Auch mal über Hitler lachen

Mit etwas Verspätung, aber immerhin, stellen die Briten zumindest ein kleines bisschen fest, dass Deutsche auch Humor haben können. Der Artikel in der Online-Zeitung „The First Post“ über die exzellente Stromberg-Parodie „Obersalzberg“ bleibt aber trotzdem ziemlich distanziert. Indirekt gesteht er aber ein, dass man in Deutschland mittlerweile soweit ist, dass jedes Hakenkreuz im Fernsehen nicht gleich einen Aufschreib der Empörung hervorruft. Da kann man nicht meckern. Wenn wir weiterhin solche Fortschritte machen, mögen uns die Engländer in ca. 300 bis 400 Jahren.

Registrierung vergessen?

Ich war gerade sehr verwirrt, als ich die Wahlseite von CNN aufrufen wollte. Diese wird nämlich unter der Adresse www.cnnpolitics.com beworben.
In der Tat verkündet dies auch die Seite, die man von der CNN-Hauptseite aus erreichen kann:
CNN gekapert
Quelle: CNN

Ruft man im Moment jedoch diese Seite auf, erscheint folgendes:

CNN gekapert
Quelle: Offenkundig nicht CNN

Das sieht mir nach einer zünftigen Seitenkaperung aus – oder CNN hat einfach vergessen, die Domain zu verlängern.

Möbelimperialismus

Der SPIEGEL berichtet über die Erzürntheit der Dänen darüber, dass IKEA nur vermeintlich unbedeutende Einrichtungsgegenstände mit dänischen Ortsnamen belegt, während noble Produkte nach schwedischen Orten heißen. Auch wenn die Dänen wohl damit recht haben, hat das einen Hauch von Minderwertigkeitskomplex und Pedanterie.

Nachtrag: Kommentator Lars hat natürlich recht – der Artikel auf SPIEGEL Online hat so einige Recherchefehler. Nicht nur, dass Älmhult gar nicht in Skåne, also vormals dänischem Gebiet liegt. Auch braucht man keine Professoren und ausgefeilte Analysemethoden, um festzustellen, nach welchem Muster die Namen vergeben werden. Das Schema kann man nämlich ganz offiziell auf der IKEA-Pressehomepage nachvollziehen. Auch ist der Aufruhr auch nur ein vermeintlicher, denn wie ein Forumsbeitrag zu dem Artikel sagt, ist das in Dänemark kein sonderlicher Aufreger. Es scheint mehr so, ein Käseblättchen habe die Geschichte einfach eben mal so dahingeschríeben, um mal wieder ein buntes Thema zu haben. Zudem muss sich der SPIEGEL in dem Fall den Vorwurf gefallen lassen, dass die Geschichte gar nicht so neu (Seite scheint gerade nicht erreichbar zu sein) ist.

Nachrichtenglobalisierung

Ein ungewöhnlicher Export aus Schweden ist jetzt auch in Deutschland angekommen. Das schwedische Nachrichtenportal The Local hat nun einen Ableger für Deutschland gestartet.

The Local berichtet seit 2004 täglich aktuell und in englischer Sprache aus Schweden. Die Zusammenstellung ist insbesondere deswegen interessant, weil die Seite viel reflektiert und somit zwischen den ganzen Zeitungen steht, die online gerne nur ihr eigenes Material präsentieren. Das Konzept ist offensichtlich erfolgreich, auch wenn mir die Finanzierung der ganzen Sache ein Rätsel ist. Nun hat man sich auch nach Deutschland gewagt. Ich werde das weiter verfolgen.

Anmerkungen

  • Carsten Volkery schreibt im SPIEGEL über Kurt Beck:

    Parteifreunde fragen sich: Eignet sich dieser Mann wirklich zum Kanzlerkandidaten?

    Ich habe die Antwort: nein.

