Alles Schall und Rauch oder wie man sich die Medienwelt zurechtbiegt

Google Reader ist eine praktische Erfindung: man abonniert Blogs und ist so über alles, was dort publiziert wird, informiert. Man sagt der Blogosphäre nach, dass sie den Bürgerjournalismus zum Durchbruch verholfen hat. Nicht nur etablierte Medien finden Gehör, sondern auch alternative Publikationen, so dass kein Meinungsmonopol entstehen kann. Das klingt in der Theorie gut, aber bedeutet auch, dass man mit allen Gewächsen dieser Möglichkeiten leben muss.

Ein solches ist „Alles Schall und Rauch“. Man könnte es als Zentralorgan der Verschwörungstheorie bezeichnen und läge damit wohl gar nicht mal so falsch. Die Themenpalette ist im Wesentlichen USA, Israel, 9/11 was an inside job, Israel, Bilderberg regiert die Welt, Palästina, Welt geht unter, 9/11, Klimawandel ist Blödsinn, usw. usf.

Also nicht gerade meine Baustelle, um es mal milde auszudrücken. Aber man soll ja auch Offenheit bewahren, und dazwischen finden sich auch immer mal wieder interessante Dinge, wie z.B. eine Liveübertragung von den Protesten gegen Stuttgart 21.

Traurig wird die Geschichte aber irgendwo dann, wenn die vermeintlichen Aufklärer an ihren eigenen Standards scheitern. Damit meine ich nicht, dass diese Leute gar keine unabhängige 9/11-Untersuchung wollen, sondern eine, die genau das sagt, was sie ohnehin zu wissen glauben.

Ich meine damit, dass in dem Milieu so ziemlich alles, was durch etablierte Medien verbreitet wird, von vorneherein suspekt, um nicht zu sagen falsch, ist. Wenn die Medien aber ausnahmsweise mal das berichten, was gerne gehört wird, ist es anscheinend die pure Wahrheit.

Gestern erschien so eine Geschichte: Krebs ist eine moderne Krankheit.

Die Quelle des Blogeintrags ist nicht genannt, aber man braucht nicht lange nach ihr zu suchen. Es ist dieser Artikel der zweitgrößten britischen Tageszeitung Daily Mail. Da sagen die zwei Wissenschaftler Rosalie David und Michael Zimmerman, derzeit tätig an der Universität Manchester, mit einer bemerkenswerten Deutlichkeit: Krebs ist das Werk des Menschen, ein Produkt der Industriegesellschaft.

Bemerkenswert deswegen, weil mir der Artikel der beiden vorliegt, den sie diesen Monat in Nature Reviews Cancer veröffentlicht haben, dem Ableger der höchst angesehenen Zeitschrift Nature für die Krebsforschung.

Der Titel des Artikels von David und Zimmerman lautet:

Cancer: an old disease, a new disease or something in between?

zu deutsch:

Krebs: eine alte Krankheit, eine neue Krankheit oder etwas dazwischen?

Bei der Fragestellung bleibt es über weite Strecken auch. Der Artikel stellt eine Art Zusammenfassung des Forschungsstandes dar: die Seltenheit von Krebs in Fossilien und Mumien mit einem Durchgang verschiedener Erklärungsansätze und einer Reihe von etablierten Fakten.

Nur: die Behauptung, Krebs sei „purely man-made“, sucht man vergebens.

Stattdessen liest man beispielsweise

Im Allgemeinen unterstützt die Seltenheit von Krebs in den ältesten sterblichen Überresten die Theorie, dass das Sterbealter, die Ernäherung und Umweltfaktoren die Häufigkeit von Krebs in Menschen erheblich beeinflussen. Allerdings gehören die Einschränkungen der Diagnosemethoden, die von frühen Forschern verwendet wurden, und die unzureichende Datengrundlage zur Ermittlung einer zuverlässigen Krebshäufigkeit zu den andere möglichen Faktoren zur Erklärung dieses Fehlens von Beweisen.
(Generally, the scarcity of cancer in the earliest remains supports the theory that age at death, diet and environmental factors substantially influence the incidence of cancer in humans. However, other possible factors to explain this lack of evidence include the limitations of the diagnostic methods used by early investigators to study these remains, and the insufficiency of data to provide a reliable rate of cancer incidence.)

oder

Es muss auch daran erinnert werden, dass in modernen Gesellschaften Knochentumore vorwiegend die Jungen betreffen, so dass ein ähnliches Muster in antiken Gesellschaften zu erwarten wäre. Deshalb könnte die Seltenheit von Tumoren in antiken Gesellschaften ein Ergebnis anderer Faktoren als der Lebenserwartung sein.
(It must also be remembered that, in modern populations, tumours arising in bone primarily affect the young, so a similar pattern would be expected in ancient populations. Therefore, the rarity of tumours in ancient populations could be a result of factors other than life expectancy.)

In der Zusammenfassung heißt es schlicht

Es ist zu hoffen, dass Forschung in der Paläopathologie zur Aufklärung der Krankheitsentstehung von Krebs beitragen werden. Die Veröffentlichung der ersten histologischen Krebsdiagnose in einer ägyptischen Mumie ist ein Schritt auf diesem Weg. Trotz der Tatsache, dass andere Erklärungen wie die unzureichenden Techniken zur Krankheitsdiagnose ausgeschlossen werden können, legen die verfügbaren paläopathologischen und literarischen Beweise die Seltenheit von bösartigen Tumoren in der Antike nahe. Dies könnte mit der Verbreitung von Karzinogenen in modernen Gesellschaften zusammenhängen.
(It is hoped that research in palaeopath­ology will contribute to the elucidation of the pathogenesis of cancer. The publication of the first histological diagnosis of cancer in an Egyptian mummy is one step along the way. Despite the fact that other explanations, such as inadequate techniques of disease diagnosis, cannot be ruled out, the rarity of malignancies in antiquity is strongly suggested by the available palaeopathological and literary evidence. This might be related to the prevalence of carcinogens in modern societies.)

Es gibt also allerhand, was darauf hindeutet, aber die Forscher sind weit davon entfernt, ein abschließendes Urteil zu fällen.

Wie man das eben als Wissenschaftler sagt, der seine Datenlage einer kritischen Betrachtung unterzieht und auf deren Basis Schlüsse zieht. Was da in der Daily Mail steht, ist also entweder in einem Anfall von Sensationslust der beiden Wissenschaftler entstanden, oder Fiona Macrae von der Zeitung gingen einfach die Pferde durch beim Schreiben – beides nicht gerade schmeichelhaft für die Zeitung.

