. Im Gegensatz zum Sportkanalsimulationsangebot Sport1 (früher bekannt als DSF) kommt hier wenigstens nicht nur Füllprogramm.

Allerdings ist die WM bis zum 2. Spieltag auf das wenig publikumsträchtige Eurosport 2 verbannt, was angesichts der US Open auch nachvollziehbar ist. Danach sieht es aber auch nicht so viel besser aus, denn live wird es die Spiele erst ab dem Viertelfinale geben. Bis dahin laufen immerhin Zusammenfassungen. Das ist in gewisser Hinsicht sogar besser, denn Trinidad und Tobago liegt bekanntlich in der Karibik, was zeitverschiebungsbedingt nächtliches Fußballgucken erfordern würde. Damit warte ich lieber bis zur „großen“ WM 2014, die bekanntermaßen in Brasilien sein wird.

Wer glaubt, die Mädels machen sich eine schöne Zeit in der Karibik, dem sei diese 37-Grad-Reportage ans Herz gelegt. Auf diesem Niveau zu spielen strapaziert auch alle anderen Teile des Lebens, wie man dort sehen kann.

Die kleine Plakateschau (2): Wahlwerbungspannen

Anzeige der rotgrünen Opposition (Quelle: metro.se)
Anzeige der rotgrünen Opposition (Quelle: metro.se)

Obige Anzeige wurde beim Kopieren ihres Texts beraubt. Das macht aber nichts, denn man hätte ihn sowieso kaum lesen können. Interessant ist vielmehr, dass dies vermutlich die aktualisierte Fassung des Motivs ist. In der Dagens Nyheter wurde nämlich kürzlich kritisiert, dass sich die vier Oppositionsführer – das sind die grafisch stark nachbearbeiteten und seltsam in der Gegend herumschauenden Menschen auf dem Bild (v.l.n.r. Lars Ohly von den Linken, Mona Sahlin von den Sozialdemokraten sowie Peter Eriksson und Maria Wetterstrand von den Grünen) – mit einem X2000, dem schwedischen Pendant des ICE, haben abbilden lassen, um für eine Zukunft mit Hochgeschwindigkeitszügen zu werben. Dumm nur, dass der X2000 schon sei 1990 im Verkehr ist und daher ungefähr so futuristisch daher kommt wie ein Opel Astra der ersten Generation. Nebenbei wurde die Produktion des X2000 schon 1998 eingestellt.

Mit Auslaufmodellen Zukunftswerbung machen geht natürlich nicht, und so sieht man nun in der Anzeige einen Zug, der vor lauter Zukunftsbegeisterung sofort losfahren möchte, und zwar mit mindestens 350 km/h.
Damit das aber auch jeder kapiert, hat man sicherheitshalber noch „High Speed“ in roten Buchstaben auf den Zug geschrieben. Damit sind natürlich jede Zweifel an der Zukunftsträchtigkeit und Geschwindigkeit ausgeräumt.

Aber auch die Opposition Regierung leistet sich Pannen. So hat sie dieses Plakat in Rinkeby aufgehängt, in dem das Ziel dargelegt wird, dass sich Schwedens beste Schule in Danderyd befinden soll. Was der verlinkte Beitrag andeutet, wenn auch nicht ausspricht: das Plakat hängt nicht im Stadtteil Rinkeby des piekfeinen und mit einem exorbitant hohen Einkommensniveau gesegneten Danderyd, sondern im gleichnamigen und weitaus bekannteren Stadtteil Stockholms. Dieser ist jedoch ein sozialer Brennpunkt und relativ arm.

Sollte das stimmen, wäre das natürlich ein peinlicher Fehler, wenn man den ganzen Migranten per Plakat verkündet, dass die beste Schule dort sein soll, wo sie vermutlich nie hinkommen werden. Viel zu verlieren haben die Moderaterna aber nicht: sie blieben 2006 klar unter 10%.