  • Ebenso im SPIEGEL: Ein Artikel über einen etwas obskuren nordkoreanischen Internetladen, den selbiges Magazin kürzlich schon einmal präsentierte. Das Problem zu jener Zeit war nur, dass die Seite faktisch unerreichbar war. Mittlerweile ist die Seite auch wieder online, und so kann man das teilweise obskure ANgebot bewundern. Schon bei meinem letzten erfolgreichen Besuch fiel mir allerdings auf, dass die meisten Produkte ohne Preisangabe sind und es auch keine vernünftige Bestellprozedur, sondern nur ein Formular gibt. Nach dem SPIEGEL-Artikel weiß ich nun auch, dass es auch dieses Formular nicht funktioniert. So werde ich wohl auf die Bestellung meines ersten nordkoreanischen Granitblocks noch warten müssen.

Swedish Television

Ein von vielen Ausländern geschätzter Aspekt des schwedischen Fernsehens ist es, dass es in weiten Teilen englischsprachige Programme sendet, die dann untertitelt sind. Da viele Austauschstudenten nicht wirklich darauf aus sind, schwedisch zu lernen, ist das natürlich sehr bequem.
Schweden war noch nie ein großer Markt, so dass sich Synchronisation nicht lohnt und sich stattdessen die Untertitel durchsetzten. Ich habe schon lange Debatten mit Deutschen darüber geführt, was nun besser ist, und bin immer noch voller Überzeugung, dass Deutschland die Abschaffung der Synchronisation gut täte. Sie ist nicht nur ein Verbrechen an dem Kunstwerk Film, sondern verfälscht die Übersetzung. Nebenbei können die Schweden hervorragend englisch und werden im Gegensatz zu den Deutschen auch einmal gezwungen, zu lesen, was sich in Sachen PISA positiv auswirken dürfte.

Das schwedische Fernsehen ist freilich nicht nur untertitelt, sondern ab und zu auch auf schwedisch.
Allerdings überrascht eine aktuelle Untersuchung von Svenska Dagbladet schon etwas:

  • 58 Prozent des Programms in den 16 größten schwedischen Kanälen sind auf englisch.
  • Stolze 44 Prozent der Sendungen stammen aus den USA.
  • Weniger überraschend: das werbefreie öffentlich-rechtliche Fernsehen liegt mit 85 Prozent schwedischen Sendungen an der Spitze.
  • Trotzdem ist dort auch der Anteil schwedischer Sendungen in den letzten Jahren gefallen.
  • Schlusslicht unter den Vollprogrammen ist TV3, wo gerade einmal 12 Prozent des Programms auf schwedisch ist.
  • Noch extremer treibt es „TV4 Komedi“ – dieser Kanal hat im überwachten Zeitraum kein einziges schwedisches Programm ausgestrahlt.

Die Gründe dafür sind offensichtlich. Seit Privatfernsehen Einzug gehalten hat, suchen die Kanäle nach der billigstmöglichen Art, Programm zu machen, das auch Zuschauer anzieht. Also werden massenweise amerikanische Serien eingekauft, deren Lizenz auf Schweden beschränkt ist und die damit entsprechend billig sind. Die Übersetzung von einer Folge kann dann selbst ein Praktikant an einem Arbeitstag machen, und schon ist das ganze sendefertig.
So ist es nicht verwunderlich, dass Sendungen wie COPS, Oprah Winfrey und Dr. Phil laufen – allesamt freilich ohne jeden Wert für Schweden, aber spottbillige Lückenfüller. Aus dem gleichen Grund werden wohl auch große Serien wie Grey’s Anatomy zu mehreren Tageszeiten immer wieder durchgenudelt.

Dazu passt denn auch, dass Kanal5 55 Prozent seines Produktionsbudgets für Eigenproduktionen ausgibt, aber diese letztendlich nur 14 Prozent des Programms ausmachen – der Rest ist einfach so viel billiger.

Man macht also Programm, indem man wenig selbst produziert und viel zu Festpreisen einkauft. Ob ich das gut finden soll, weiß ich nicht, aber wenn ich mir überlege, mit welchen kulturellen Perlen RTL2 die Zuschauer beglückt, kann es so schlimm nicht sein.