Soweit hat aber weder der Schreiber bei „Alles Schall und Rauch“ gegraben noch irgendeiner der Kommentatoren zum Artikel. Der Nature-Artikel ist zwar nur für Abonnenten (z.B. über Universitätsbibliotheken) in voller Länge erhältlich, aber auch am Abstract hätte man erkennen können, dass der Fall keineswegs so sonnenklar ist. Also habe ich kommentiert, um darauf hinzuweisen. Weil es in den Spielregeln zu den Kommentaren heißt, dass auch mal etwas verloren geht, habe ich den Kommentar später noch einmal neu formuliert abgeschickt, als der erste nicht erschien.

Zur Stunde ist keiner der beiden veröffentlicht. Da in der Zwischenzeit einige andere erschienen sind, ist wohl davon auszugehen, dass da nichts mehr kommen wird.
Im Kopf der Seite heißt es:

Es ist die Pflicht eines jeden Menschen immer gut informiert zu sein, damit man die richtigen Entscheidungen treffen kann

Offenkundig sind aber nur bestimmte Informationen genehm.

Abmahnung vom Spammer

Wenn du glaubst, es kommt nichts mehr…

Gestern fand ich folgende Mail in meinem Spamordner vor:

Guten Tag,

in obiger Angelegenheit zeigen wir die anwaltliche Vertretung und Interessenwahrung der Firma Videorama GmbH,
Munchener Str. 63, 45145 Essen, an.

Gegenstand unserer Beauftragung ist eine von Ihrem Internetanschluss aus im sogenannten Peer-to-Peer-Netzwerk
begangene Urheberrechtsverletzung an Werken unseres Mandanten. Unser Mandant ist Inhaber der ausschliesslichen
Nutzungs- und Verwertungsrechte im Sinne der §§ 15ff UrhG bzw. § 31 UrhG an diesen Werken, bei denen es sich um
geschutzte Werke nach § 2 Abs 1 Nr. 1 UrhG handelt.

Durch das Herunterladen urherberrechtlich geschutzer Werke haben sie sich laut § 106 Abs 1 UrhG i.V. mit
§§ 15,17,19 Abs. 2 pp UrhG nachweislich strafbar gemacht.
Bei ihrem Internetanschluss sind mehrere Downloads von musikalischen Werken dokumentiert worden.

Aufgrund dieser Daten wurde bei der zustandigen Staatsanwaltschaft am Firmensitz unseres Mandanten Strafanzeige
gegen Sie gestellt.

Aktenzeichen: 350 Js 483/10 Sta Essen

Ihre IP Adresse zum Tatzeitpunkt: 84.190.31.155

Ihre E-Mail Adresse: webmaster@fabian-seitz.de

Illegal heruntergeladene musikalische Stucke (mp3): 13

Illegal hochgeladene musikalische Stucke (mp3): 21

Wie Sie vielleicht schon aus den Medien mitbekommen haben, werden heutzutage Urheberrechtverletzungen
erfolgreich vor Gerichten verteidigt, was in der Regel zu einer hohen Geldstrafe sowie Gerichtskosten fuhrt.
Link: Urheberrecht: Magdeburger muss 3000 Euro Schadensersatz zahlen

Genau aus diesem Grund unterbreitet unsere Kanzlei ihnen nun folgendes Angebot:
Um weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und anderen offiziellen Unannehmlichkeiten wie Hausdurchsuchungen,
Gerichtsterminen aus dem Weg zu gehen, gestatten wir ihnen den Schadensersatzanspruch unseres Mandanten
aussergerichtlich zu loesen.
Wir bitten Sie deshalb den Schadensersatzanspruch von 100 Euro bis zum 18.10.2010 sicher und unkompliziert
mit einer UKASH-Karte zu bezahlen. Eine Ukash ist die sicherste Bezahlmethode im Internet und
fur Jedermann anonym an Tankstellen, Kiosken etc. zu erwerben.
Weitere Informationen zum Ukash-Verfahren erhalten Sie unter: http://www.ukash.com/de
Senden Sie uns den 19-stelligen Pin-Code der 100 Euro Ukash an folgende E-Mailadresse zahlung@rechtsanwalt-giese.info

Geben Sie bei Ihre Zahlung bitte ihr Aktenzeichen an!

Sollten sie diesen Bezahlvorgang ablehnen bzw. wir bis zur angesetzten Frist keinen 19- stelligen
Ukash PIN-Code im Wert von 100 Euro erhalten haben, wird der Schadensersatzanspruch offiziell
aufrecht erhalten und das Ermittlungsverfahren mit allen Konsequenzen wird eingeleitet. Sie erhalten
dieses Schreiben daraufhin nochmals auf dem normalen Postweg.

Hochachtungsvoll,
Rechtsanwalt Florian Giese

Ich will nicht sagen, dass ich geschluckt hätte – Musikstücke heruntergeladen habe ich sicherlich nicht, und selbst wenn, dann doch bestimmt nicht von der Videorama GmbH, einer Pornoproduktionsfirma. Insofern ist das schonmal entwarnend. Auch dass die angegebene IP eine von der Deutschen Telekom in Berlin ist, gibt Sicherheit.

Trotzdem ist das natürlich eine neue Form der Dreistigkeit, die dem oft verunsicherten Internetsurfer dieser Tage noch mehr aufbürdet. Ich meine, wenn solche Possen passieren, dann scheint irgendwann alles möglich, so absurd es auch sei.

Insofern kann man nur inständig hoffen, dass niemand auf diese plumpe Nummer reinfällt. Das Geld ist auf die in der Mail beschriebenen Art natürlich für immer weg – zumindest kann man schwer davon ausgehen. Wer die bereits genannten Fakten nicht recherchiert hat oder recherchieren konnte, dem fällt hoffentlich auf, dass der Ton nach dem sehr seriösen Anfang doch etwas salopp wird und am Ende regelrecht für dieses Ukash-Verfahren geworben wird. Dieses Verfahren scheint wie z.B. Western-Union-Geldtransfers eine Einbahnstraße zu sein. Die Gegenseite muss nur einen bestimmten Code wissen, und schon ist das Gegenteil Geld zu einer anonymen Gegenstelle überwiesen und damit für immer verschwunden. Eine beliebte Betrügermasche.

Also: ernstzunehmende Abmahner (von „seriös“ will ich in diesen Zeiten sowieso nicht mehr sprechen) schreiben Briefe und keine Mails. Vor allem aber haben sie eine Bankverbindung und eine Postadresse.

Den Rechtsanwalt Giese gibt es übrigens wirklich. Er sitzt in Hamburg und vertritt höchstwahrscheinlich keine Spammer, denn er warnt auf seiner Homepage ausdrücklich vor diesen Betrugsmails. Die oben genannte .info-Adresse ist ein Replikat seiner Seite, worauf allerdings alle Links tot sind.