Da war es vorbei mit der Billigfliegerei – Strecke Karlsruhe-Stockholm bei Ryanair wird eingestellt

Es fällt nicht leicht, nette Dinge über Ryanair zu schreiben. Die Airline ist oft billig, manchmal nicht. Sie versucht, ihre Passagieren mit immer neuen Tricks das Geld aus der Tasche zu ziehen, quetscht sie in abwaschbare, nicht verstellbare Sitze und verkauft ihnen Lose.

Trotzdem tut sie eines: sie fliegt, und zwar meist dahin, wohin viele gar nicht wollen, aber es trotzdem tun, um dann den nächsten Bus von dort weg zu nehmen.

In meinem Fall trifft sich das ganz gut, denn sie fliegen seit ca. 2007 ab Stockholm-Skavsta nach Karlsruhe-Baden, was meinem Heimatort außerordentlich nahe ist.

Leider werden sie das in Kürze nicht mehr tun. Die Strecke, die schon vor einiger Zeit auf zwei Flüge die Woche reduziert wurde, findet sich im Winterflugplan nicht mehr. Am 29. Oktober gehen die letzte Flüge. Der Baden-Airport hat mir geschrieben, dass die Strecke bis auf weiteres aus dem Programm genommen wurde. Mit einer Rückkehr ist also nicht akut zu rechnen.

Natürlich sollte ich es nicht ganz so egoistisch sehen: die Ryanair-Option war für mich nur so gut, weil nur die Anfahrtskosten (ins weit abgelegene) Skavsta anfielen, denn direkt nach Landung war ich schon zuhause. Rechnet man fair, schaffte man die Reise mit Gepäck selten unter 130 €.

Das Dumme ist nur, dass allgemein Alternativen für Reisen nach Baden-Württemberg nun recht dünn gesät sind. Die Flüge ab Stuttgart nach Stockholm, die es noch 2007 gab, sind schon lange eingestellt worden.

Was bleibt sonst noch?

  • Andere Ryanair-Flughäfen. Da wären Frankfurt-Hahn und Memmingen zu nennen. Das ist aber nur interessant, wenn man einigermaßen passende Reiseziele hat. Hahn liegt weitab der Bahn und allem sonst, wie man manchmal denken könnte. Ab Memmingen zahlt man auch gut und gerne 60 €, um zum Ziel zu kommen. Hinzu kommen die vergleichsweise hohen Kosten für die Busse nach Skavsta. Das kann interessant sein, aber von Tür zu Tür kommen da schonmal über 9 Stunden Reisedauer zusammen – und 150 € dürften am Schluss auch weg sein.
  • Flüge über Frankfurt. Also der Flughafen, der wirklich in Frankfurt ist und nicht nur so heißt. Mit Rail&Fly ist das noch einigermaßen angenehm. Kostenpunkt ist aber auch gut 150 € (billigstenfalls 100 € für den Flug plus 50 € für den Zug), und das auch nur, wenn keine Kosten für die Anreise zum Flughafen Arlanda anfallen.
  • Umsteigeflüge. Da wären v.a. Air Berlin und Germanwings zu nennen. Air Berlin fliegt sogar nach Karlsruhe/Baden, aber verlangt dafür auch nur mit Glück weniger als 170 € – teilweise muss man dafür in Wien (!) unsteigen. Bei Germanwings geht es über Berlin-Schönefeld nach Stuttgart, aber die Kosten sind nicht geringer. Im Gegenteil: billiger als 170 € scheint es nicht zu sein, und Gepäck kostet extra.
  • Flüge über Kopenhagen. Ab Kopenhagen wird das Angebot erheblich breiter. Unter 140 € für die Flüge kommt man aber auch nur, wenn man nach Basel mit EasyJet fliegt. Die Rechnung wird da auch nicht viel besser, denn der Flug mag mit Gepäck nur um die 70 € kosten. Für eine Fahrt nach Kopenhagen legt man aber mindestens 40 € hin, und für die Fahrt ab Basel zum Zielort nochmal ca. genauso viel. Da spart man vielleicht ein bisschen, aber dafür sind die Wege endlos.
  • Züge über Kopenhagen. Ja, es gibt tatsächlich einen Nachtzug von Kopenhagen in den Südwesten. Das ist umweltfreundlich und bequem, wenn man von der Anreise nach Kopenhagen absieht. Aber: selbst im Liegewagen ist man schnell 60 € pro Strecke los, selbst wenn man sofort nach Verfügbarkeit (leider erst 92 Tage vor Abfahrt) bucht. Auf 160 bis 170 € summiert es sich also auch.