What’s going on?

Mancher mag sich ja fragen, wieso so wenig hier passiert in letzter Zeit. Nun ja, es hat wohl damit zu tun, dass ich ab und zu auch mal was Vernünftiges mache 🙂

Trotzdem hier einige Dinge, die sich aktuell gerade so abspielen:

  • DASDING.de hat einen Relaunch gemacht, und dafür mussten ein paar Nächte dran glauben. Leider ist die Arbeit noch lange nicht fertig.
  • Trotz allem konnte ich mittlerweile die meisten meiner Praktikumsprotokolle einreichen, so dass nun „nur“ noch das Protokoll für den Reaktortrip nach Finnland übrig ist.
  • Die mittlerweile nahezu unendliche Geschichte meines Furunkels am Hintern geht weiter. Nachdem ich nun geschlagene zwei Monate auf einen ersten termin beim Chirurgen gewartet habe, darf ich nun noch einen Monat warten, bis das endlich operiert wird. In solchen Bereichen hat das schwedische Gesundheitssystem massive Schwächen, denn man hätte den Aufwand und die Kosten massiv reduziert, hätte man den Eingriff schon Ende November gemacht. Stattdessen lässt man die Leute warten und hat als Sicherheitsnetz die Notaufnahme, die dann wiederum allen möglichen Kleinkram behandeln muss, der normalerweise nicht in ihren Bereich fällt.
  • Heute Nacht ist Tsunami Tuesday, der größte Tag bei den amerikanischen Vorwahlen. Ich überlege schon jetzt, wie ich das mit meiner Vorlesung morgens um 8 vereinbaren kann.
  • Wenn wir schon bei weniger essentiellen Dingen des Lebens sind: seit einiger Zeit interessiere ich mich sehr für Genealogie. Mein Stammbaum bei verwandt.de hat mittlerweile 207 Mitglieder, vor allem dank meiner Mutter, die ein geradezu unglaubliches Wissen über die Verwandtschaft hat. Das in der Seite verankerte Social-Networking-Prinzip kann nämlich nur sehr bedingt fruchten, da natürlich nur Personen teilnehmen können, die noch leben. Daher geht der Stammbaum zwangsläufig sehr in die Breite, aber wenig in die Höhe. Soll heißen: Man kann zwar die Zusammenhänge zwischen den lebenden Verwandten sehr gut erstellen, wenn man sie etwas befragt, aber weiter als bis zu den Urgroßeltern wird man ohne eigene Recherchen nicht vorstoßen können. Der Weg dazu war mir anfangs nicht so klar. Nach etwas Recherchen habe ich nun begonnen, bei den Standesämtern anzufragen. Diese erfassen nämlich die Daten seit 1876, was mit etwas Glück sogar bis zur Generation der Ururgroßeltern reicht.

Im Index

Jasmin A. ist drin, Nina N. auch. Und wo die beiden sind, darf Natalie B. nicht fehlen. Die Rede ist nicht von einer anonymen Selbsthilfegruppe, und der Autor hat nicht etwas zum Informantenschutz die Namen anonymisiert. Es handelt sich um eine zufällige Auswahl von Mitgliedern der StudiVZ-Gruppe „Die lieber-Putzen-statt-Lernen-Gruppe“.

Seit einigen Wochen ist es ein Trend geworden, seine Angaben auf StudiVZ zu verschleiern. Manche benutzen schlicht das Initial ihres Nachnamens, andere fügen unleserliche Zeichen ein oder ersetzen Teile ihres Namens mit ähnlich aussehenden Buchstaben aus dem Kyrillischen. Andere wiederum haben den Namen in blanken Unsinn verändert. Das Ganze hat auch einen Grund: der Datenschutz. Man könnte meinen, in einem puren Anfall von Idealismus haben sich die Studenten dieser Welt (oder zumindest die des StudiVZ) zusammengerottet, um dem großen bösen Bruder in Gestalt des allmächtigen Staates und der ausbeutenden Wirtschaft die Stirn zu bieten.