Sinnigerweise ist es ausgerechnet Giese, der in diesem Fall wirklich Schadensersatz fordern könnte – denn was diese Spambetrüger tun, kann man wohl getrost als rufschädigend bezeichnen. Er hat auch schon Strafanzeige gestellt. Dass man den Missetätern habhaft werden kann, darf wohl bezweifelt werden.

Aus aktuellem Anlass

Google-Logo heute zum 70. Geburtstag von John Lennon (Ausriss: google.se)

Früher durfte ich berufsbedingt die Trauerbekundungen für Kurt Cobain von Teenagern lesen, die zum Zeitpunkt dessen Todes fast noch flüssig waren und vermutlich außer „Smells like teen spirit“ keinen einzigen Titel von Nirvana kannten. Das hielt sie aber nicht davon ab, bei jeder Gelegenheit, wo es um den Tod des Musikers ging, Rotz und Wasser über der Tastatur auszugießen und über die unglaubliche Bedeutung dieses Mannes für ihr Dasein zu philosophieren.

Rockmusikkenner werden mich des Banausentums bezichtigen, aber wo die außergewöhnliche Bedeutung dieses Mannes liegt, ist mir bis heute schleierhaft. Es werden sich doch noch andere Bands finden lassen, die ein paar ordentliche Alben produziert und erfolgreich in einem Musiksender die Gitarren ausgestöpselt haben. Der Musikstil Grunge ist genauso dem Orkus des Vergessens anheim gefallen wie Batik-T-Shirts. Für letzteres muss man aber definitiv dankbarer sein.

Vielleicht bin ich für so etwas einfach nicht zugänglich. Ich stand und stehe dem Phänomen mit Unverständnis gegenüber.

Heute jährt sich der Geburtstag John Lennons zum 70. Mal. Ich weiß, dass ich nach dem Vergrätzen der Cobain-Fans und Rockmusikkenner durch diesen Themensprung nun auch noch einen erregten Mob Lennon- und Beatles-Fans an den Fersen habe. Aber, soviel Ehrlichkeit muss sein: der Kult um Cobain und Lennon ähnelt sich schon irgendwie – nur dass es bei letzterem bei der Zielgruppe aufgrund des schon etwas fortgeschrittenen Alters etwas abgeklärter zugehen dürfte.

Ich maße mir nicht an, mich als Beatles-Kenner zu bezeichnen. Umfänglich informiert habe ich mich jedoch schon, und so leid es mir tut: nach den Beatles kam nach meinem Eindruck nicht mehr so wahnsinnig viel, und das heute geradezu ikonische „Imagine“ erreichte seinen Status erst, als Lennon schon tot war. Vor einiger Zeit sah ich die Dokumentation „Death of a Beatle“, und da fabulierte (zumindest in meiner Erinnerung) jemand etwas davon, dass Lennon der Anführer einer großen Bewegung geworden wäre, wenn er nicht ermordet worden wäre. Ein schöner Gedanke, aber die eigentliche Bewegung entstand erst danach und war nur in Trauer vereint.

Vor allem ist aber offensichtlich, dass Lennon hierzu vermutlich nie getaugt hätte. Nach allem, was ich über ihn weiß, scheint er ein Mensch mit vielen Ecken und vor allem Kanten gewesen zu sein.

Dass Google heute Lennon mit obigem Doodle ehrt, nehme ich daher lieber als einen Tribut an einen der brillantesten Musiker des 20. Jahrhunderts, der mit seinen Werken Millionen von Menschen berührte. Träume sollten immer einen Platz haben, auch wenn sie zu unberechtigen Hoffnungen führen. Seinen Platz als Ausnahmekünstler mit Visionen konnte seither keiner mehr ausfüllen, wie mir scheint.

Mich über Musik, von der ich (offenkundig) nicht sonderlich viel verstehe, auszulassen ist nicht gerade typisch für mich. Warum also diese Ausnahme?

Sie ist in gewisser Hinsicht etwas egoistisch. Die allermeisten Menschen werden an einem Tag geboren, an dem nichts besonderes passiert. Ich bin genau an dem Tag geboren, an dem ein Irrer namens Mark David Chapman vor dem Dakota-Building lauerte und später am Tag Lennon erschoss. Das bedingt nicht nur, dass ich in 2 Monaten indirekt auf meinen 30. Geburtstag hingewiesen werde. Auch wenn ich das Träumerische nicht so sehr teilen kann, so erzeugt dieser Zufall irgendwie eine Verbundenheit mit diesem Mann aus Liverpool (und mit seinen drei ehemaligen Kumpels). Die Strawberry Fields in New York haben soviel Eindruck hinterlassen, dass ich mehrmals dort war. Und auf dem Schottland-Trip vor zwei Jahren blieb mir besonders Durness im Gedächtnis, wo eine Gedenkstätte daran erinnert, dass Lennon in diesem winzigen Nest im äußersten Norden des Landes Verwandtschaft hatte, als Kind oft dort war und auch Yoko Ono einmal dorthin nahm.

So bin ich heute auch irgendwie in der Gemeinde der vielen Menschen, die dieses Mannes gedenken. In diesem Sinne. Requiescat in pace John Lennon

[via Nikke Index, Kids and me 2.0]

Investmentgenie

Ich bin bislang derart erfolglos als Aktienhändler, dass eine Bank mich eigentlich schon deswegen anstellen sollte, weil ich ihnen garantiert sagen kann, welche Aktien man nicht kaufen sollte: nämlich die, die ich kaufen würde.

Ein Blick in mein Aktiendepot:

Mein Aktienportfolio

Ich habe mich also ausgerechnet für zwei Firmen entschieden, die vor sich hin darben.
Zum Einen SAS, eine Airline, die keiner kaufen will und jetzt einen neuen Chef hat, der den Karren aus dem Dreck ziehen soll. Ich hatte die Aktie ursprünglich erworben, weil die Asche alle Airlines gedrückt hatte und ich annahm, dass eine angeschlagene Staatsairline keinesfalls untergeht. Bislang fliegen sie noch, aber das es nicht allzu rosig sein kann, merkt man schon daran, dass an Bord wie bei einem Billigflieger Erfrischungen nur gegen Bezahlung angeboten werden.

Zum Anderen aber und noch viel schlimmer Eniro – eine Firma, die die meisten ihrer Dienste gratis und werbefrei anbietet, was freilich nicht gerade zum Umsatz beiträgt. Ursprünglich war sie als Auslagerung des Telefonbuchvertriebs des schwedischen Telekom-Pendants gegründet worden. Manche werden sich noch daran erinnern können, dass die Firma in Baden-Württemberg Werbung machte mit dem Slogan „Baden-Württemberg hat die höchste Zebradichte Deutschlands“ oder so ähnlich. Die Telefonbücher hatten nämlich ein Zebra-Layout. Das haben viele wohl nicht verstanden. Vielleicht wollte auch einfach keiner die Telefonbücher haben. Jedenfalls hat sich die Firma in Deutschland anscheinend nie etabliert.