So endet zumindest für mich die Ära der Billigfliegerei. Die Preise steigen, und alle angebotenen Strecken sind zumindest für mich umständlicher. Da bleibt für mich nur zu hoffen, dass die eine oder andere Strecke wieder eingeführt wird. Gefallen würde mir auch ein verlängter Nachtzug ab Stockholm nach Süddeutschland, aber darauf hoffen kann man nicht ernsthaft.

Die kleine Plakateschau: Folkpartiet

Die heiße Wahlkampfzeit bricht an, und ein untrügliches Zeichen hierfür ist das Sprießen der Plakate allerorten. Ab heute darf sogar schon gewählt werden, was die Wahl bequemer machen soll, aber mangels Briefwahlmöglichkeit auch den Zugang zur Urne sichern soll. Gezählt wird freilich erst am 19. September.

Bis dahin wird munter versprochen und vorgeschlagen. Besagte Plakate sind ein Ausdruck davon. Man unterstellt ihnen gerne (und zurecht), sie würden nur hohle Allgemeinplätze verbreiten. Dennoch habe ich einige fotografiert und werde sie hier zeigen, denn ich wage die These, dass sie trotzdem etwas über die Macher und deren Motive aussagen.

Werbung der Folkpartiet in T-Centralen

Dieses verunglückte Foto zeigt zwei U-Bahn-Plakate, die als Vorzeigeminister Jan Björklund (Bildung) und Nyamko Sabuni (Integration) zeigen. Er sagt „Die Zukunft beginnt im Klassenzimmer“, sie sagt „Die schwedische Sprache. Der Schlüssel zur Integration“. Das sind natürlich Sprüche, die man sich auch auf einen Topflappen häkeln könnte. Dass man ausgerechnet die beiden so prominent platziert, hat aber einen anderen Grund: sie sind prominent. Viele Minister hat die Partei nämlich nicht, und insbesondere Björklund als Parteichef zu präsentieren hat Bedeutung. Schließlich läuft gerade eine große Schulreform, und er hat sich als Advokat von härteren Anforderungen an die Schüler hervorgetan – was mir nebenbei bemerkt als erstrebenswert erscheint.

Auch sonst könnte man den Eindruck haben, die Folkparti fahre vor allem einen Personality-Wahlkampf:

Jan Björklund auf einem Auto, das (hoffentlich) nicht sein Wahlkampfbus ist

Das ist aber nicht der Fall. Von den 20 Wahlplakaten zeigen nur 7 einen Politiker, darunter 3 Björklund.

Männern können es. Gleichstellungsbonus für Eltern, die (die Elternzeit) gleich aufteilen.

Dieses Plakat gehört dabei aber noch zu den konkreteren. Die meisten gehen aber in die Richtung „mehr Jobs, mehr Firmen, mehr mehr – und Zukunft ist gut für uns alle“.

Zwei Dinge stechen aber aus meiner Sicht besonders hervor.

Zum Einen ist es Marit Paulsen, die sich mutig hinstellt und sagt

Kernkraft. Für das Klima. (Quelle: folkpartiet.se)

Dass eine Partei mit einem Bekenntnis zur Atomkraft Werbung macht, ist beachtlich. Woanders wäre das politischer Selbstmord, aber angesichts dessen, dass die Kernkraft mittlerweile wieder von einer Mehrheit der Schweden befürwortet wird und das liberale Wählerpotenzial, in dem Partei fischt, eher wenig grün ist, kann das vielleicht Stimmen ziehen. Man kann es vermutlich auch als Positionierung gegenüber den Moderaterna sehen, denn die Christdemokraten und das Zentrum dürften zu den eher kernkraftskeptischen Teilen der Regierung gerechnet werden.