Bei meinem Kauf hatte ich nur auf den Börsenkurs geschielt: der war zum Zeitpunkt meines ersten Kaufs schon um über 70% gesunken, woraus ich schloss, dass die Talfahrt auch mal beendet sein müsse. Die ging aber noch ein gutes Stück weiter. Bei einer Kapitalerhöhung machte ich dann auch noch mit. Das alles half aber nichts. Zwischenzeitlich war die Aktie so eine Art Hot Stock: sehr billig, so dass viele Leute schnell investieren, ihr Geld aber auch schnell wieder abziehen, um den Gewinn sofort mitzunehmen.

Bei mir gab es aber nichts mitzunehmen. Also hielt ich – wenn ich schon Kostolanys Rat, mich über die Firma intensiv zu informieren, nicht befolgt hatte, so wollte ich wenigstens dem Rat folgen, Aktien lange liegen zu lassen. Außerdem: was will ich mit 8 Euro, die mir nach Abzug aller Gebühren noch blieben? Im Mai hatte ich mir überlegt, auf die Hauptversammlung zu gehen und zumindest das kulinarische Angebot dort zu plündern.

Die Situation scheint aber so dramatisch zu sein, dass es da nichts zu plündern gegeben hätte. 6,4 Milliarden Kronen Schulden hat der Laden – und das bei einem Börsenwert von 1,2 Milliarden. Vor einem Monat flog deswegen auch der Chef raus. Kurz darauf wurden große Teile des Finnlandgeschäfts verkauft. Zwischenzeitlich ging es hoch und runter. Am Mittwoch wurde dann sogar der Handel mit der Aktie ausgesetzt. Heute steht nun in der Zeitung, dass keiner Eniro kaufen will (nichtmal ich).

Womöglich ist es bald zu Ende mit der Firma, die sich erst kürzlich ein neues Logo gab. Wenn sich kein Investor findet, wird man höchstens noch die Reste plündern können – Google hätte sicher großes Interesse an den Karten- und Street-View-Funktionen des Ladens. Der Rest wird aber wohl in der Versenkung veschwinden.

Reales und anfassbares Wertpapier (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)

Ich habe gehört, man kann sich Wertpapiere auch zum Anfassen ausliefern lassen – also so ein schönes Stück wie das hier dargestellte. Wenn das geht, würde ich das glatt machen. Das Papier ist dann ohnehin wahrscheinlich mehr wert als die Aktie.

Hare Krishna am Fridhemsplan

In einer Großstadt wie Stockholm rechnet man mit so einigem. Heute abend lief auf dem Ringvägen eine desorientierte wirkende Frau herum, die ihre Überquerung der Straße abbrach und stattdessen vor dem Bus trotz Fernlicht und Hupe stehen blieb. Als sie sich langsam Richtung Straßenrand bewegte, kam sie auch noch zur Tür und wollte mitfahren – darauf verzichtete ich doch gerne. Sie zog dann auf der weit sichereren Wiese ab.

Mit diesem kleinen Festumzug hatte ich jedoch nicht so ganz gerechnet.

Unter dem Pausenlokal der Busfahrer ist ein vegetarisches Restaurant – leider kantinenmäßig angelegt und nur eingeschränkt geöffnet, aber recht lecker – das zur Hare-Krishna-Bewegung gehört und gleich ein entsprechendes Zentrum angeschlossen hat. Der Fridhemsplan muss alternative Religionen anziehen, denn gegenüber hängt regelmäßig ein Banner der „New Life Church“.

Kleinere, Hare Krishna singende Gruppen habe ich dort schon öfters erspäht, aber dieser fröhliche Tanz im Kreis war mir dann doch neu. Die Frau am Imbiss war hingegen überrascht, dass ich die noch nie gesehen hatte.

Ich glaube, der allsonntägliche Umzug fällt dennoch recht bescheiden aus – mehr als einmal um den Block herum scheint er nicht zu gehen.

Schweden, abends um 9

Das Telefon klingelt.

Ich: Hallo.
Sie: Hallo. Ich rufe von Comhem an. [Anm.: mein Kabelfernsehanbieter] Du bist doch Fabian, oder?
Ich: Ja, der bin ich.
Sie: Ich rufe an, weil ich gerne mit dir darüber sprechen würde, wie wir deine Monatskosten mit Internet und Telefonie senken können. Du hast bislang nur TV small [Anm. kleinstmögliches TV-Paket dieses Anbieters] gebucht, oder?

Diesen Gesprächsverlauf hatte ich schon erahnt. Es gibt in Schweden ein Register namens NIX-Telefon, in das man sich eintragen kann und dann nicht mehr mit Werbeanrufen belästigt wird. Ausnahme: Firmen, bei denen man schon Kunde ist, dürfen trotzdem anrufen als vermeintlichen Kundenservice. In Wirklichkeit dienen diese Anrufe aber nur dazu, dem Kunden noch mehr der eigenen Produkte anzudrehen. Nach zahlreichen dieser Gespräche habe ich beschlossen, ab sofort konfrontativ mit Kündigung zu drohen.

Ich: Ja, habe ich. Hör mir zu, ich sage das nur einmal. Wenn ich noch einmal so einen Anruf erhalte, kündige ich sofort.
Sie: Du bist aber nicht nett zu mir. Ich mache hier nur meinen Job.
Ich: Das hat auch nichts mit dir zu tun. Ich bezahle jeden Monat dafür und will keine solchen Anrufe bekommen.
Sie: Stehst du vielleicht nicht im NIX-Register? Den Eintrag muss man jährlich erneuern.
Ich: Das habe ich. Ich stehe im NIX-Register. Tschüss.
Aufgelegt.

Dass ich meinen Eintrag erneuert habe, stimmt nicht, aber ich konnte da keinen Rückzieher machen. Dass man eine jährliche Erneuerung machen muss, ist zudem glatt gelogen, wie ein Anruf bei NIX kurz darauf ergibt. Ich vermute, das ist eine Schutzbehauptung, um solche renitenten Kunden wie mich in die Defensive zu treiben, die sich abends um 9 am Telefon nicht irgendwelchen Mist aufschwatzen lassen wollen, weil sie eine eventuelle Kaufentscheidung auf Basis von Informationen treffen wollen.

Ich habe das Comhem auch gleich noch per Mail mitgeteilt.

Wahrscheinlich haben sie mich sowieso als Kunden verloren. Wir zahlen für den Empfang des ZDF jeden Monat rund 6 € – alles andere ist sowieso in unserer Miete enthalten. Angesichts der Dicke unserer Internetleitung und den umfänglichen Livestream- und Mediathekangeboten bietet es sich eher an, einen alten Computer an den Fernseher anzuschließen und die Geschäftsbeziehung mit Comhem zu beenden. Einen entsprechenden Adapter habe ich mir gerade gekauft.

Jonathan Safran Foer – Tiere essen (Eating Animals)

Selten folge ich aktuellen Buchtrends. Noch seltener lese ich ein Buch schnell durch. Dieses ist in beider Hinsicht eine Ausnahme.

Ich vertrete schon seit längerem die Ansicht, dass Fleisch in der allgemeinen Ernährung zu gewöhnlich geworden ist, während jahrhunderte-, wenn nicht gar jahrtausendelang Fleisch als etwas besonderes galt, das auch nur zu besonderen Anlässen auf den Tisch kam. Diese Wertschätzung ist verloren gegangen. Das ist kulturell ein Verlust, aber hat eine weit größere Tragweite. Ich selbst habe den Schluss gezogen, zuhause zu vegetarischer Ernährung zu tendieren, oder simpler gesagt, beim Einkauf einfach kein Fleisch mehr mitzunehmen.

Foer macht keinen Hehl daraus, dass er lange Zeit und immer mal wieder Vegetarier war (und ist). Was sein Buch aber angenehm abhebt, ist, dass ihm dieser weltverbesserischer Eifer fehlt, der jedem Fleischesser die ganzen Peta-Aktivisten und auch schon viele handelsübliche Vegetarier höchst suspekt macht. Ein solcher führt nämlich eher dazu, dass die Argumentation auf der Schiene verläuft, dass Vegetarier (und noch mehr Veganer) in jeder Hinsicht die besser lebenden (und damit wohl auch besseren) Menschen seien und sich jeder, der ein Schnitzel anguckt, gefälligst unheimlich schlecht vorkommen muss.

Das Buch beschäftigt sich aber nicht nur mit Betrachtungen dieser Art, sondern vielmehr mit einer Darstellung der Industrie, die uns tagtäglich mit dem Essen auf unseren Tellern versorgt. Es ist trotzdem ein Panoptikum des Grauens geworden. Überzüchtete eingeklemmte Tiere, die in Massen krepieren – das volle Programm. Ich kaufe ihm diese Darstellung weitestgehend ab. Das Buch scheint nämlich sehr gut recherchiert zu sein. Mir ist nur ein Fehler aufgefallen: an einer Stelle heißt es, Vegetarier lebten im Schnitt länger (weil gesünder). Dies beruht anscheinend auf einer Misinterpretation der Daten.

Er spricht aber auch von den Alternativen, die (in den USA zumindest) beinahe verschwunden sind: Bauern, die ihren Tieren ein schönes Leben bereiten und dafür sorgen, dass sie bei der Schlachtung schnell und schmerzlos sterben. Er spricht aber auch ganz offen über das Dilemma, das hierbei entsteht: weder kann man die unglaublichen Fleischmengen, die in Europa und Nordamerika verzehrt werden, auf diese Art herstellen, noch ist dies zu dem Preis möglich, den wir mittlerweile gewohnt sind. Das Buch ist sehr US-zentriert, denn für den Markt wurde es natürlich auch geschrieben. Dort hat industrielle Fleischproduktion einen Markteinteil von rund 99%. Es fällt schwer, zu glauben, dass die gleichen horrorartigen Zustand auch in Europa den Markt so dominieren. Ich glaube es ehrlich gesagt auch nicht so ganz – zumindest in Deutschland kann konstatiert werden, dass der Familienbauernhof (noch) keine Randerscheinung ist. Meldungen wie diese hier, wo 4000 Hühnern beim Transport die Flügel gebrochen wurden, finden ihren Weg in die Medien – bei Foer sind sie der Normalzustand und damit wohl kaum noch berichtenswert.

Dennoch darf man sich keine Illusionen machen: unser idyllisches Bild vom Bauernhof ist ein Wunschtraum. Hier geht es um knallharten Kapitalismus, der nur in staatlicher Kontrolle seine Grenzen findet. Ein Blick ins aktuelle Prospekt von real zeigt mir, dass selbst bestes Schweinefleisch nur 5,55 € pro Kilo kostet. In Schweden ist der Preis wohl etwas höher. Da muss man sich schon fragen, ob diese Tiere gut zu Essen bekamen, Freilauf und ein einigermaßen langes Leben hatten, wenn am Schluss ein Kilo von ihnen 5,55 € kostet. Ist dies zu so einem Preis möglich?

Selbst wenn es so ist: es ist den Menschen egal, und das ist das eigentlich beklemmende an dem Buch. Jeder setzt sich intensiv damit auseinander, wie man aus guten Zutaten gutes Essen macht. Keiner will aber wissen, wo dieses Essen herkommt – nicht aus Desinteresse, sondern eher aus bewusst gewählter Ignoranz. Es ist ein nicht wissen wollen aus der Befürchtung, etwas zu erfahren. Wir wollen, dass die Spielzeuge unserer Kinder frei von Schadstoffen sind und veranstalten einen Riesenterz um letztendlich harmlose Arzneien. Wie aber das Zeug produziert wird, das viele von uns jede Woche kiloweise in sich hineinschaufeln, wollen wir nicht wissen. Wir besuchen Autofabriken, aber keine Schlachtereien. Man kann es einem nicht verdenken – ich will das auch nicht sehen.

Solange uns aber Missstände in Autofabriken mehr interessieren als Missstände in Schlachtereien, kann kein politischer Druck entstehen. In der Hinsicht haben sich in Europa die Grünen und allerlei Verbände große Verdienste erwiesen, hier vorangegangen zu sein, auch wenn es keine populäre Position war.