Die andere auffällige Sache ist ein klares Bekenntnis zum Euro. Nichts neues, denn die Partei war schon immer eher eurofreundlich – aber er ist kein heißes Wahlkampfthema, und derzeit (noch) kein Thema, mit dem man viel gewinnen könnte.

BrüsselBruxellesBrussel

Plötzliche Stille kann ein Zeichen von Urlaub sein – zumindest in diesem Blog. Wir nahmen die Gelegenheit war, vor Ende des Sommers einen Kurzurlaub zu machen. Da die Flüge nach Brüssel zum billigsten gehörten, was wir fanden, fiel so die Wahl auf dieses Ziel.

Die Stadt liegt mir recht gut – nicht nur, weil ich ein Europa-Enthusiast bin. Die Belgier verstehen etwas von gutem Bier und gutem Essen. Das sind zwei Kernkompetenzen, die ich ausgesprochen schätze. Weitere Kommentare gibt es in der Bildergalerie.

Ein Monat Linux

Nach einem Monat mit Linux wird es Zeit, etwas Bilanz zu ziehen.

Es ist klar, dass diese Bilanz immer etwas unfair ist, da man einem Produkt herummäkelt, das nichts kostet und viel kann.

Hier meine Beobachtungen:

  • Hardware: Anfänglich hatte ich ja ein vermeintliches Hardwareproblem mit meinem Ansinnen, ein RAID 1 mit Hilfe der RAID-Funktion meines Mainboards zu bauen. Ubuntus Installation konnte Partitionen anlegen, aber das Formatieren scheiterte. Nach einiger Recherche zeigte sich, dass eigentliche Mainboards keine echten RAIDs haben, sondern nur ein softwarebasiertes RAID, das so tut als ob – auch FakeRAID genannt. Ich hatte die Wahl, mit Hilfe einer entsprechenden Anleitung dieses FakeRAID zu aktivieren (wovon abgeraten wurde) oder die linuxeigenen RAID-Fähigkeiten zu verwenden. Ich entschied mich für letzteres und müsste hierfür die alternative Installations-CD herunterladen und brennen. Nach mehreren Anläufen tat das auch, aber es hat alles in allem eine Menge Zeit gekostet. Hier hätte ich mir freilich gewünscht, die Installation hätte von Anfang entweder mit dem RAID funktioniert oder mir entsprechende Hinweise ausgespuckt. Das ist vielleicht aber auch etwas viel verlangt, denn so ein RAID 1 wird sich der Durchschnittsbenutzer kaum installieren.

    Ein weiteres Problem zeigte sich mit meinen beiden digitalen TV-Karten. Der Empfang hier ist zwar extrem schlecht, aber ich wollte sie nicht ungenutzt herumliegen lassen. Digitale TV-Karte scheinen aber unter Linux eine recht aufwändige Sache zu sein. Das wurde mir zu umständlich.

    Ansonsten ergeben sich hardwaremäßig wenige Probleme. Sogar mein Handy konnte ich erfolgreich verbinden. Die billigen Bluetooth-Dongles, die ich mir mal vor langem gekauft hatte und die unter Windows XP nicht zu funktionieren schienen, gingen hier auf Anhieb. Es zeigt sich aber, dass die Grafikkartenunterstützung nicht auf gleichem Niveau ist wie unter Windows. Es ruckelt manchmal etwas, was sich v.a. bei Google Earth deutlich bemerkbar macht.

  • Bedienung: Sehr angenehm ist das Hochfahren. Während ich bei Windows minutenlang darauf warten durfte, bis endlich alle möglichen Programme geladen waren und man endlich etwas tun konnte, ist Gnome direkt nach dem Login einsatzfertig. Negativ auffallend ist hier nur, dass rechts oben statt dem hier
    oft das hier
    oder etwas ähnliches zu sehen ist. Dadurch lässt sich nicht auf die Kontrollen zum Ausloggen/Herunterfahren/Neustart zugreifen. Auch sonst sind manchmal Bedienelemente zerhackt, was aber die Funktion nicht beeinträchtigt.

    Bei der Bedienung von Gnome stört mich lediglich ein bisschen, dass es keine Tray-Symbole zu geben scheint, die mir anzeigen, dass z.B. eine neue Mail gekommen ist. Das ist teilweise etwas umständlich.

    Ein Geschwindigkeitswunder ist das alles trotzdem nicht. Das Umkopieren der alten Daten nagte ziemlich an der Performance. Einmal blieb das System sogar stehen – der Mauszeiger ließ sich noch bewegen, aber ansonsten ging nichts mehr. Das ist aber bislang der einzige Ausfall.

  • Energiesparen/Standby: Unter Windows hatte ich oft das Problem, dass der Monitor nicht richtig in den Energiesparmodus wechseln wollte. Er ging nur kurz aus und sofort wieder an. Unter Linux scheint der Monitor zwar auch nicht immer in den Energiesparmodus zu gehen, aber wenigstens flackert das dann nicht so seltsam.

    Der Standby-Modus funktioniert ganz gut. Merkbarer Unterschied zu Windows ist, dass Mausbewegungen und Tastatureingaben nicht zur Rückkehr in den Normalzustand führen. Man muss stattdessen den Startknopf drücken. Allerdings funktionierte nach dem Aufwecken eins anscheinend nicht mehr: beim Klick auf Videos oder Bilder startete das jeweilige Betrachtungsprogramm, beendete sich aber nach einiger Zeit wieder, ohne etwas anzuzeigen bzw. abzuspielen.

  • Software: In Sachen Software bin ich bisher weitgehend zufrieden. Für praktisch alle Dinge, die ich vor hatte, fand sich ein entsprechendes Stück Software. Natürlich bevorzuge ich freie Software, aber bei bestimmten Sachen wollte ich auch andere Software testen und benutzen.
    • Als Browser hatte ich unter Windows Google Chrome benutzt, weil Firefox im Vergleich dazu eine lahme Ente ist und zudem recht überladen wirkte. Unter Linux gibt es stattdessen Chromium, der in Stabilität und Performance vergleichbar ist mit seinem Windows-Bruder. Nebenbei ist er hier auch 100% Open Source, was den Spionagebeigeschmack beseitigt. Einzige Macke, die aber nicht weiter stört: Chromium behauptet nach jedem Systemneustart, beim letzten Mal abgestürzt zu sein. Das habe ich auch auf meinem anderen Ubuntu-Computer gesehen. Die Funktion beeinträchtigt das aber natürlich nicht.
    • Für meine Podcasts suchte ich einigermaßen vergeblich nach einem Podcatcher, der meinen Anforderungen entspricht: er soll die Dateien automatisch herunterladen und dann nach bestimmten Kriterien wieder löschen können. Diese Kriterien sind entweder, dass nur Podcastdateien aus einem bestimmten Zeitraum aufgehoben werden, oder dass nur eine bestimmte Anzahl der neuesten Podcasts bleiben. Unter Windows gab es hierfür schon kaum taugliche Programme. Unter Linux fand ich nur Amarok, der immerhin erlaubte, die Anzahl der Dateien zu begrenzen. Dummerweise stürzte er ab beim Laden der Podcasts. Auch Miro, auf das ich zunächst meine Hoffnungen gesetzt hatte, kann das nicht. So blieb ich beim Gpodder hänger, der keine solchen Einstellungen hat, aber gute Synchronisierungsfunktionen hat, so dass ich zumindest von Hand einigermaßen komfortabel löschen kann.
    • In Sachen Fotoverwaltung wollte ich Picasa nicht missen. Google stellt eine Linux-Version bereit, die auch ohne Probleme funktioniert. Sie ist allerdings auf Wine aufgebaut, also einer Emulation von Windows. Deswegen sieht alles sehr windows-artig aus. Das Programm funktioniert aber einwandfrei, wenn man davon absieht, dass der Bilderimport von meiner Kamera nicht so recht will. Das erledige ich nun stattdessen mit F-Spot. Dieses wiederum hat leider keine Löschfunktion, so dass ich die Bilder direkt an der Kamera löschen muss. Kein großes Problem, aber eine Umstellung.
    • Die Skype-Version für Linux ist schon etwas betagt im Vergleich zur aktuellen Windows-Variante, funktioniert ansonsten aber ordentlich.
    • Google Earth wollte beim Direktdownload von der Google-Seite und anschließender Kommandozeileninstallation nicht funktionieren. Nachdem ich aber die Softwaresammlung Medibuntu zu meinen Paketquellen hinzugefügt habe, konnte ich eine funktionstüchtige Installtion erhalten. Eigentlich brauche ich das Programm nicht. Es diente eher meinen neuerlichen GPS-Tracking-Experimenten. Die Anzeige von mit Geotags versehenen Bildern auf der Google-Earth-Karte funktionierte schon unter Windows nur leidlich. Unter Linux sieht es damit noch schlechter aus, auch weil die Verknüpfung zwischen Picasa und Google Earth nicht funktioniert. Da suche ich noch ein bisschen nach dem richtigen Dreh.
    • Die Möglichkeit, jedes dahergelaufene Programm, das gerade passend zum aktuellen Zweck erscheint, installieren zu können, vermisse ich ab und zu. Wenn man schnell eine bestimmte Sache erledigen will, ist es oft umständlicher, sich durch die Software-Bibliothek zu wühlen. Jedoch muss man auch dabei die Vorteile sehen. Dieser Wildwuchs unter Windows müllt nicht nur das System voll, sondern ist zudem ein Risiko, weil auch seriös erscheinende Programme vielleicht gar nicht so seriös sind. Auch erledigt sich damit das Grundproblem, dass man sich unter Windows selbst um Updates für die installierten Programme bemühen muss. Die zentrale Paketeverwaltung erledigt das. Unbedarfte Benutzer werden das sogar schätzen, da sie ohne lange Umschweife eine Fülle von Programmen finden können.
    • Was sie leider nicht erledigt, ist, dass man damit auch auf die Zulieferung aktueller Versionen angewiesen ist. Ich vermisse etwas die schnelle Ordnersuchfunktion in Thunderbird 3.1, weil ich hier nur 3.0.6 habe. Das ist verschmerzbar, wäre aber ausgesprochen schade, wenn bei irgendetwas eine neue viel bessere Version von einem Programm herauskäme. Aber auch hier gilt: man kann sich nicht wirklich über einen kostenlosen Dienst beklagen.