Ich habe die letzten Wochen auch dazu genutzt, im Freundes- und Bekanntenkreis das Thema etwas zu diskutieren. Angesichts dessen, dass das Angebot vegetarischer Alternativen ein Standard geworden ist, scheint die Skepsis erstaunlich tief verankert zu sein. Es ist ein heißes Thema, schon weil es vielen nicht einmal als diskutierenswürdig erscheint. Vegetarische Ernährung wird oft als Notlösung gesehen, nicht als Alternative. Es scheint sogar überraschend zu sein, dass ein vegetarisches Gericht schmecken kann – auch wenn es freilich nicht muss. Fleischverzehr wird als essentiell angesehen – etwas, auf das man bei einer abgerundeten Ernährung gar nicht verzichten kann. Das ist so natürlich nicht richtig. Es ist eher ein Tribut an die Bequemlichkeit, eine Mischung aus sozialer Konvention, dem verlockenden Geschmack und schlichter Gewohnheit. Schon alleine den Gedanken zu formulieren, eine auch nur vorwiegend vegetarische Ernährung, erzeugt Reaktionen, als habe man gerade verkündet, man wolle morgen mit einem Schlauchboot Walfangschiffe stürmen. Glühbirnen auszutauschen gegen den Klimawandel ist für jeden eine Option, aber den Bedarf für die unheimliche aufwändige Tierhaltung zu reduzieren nicht. Hier greift auch das klassische Ich-als-einzelner-kann-sowieso-nichts-tun-Argument, was natürlich einen Stillstand zementiert.
Auch einen Blick auf die Speisekarten habe ich in letzter Zeit geworfen. Man kann froh sein, wenn 10% der angebotenen Gerichte vegetarisch sind. Die Marktmacht der Vegetarier drückt sich anscheinend eher in der Bildung von Parallelstrukturen aus – kein vielversprechender Weg, einen allgemeinen Wandel zu stützen.

Ich stimme in bestimmten Schlussfolgerungen nicht mit Foer überein. Er weist gegen Ende darauf hin, dass man in seinen Ausführungen eine Aufforderung sehen sollte, nicht weniger, sondern gar kein Industriefleisch zu essen. An diesem Punkt fällt er aber auch in die weltverbesserische Rhetorik, die, wie oben erwähnt, nicht typisch für ihn ist. Dass nur eine Änderung eintreten könne, wenn man ganz diesem Fleisch abschwört, ist etwas naiv. Wer nach dem ganzen Kuchen schreit, wird nachher kaum mehr als Krümel kriegen. Jedes verkaufte Kilo Fleisch, das nicht aus dieser Quelle stammt, bewegt die Marktverhältnisse und zwingt letzten Endes alle Marktakteure, auf die veränderten Kundenprioritäten zu reagieren.

Deswegen fühle ich mich im Grunde nur umso mehr in meiner Haltung bestätigt: die Ignoranz ist eher das Problem als der Fleischverzehr an sich. Wenn Fleisch die Ausnahme anstatt der Regel ist, wenn man bewusst einkauft anstatt nur das billigste im Regal zu nehmen, wenn man höhere Standards in den Bauern- und Schlachthöfen von der Politik verlangt und dafür gerne auch mehr Geld auf den Tisch zu legen, dann ist schon viel gewonnen.

Das lag da so rum

In diesem Blog streife ich selten die Grenzen der Schlüpfrigkeit. Aber, was soll ich sagen: das lag da so auf der Straße rum, und wenn Google Street View da einfach so fotografieren, dann ich wohl auch, oder?

Die Straßen von Stockholm - die ganze Wahrheit

Wobei, bei Google Street View sähe das wohl eher so aus:

So erkennt die keiner mehr

Etwas Pietät muss schließlich sein.

Neues GPS: Garmin eTrex Vista HCx und wie man eigene Karten erstellt

Garmin eTrex Vista HCx - mein neues GPS-Spielzeug
Garmin eTrex Vista HCx - mein neues GPS-Spielzeug

Kürzlich habe ich mir obiges Gerät gekauft. Zweck der Übung ist, künftig Fotos geotaggen zu können. Wem das nach böhmischen Dörfern klingt: ich will Fotos den Ort zuordnen können, an dem sie aufgenommen wurden. Das ist manchmal recht praktisch, denn mir ging es bei einem Schottland-Urlaub schon so, dass sich trotz Kennzeichnung des Fahrtweges auf der Karte nachher nicht mehr feststellen ließ, wo sich ein bestimmter Strand befand.

Leider ist so etwas bislang selten in die Kamera integriert erhältlich. Man behilft sich also damit, mit einem GPS-Gerät die Position aufzuzeichnen und die Uhr in der Kamera genau zu stellen. Dann lassen sich nachher die Daten (z.B. mit Gpicsync) abgleichen.

Die Wahl des GPS-Geräts fiel mir nicht leicht. Es sollte nach Möglichkeit mit normalen Batterien laufen und ohne Batteriewechsel über 15 Stunden durchhalten. Dann spielte irgendwo auch nur noch der Preis eine Rolle. Da wäre auch ein Gerät mit kleinem (oder gar ganz ohne) Display denkbar gewesen, um lediglich die Daten aufzuzeichnen. Ich entschied mich letzendlich aber für eine relativ luxuriöse Variante, in der Hoffnung, es ist vielleicht auch für etwas anderes (z.B. Wanderungen) einmal nützlich.

Als alter Garmin-Kunde blieb ich so beim Garmin eTrex Vista HCx für knapp 200 € hängen. Es unterscheidet sich nur in einigen Details von seinen Brüdern Venture HCx, Summit HCx und Legend HCx. Dazu gehört, dass es als einziges einen Höhenmesser und die Möglichkeit zum Einbau einer Speicherkarte hat. Auf den Höhenmesser hätte ich verzichten können, aber das Legend HCx ist nur unwesentlich billiger. Den beiden anderen wiederum fällt der Speicherkartenslot, welchen ich wiederum nicht unwichtig finde, denn so ist man nicht auf den internen Speicher angewiesen, der bei einem längeren Urlaub mit seinen 10.000 Wegpunkten Kapazität bestimmt an seine Grenzen stoßen würde.

Batterielaufzeit

25 Stunden Laufzeit verspricht der Hersteller. Dass solche Angaben meist übertrieben sind, ist nichts Neues. Wieviel man wirklich erreichen kann, vermag ich noch nicht vollkommen zu beurteilen, schon weil ich bislang nur Akkus verwendet habe. Gerade deswegen habe ich aber den Eindruck, dass das Gerät nur bedingt für diese geeignet ist. Die üblichen NiMH-Akkus als Ersatz für normale AA-Batterien haben von vorneherein nur 1,2 V Spannung. Vermutlich deswegen sieht man mit der Standardeinstellung den drohenden Batterietod nicht kommen. Eben noch zwei Striche, dann ist schon Sense. Abhilfe schafft vielleicht, wenn man unter Setup->System->Battery Type den richtigen Batterietyp auswählt. Ob dies nur die Anzeige beeinflusst oder auch den Verbrauch des Geräts, konnte ich bislang nicht hinreichend testen.

Bedienung

Schnell gestartet ist das Gerät. Bis zur Satellitensuche vergehen keine 10 Sekunden, und verglichen mit dem sehr bescheidenen Empfang meiner Laufuhr Garmin Forerunner 201 geht auch die Positionsfindung rasend schnell. Legt man Wert auf Genauigkeit, kann man noch unter Setup->System die Einstellung WAAS/EGNOS aktivieren. Ich erreiche damit ca. 3 Meter Genauigkeit.