Positiv ist vor allem, die Entwicklung über die Jahre zu sehen. Als ich zum ersten Mal mit Linux herumspielte, wurde eine komfortablere Bedienung noch als „Klickibunti“ abgetan. Da war es schwer, einen Vorteil gegenüber Windows zu sehen, wenn viele Programm nur auf der Kommandozeile funktionierten und die Hardwareunterstützung Mängel hatte. Das Ganze hat sich von einem System, wo man noch sehr viel über die Kommandozeile wissen musste, zu einer modernen Arbeitsumgebung entwickelt. Man kann nun beruhigt glauben, wenn jemand sagt, dass man praktisch alles, was man unter Windows hat, auch unter Linux haben kann – mit Ausnahme moderner Spiele vielleicht, was mich persönlich aber nicht kümmert.

Und so gilt trotz aller meiner Herummäkeleien: es handelt sich um Luxusprobleme. Man braucht nicht das Mantra herunterrattern, dass man sich für das bessere System entschieden hat, um damit für sich selbst den Verzicht auf Funktionen, Komfort oder gar Bugs zu rechtfertigen. Diese Zeiten scheinen definitiv vorbei zu sein. Man erhält ein schickes System, das viel kann und nichts kostet.

Schweden feiert Street View?

Die taz berichtet heute über die schwedische Begeisterung über Street View. Zwar stimmt in dem Bericht vieles, aber er übergeht mit Allgemeinplätzen, dass außer einer Einzelmeldung aus Örnsköldsvik nichts Aktuelles darin zu finden ist.

In der Tat werden solche Dienste im relativ offenen Schweden gut aufgenommen. Es gibt mit hitta.se und eniro.se sogar zwei lokale Konkurrenten mit vergleichbaren Diensten.