Die Menüführung ist einigermaßen problemlos erlernbar. Etwas verwirrend mag anfangs sein, dass der Knopf rechts oben an der Seite, der normalerweise dazu dient, etwas abzubrechen oder ein Menü zu verlassen, in der Kartenanzeige dazu dient, weitere Informationen wie z.B. die Höhe anzuzeigen. Das ist natürlich zunächst nicht erwartet.

Viele Dinge konnte ich bislang nicht wirklich probieren. Jedoch ist eines schon jetzt klar: das Gerät hat Funktionen ohne Ende, und es ist unklar, ob das Handbuch mit gerade einmal 54 reich bebilderten Seiten viel dazu beitragen kann, dass man sie erklärt bekommt.

Tracks aufzeichnen

Etwas obskur erscheint mir bisher z.B. die Handhabung der Tracks. Laut der allgemeinen Gerätebeschreibung ist es so, dass das Gerät 20 Tracks á 10.000 Punkte speichern kann. Das ist wichtig, denn genau diese Punkte werden nachher benötigt, um die Bilder den geographischen Positionen zuzuordnen. Also nahm ich an, dass ich die 10.000 Punkte füllen und dann speichern muss. Nur verkündet das Gerät dort, dass man nur 20 Tracks speichern kann – auch das nicht unerwartet, aber das wirft erst einmal die Frage auf, wozu man dann überhaupt eine Speicherkarte einbauen kann. Eine 2GB-Karte für ein paar Euro fasst nämlich weitaus mehr als 200.000 Punkte, und an dem Limit von 20 Speicherungen ändert sich auch dann nichts, wenn man unter Tracks->Setup->Data Card Setup (in der englischen Variante) einstellt, dass auf die Speicherkarte geloggt werden soll.

Des Rätsels Lösung scheint zu sein: die 20 Tracks und die 10.000 Punkte haben mit der Datenkartenspeicherung nichts zu tun. Speichert man nämlich etwas auf einen dieser 20 Speicherplätze, dann hat das auf der Karte anscheinend keine Auswirkungen. Die Speicherung auf die Karte läuft also völlig getrennt und scheint nur von der Größe der Karte begrenzt zu sein. Soweit zumindest mein Fazit – das werde ich aber noch ausgiebig testen.

Man sollte also in jedem Fall die Kartenspeicherung aktivieren. Das ist nämlich die einfachste, wenn nicht gar die einzige Möglichkeit, die Daten nachher in einem weiterverwendbaren Format (sprich: GPX) auszulesen (auf einen Test der Garmin-Software unter Windows habe ich fürs erste verzichtet). Dazu hat das Gerät auch einen Modus, bei dem die Speicherkarte als Laufwerk angezeigt wird: unter Setup->Interfaces unten den Punkt „USB Mass Storage“ aktivieren. Dann schaltet sich das Gerät ab und in einen USB-Modus um. Währenddessen sind alle anderen Funktionen natürlich deaktiviert. Sobald die USB-Verbindung getrennt wurde, startet das Gerät neu.

Karten selbst einbauen

Dieser USB-Modus ist auch dann nützlich, wenn man dem Gerät neue Karten aufspielen will – zumindest, wenn man dafür kein zusätzliches Geld ausgeben will. Das Gerät enthält eine fest installierte Weltkarte, die aber nur die wichtigsten Details enthält. Im Falle Stockholms und Umgebung sind das nur grobe Umrisse der Küstenlinie, und die größten Verkehrswege der Region, die aber kaum mehr als die Autobahnen umfassen. Es ist also schon von Interesse, detailliertere Karten aufzuspielen, damit man weiß, wo man ist. Im Idealfall kann das Gerät dann sogar als Navigator für das Auto verwendet werden, denn auch ein Routing-Programm ist eingebaut.

Garmin selbst bietet natürlich Karten, und diese kann man bestimmt auch mit entsprechender Software hochladen. Nur machen die das natürlich nicht zum Nulltarif. Die Europakarte kostet bei der Garmin-Seite 99 US-Dollar. Die hochdetaillierte Freizeitkarte „Friluftskartan Prime“ für Schweden (mit Topographie und so) kostet sogar gut 170 Euro. Es mag gut sein, dass die Karten ganz toll sind, aber ich scheue die Investition, denn das ist ein Fass ohne Boden.

Wie kommt man also an kostenlose Karten? Die offensichtliche Datenquelle hierfür ist OpenStreetMap (OSM). Wer das nicht kennt: das ist eine von enthusiastischen Benutzern mittels GPS-Empfängern und freien Datenquellen selbst erstellte Weltkarte, deren Daten wiederum frei verfügbar sind. Was die Wikipedia für den Brockhaus ist OSM für Google Maps, auch wenn letzteres natürlich auch kostenlos nutzbar ist. Das Projekt ist schon weit gediehen. Zumindest Deutschland und weite Teile Europas sind praktisch vollständig enthalten – und fallen einem Fehler auf, kann man sie selbst korrigieren. In Schweden gibt es noch Schwächen im Detail. So sind viele kleinere Orte noch nicht vollständig mit dem ganzen Straßennetz vertreten. Als Beispiel sei der nordschwedische Ort Krokom genannt, der auf Google Maps weitaus größer wirkt als auf OpenStreetMap. Das kann sich aber jeden Tag ändern, und wenn man selbst einmal dort ist, kann man selbst zur Verbesserung beitragen.

Wie dem auch sei: was will man an einer kostenlosen Karte herummäkeln, und besser als die interne Karte ist das allemal.

Einige hilfreiche Tipps, wie man die Karten auf das GPS-Gerät bekommt, findet sich im Wiki von OpenStretMap.

Ich will aber noch ein bisschen mehr ins Detail gehen für speziell dieses Gerät (und vergleichbare Geräte von Garmin):

  • Beschaffung der Karten: Hier gibt es drei Varianten: einen Ausschnitt in OSM anzeigen lassen und dann über den Export-Tab herunterladen, einen Ausschnitt nach Koordinaten generieren lassen oder fertige Länderkarten herunterladen. Ich empfehle klar letzteres. Der Export-Tab funktioniert nämlich nur bei kleinen Kartenabschnitten. Einen Ausschnitt selbst zu wählen und über die entsprechende auszuwählen dauert ewig, weil die auch sonst gut ausgelasteten Server von OSM hier eine Menge Arbeit verrichten müssen. Ich habe es mal für den Großraum Stockholm gemacht, und das herunterladen dauerte 4 Stunden, was definitiv nicht an der Geschwindigkeit meiner Leitung lag. Fertige Karten herunterladen ist also sinnvoller. Theoretisch kann man sich die komplette Erdkarte besorgen, aber das ist nicht nur eine extrem große Datei (aktuell ca. 11 GB, und das komprimiert!). Diese Datenmengen nachher zu verarbeiten ist aufwändig. Ich habe gute Erfahrungen mit den Karten von Geofabrik gemacht. Dort gibt es tägliche aktuelle Versionen von Länderkarten in Europa. Außerhalb Europas ist das Angebot des wöchentlich aktualisierten Cloudmade besser, denke ich.
  • Entpacken: das Kompressionsformat ist das im Unix-Bereich sehr übliche BZ2-Format, also nicht das populäre Zip. Wenn Probleme mit dem Entpacken bestehen sollten, kann man unter Windows beispielsweise 7-Zip verwenden (das nebenbei bemerkt auch sonst ein tolles Programm ist).
  • Karten splitten: während mein erster Kartenversuch mit der Region Stockholm noch problemlos konvertiert werden konnte, sind größere Karten (insbesondere mit vielen Details) zu umfänglich, um sie in einem Stück umzuwandeln. Also splittet man sie in mehrere kleine Karten auf mittels dem Splitter. Wie für das Umwandlungsprogramm mkgmap muss man Java installiert haben. Leider gibt es keine Benutzeroberfläche. Man muss also Befehle auf einer Kommandozeile eingeben (siehe die verlinkten Informationen im Wiki von OSM). Schweden wurde in meinem Fall in 6 kleinere Karten aufgesplittet. Der Splitter liefert auch eine Datei mit, die man dann gleich dem Kartenumwandlungsprogramm einfüttern kann.
  • Karten umwandeln: für die Umwandlung verwendete ich das optionenreiche Kommandozeilentool mkgmap. Wenn man die Karten vorher gesplittet hat, gibt es eine Datei template.args, die man mkgmap mittels der Option „-c template.args“ füttern kann, so das mkgmap alle Karten nacheinander umwandelt. Zuvor sollte man allerdings template.args bearbeiten und Kartennamen und -beschreibungen eingeben.
  • Dilemma: nur eine Karte. Ja, das Gerät erlaubt nur eine einzige Karte, die mit solchen frei zugänglichen Programmen erstellt wurde. Diese muss gmapsupp.img heißen und im Verzeichnis „Garmin“ (ggf. neu erstellen) auf der Speicherkarte liegen. Will man also mehrere Karten haben, muss man diese zu einer vereinigen. So einen Fall hatte ich kürzlich: ich war in Brüssel und wollte sowohl die Karte von Schweden als auch die von Belgien auf dem Gerät haben. Das geht, aber man muss die Daten in eine Datei bekommen.
  • Wichtig: richtige Mapnames vergeben. Dies stellte sich als entscheidend heraus. Damit die Zusammenführung als solche funktioniert, darf es unter den Teilkarten keine Namensüberlappungen geben. Für das Vista HCx genügt das aber bei weitem nicht. Es ist zwingend erforderlich, dass jede der Teilkarten einen Namen hat, und dieser Name muss aus genau 8 Zahlen bestehen. Ob alles geklappt hat, stellt man schon beim Neustart des Geräts fest. Ist dort bei den Startmeldungen irgendetwas von Openstreetmap zu lesen, dann hat es funktioniert. Fehlt ein solcher Hinweis, wurde die Karte nicht geladen, wovon man sich dann auch gerne mit einer entsprechenden Suche auf dem Display überzeugen kann.
  • Straßennavigation aktivieren. Ein wichtiger Punkt ist, dass im Normalfall die Karten anscheinend als reine Vektordaten erstellt werden. Soll heißen: Straßen werden zwar als Striche angezeigt, aber das Gerät versteht nicht, dass es sich um Straßen handelt. Wenn man also versucht, zu navigieren, dann kann das Gerät nicht berechnen, wo man abbiegen soll usw. Stattdessen wird einem nur die Himmelsrichtung angezeigt. Das mag beim Wandern noch einigermaßen brauchbar sein, aber bei schnelleren Fortbewegungsarten nicht mehr. Um die Funktion zu aktivieren, muss man mkgmap mit der Option „–route“ starten. Diese ist aber noch experimentell. Über die Zuverlässigkeit konnte ich mir bisher nur auf dem Fahrrad ein Bild machen. Der allgemeine Straßenverlauf stimmte zwar irgendwo, aber die Instruktionen waren doch einigermaßen verwirrend. Wahrscheinlich müsste ich das irgendwo in Mitteleuropa testen, um zu sehen, wie gut es wirklich funktioniert.
  • Kleine Schwächen. Das Kartenmaterial ist nicht perfekt, und die Konvertierungsprogramme sind es auch nicht.
    Im Bild: Meer nicht blau, Ortsangaben verwirrend

    Wie in diesem Bild hier zu sehen erscheint das Meer nicht blau. Stattdessen sieht man nur die Umrisse der Inseln vor Stockholm. Ein weiteres Manko ist, dass in einigen größeren Übersichtsstufen zwar die Hauptverkehrswege angezeigt werden, aber nicht die logischerweise dann anzuzeigenden größeren Orte. Wie in den beiden Bildern hier gezeigt, sieht man stattdessen nur die Namen irgendwelcher ohne erkennbares System ausgewählte Inseln. Bei den gezeigten Ansichten wüsste ich anhand der Karte nicht, wo ich bin, obwohl ich die Geographie der Region kenne. In kleineren Zoomstufen sieht man jedoch mehr.
    Hier sieht man auch, wo die selbst importierte Karte endet. Wenn man den Bereich verlässt, schaltet das Gerät auf die interne Karte um

Auch wenn noch Luft nach oben ist, stellen diese selbst importierten Karten eine gute Ergänzung dar, für die man nichts zahlen muss.

Bislang bin ich mit dem Gerät recht zufrieden, auch wenn ich noch einige weitere Tests machen werde, damit das alles auch funktioniert, wenn es unbedingt funktionieren muss.

BrüsselBruxellesBrussel

Plötzliche Stille kann ein Zeichen von Urlaub sein – zumindest in diesem Blog. Wir nahmen die Gelegenheit war, vor Ende des Sommers einen Kurzurlaub zu machen. Da die Flüge nach Brüssel zum billigsten gehörten, was wir fanden, fiel so die Wahl auf dieses Ziel.

Die Stadt liegt mir recht gut – nicht nur, weil ich ein Europa-Enthusiast bin. Die Belgier verstehen etwas von gutem Bier und gutem Essen. Das sind zwei Kernkompetenzen, die ich ausgesprochen schätze. Weitere Kommentare gibt es in der Bildergalerie.