Daraus aber abzuleiten, dass die Begeisterung in Örnsköldsvik ein Beweis dafür ist, dass Schweden Street View „feiert“, halte ich für eine gewagte These.

Dass sich Örnsköldsvik über Google freut, wundert mich nämlich nicht, denn der Ort hat gerade einmal 28.000 Einwohner und liegt im dünn besiedelten Norden des Landes. Die ganze Kommune rangiert mit gut 55.000 Einwohnern in der Größe einer deutschen großen Kreisstadt – aber auf eine Fläche verteilt, die mehr als doppelt so groß wie das Saarland ist. Anders gesagt: Örnsköldsvik steht nicht gerade im Verdacht, Anzugspunkt zu sein oder bald zu werden, und kann der Googleschen Aufmerksamkeit daher auch mehr abgewinnen. Insbesondere, weil der weltläufige Suchmaschinenriese in ihre Stadt kommt, während die nationale Konkurrenz hitta.se und eniro.se noch keinen Wagen geschickt hat.

Von der Verwunderung über die deutsche Debatte, die in der Überschrift erwähnt wird, ist im Bericht nichts zu lesen. Gerade die hätte mich aber interessant.

Ekelerregend

Nun sind auch noch die Nazis unter die Spammer gegangen:

Hamburger Abendblatt News Nr. 3212

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Rudolf Heß – Das war Mord !

Mord verjährt nicht!

Zum Todestag von Rudolf Heß

Was hat man von seiten der Alliierten nicht alles getan, um das Andenken an
Rudolf Heß auszulöschen: ein halbes Leben lang, fast 46 Jahre, hat man ihn […]

Ein anderes Mal wurde mir die Mail mit dem Betreff „Mord von deutscher Regierung vertuscht“ als „Stuttgarter Zeitung News Nr. 5344“ zugesandt.

Das ist schon ziemlich widerlich, zumal die entsprechenden Kreise mit ihren Behauptungen um Rudolf Heß und seiner Verklärung zum Märtyrer hier ein Thema haben, das auf den ersten Blick als einigermaßen seriös daher kommt.

Ich habe mir das nicht ganz durchgelesen, weil ich durch vorige eingehende Beschäftigung mit dem Thema die ganze Litanei schon kenne: Heß als angeblicher Friedensengel, der den vermeintlichen Friedensunwillen der Briten (genauer gesagt Churchills) hätte bezeugen können und deswegen unter Verschluss gehalten oder aus dem Weg geräumt werden musste. Hitler hätte Churchill angeblich ein umfängliches Friedensangebot gemacht, aber dieser sei nicht darauf eingegangen, weil er den Krieg wollte. Das Ganze ist gestützt auf britische Dokumente, die sich bei einer Analyse als Fälschung herausstellten. Das ficht die entsprechenden Leute natürlich nicht an, daraus die Geschichte vom Mord an Heß zu stricken. Außer einigen sehr dünnen Indizien, die einen Mord möglich machen, aber keineswegs belegen, gibt es nichts brauchbares. Was natürlich kein Hindernis ist, trotzdem felsenfest zu behaupten, das seien alles abgesicherte Fakten.

Der ganze Text ist von Olaf Rose unterzeichnet, ein Historiker mit einschlägigem Ruf, der unter anderem Autor für das NPD-Parteiblatt „Deutsche Stimme“ ist und Preise von entsprechenden Organisationen erhalten.

Am Ende des Textes findet sich ein Link zu einem Anti-Nazi-Plakat der Grünen Jugend. Vielleicht wollen die Macher das dadurch noch unschuldiger erscheinen lassen.

Es hat mittlerweile anscheinend Tradition, mit unverfänglicher Verpackung zu arbeiten. Schon vor 6 Jahren war Olaf Rose an einem „Dokumentarfilm“ namens „Geheimakte Heß“ beteiligt, der die ganze Geschichte im Guido-Knopp-Stil präsentiert und anscheinend sogar n-tv narrte, so dass sie den Film ausstrahlten.

Ich hoffe, ich bleibe künftig von so einem Müll verschont.