Der gewissermaßen offizielle Grund für die ganze Aktion ist denn auch der, dass StudiVZ derzeit neue Allgemeine Geschäftsbedingungen einführt, die personalisierte Werbung erlauben. Konkret bedeutet dies, dass Firmen, die auf StudiVZ Werbung anbieten, künftig ihre Werbung bei bestimmten Gruppen schalten lassen können. Will also ein Konzertveranstalter aus Mainz die Mainzer Studenten ansprechen, so kann er dies tun. Da zunächst auch von Werbung über SMS und Messenger die Rede war, kam bald Unmut auf.

Was nun gefolgt ist, hat allerdings viel weniger mit einer Protestbewegung zu tun, als man annehmen sollte. In ihrem Eifer haben die Protestierer nämlich vergessen, dass es die Möglichkeit gibt, die neuen Werbeformen abzuschalten – ganz klein am unteren Ende der Seite gibt es hierfür einen Link „Datenschutz“. StudiVZ wurde stattdessen mit dem bestraft, was alle Internetportale am meisten befürchten müssen: Liebesentzug. Denn wer gemocht wird und damit zu den Guten gehört, dem wird alles entgegen gebracht, was er sich wünscht. Die „Bösen“ hingegen, das sind Microsoft und die Bahn – die mag man nicht, und die kann man keinesfalls gut finden. Weil nun StudiVZ gerüchteweise das Lager gewechselt hat, verunstalten nun alle ihre Profile.

Plötzlich scheint vergessen, dass man sich kürzlich noch stolz Fotos von sich präsentierte, auf denen man halbnackt im Vorzimmer des Deliriums zu sehen ist, und mit Begeisterung in Gruppen beitrat, die bezeichnende Namen wie „Wir waren schon Komasaufen, da gabs dieses Wort noch gar nicht“ tragen. Die allermeisten waren nur allzu leichtfertig bereit, sich zu exhibitionieren.

Das macht eigentlich auch die Verlogenheit dieser ganzen Geschichte aus. Die meisten Teilnehmer im StudiVZ scheren sich nämlich nicht wirklich um den Datenschutz. Wenn es nämlich so wäre, würden sie sich eher Sorgen um den Personalchef machen, der ihre Bewerbung nach dem Studium deswegen ablehnt, weil er Fotos von den Partyexzessen des Bewerbers im StudiVZ gefunden hat. Sie würden sich um ihre Einkäufe bei Amazon sorgen, anhand derer die Werbung dort entsprechend angepasst wird. Auch hätten sie Bedeeken gegenüber dem größten Datensammler der Welt – Google. Die Benutzung einer Payback-Karte wäre dann ebenso indiskutabel.

Stattdessen muss die personalisierte Werbung als Prügelknabe herhalten. StudiVZ wird so eher ein Opfer des Herdentriebs als eines des Idealismus. Dass es sich dabei um das falsche Opfer handeln könnte, ist den wenigsten wohl bewusst. Denn StudiVZ ist trotz aller peinlichen Vorkommnisse und den nun geänderten Besitzverhältnissen ein ursprünglich genuin studentisches Projekt. Bezahlen möchte für diesen Dienst keiner, und nun den Betreibern aus dem Versuch, mit Werbeeinnahmen zumindest einen Teil der Kosten wieder hereinzuholen, einen Vorwurf zu machen, ist genauso absurd. Für Holtzbrinck, den neuen Besitzer des Portals, kann es dazu wohl kaum eine Alternative geben. StudiVZ kostet Unsummen und wirft so gut wie nichts ab.

Die entscheidende Frage bleibt daher weniger die des Datenschutzes, sondern mehr, wer wen mehr braucht. Holtzbrinck kann und wird irgendwann den Stecker ziehen, wenn StudiVZ keine Chance mehr hat, sich zu rechnen. Diesen Verlust abzuschreiben wird die Firma schmerzen, aber wohl kaum in den Ruin treiben.
Auf eine ähnliche Wahl läuft es für die Benutzer hinaus: Verzicht auf die Teilnahme oder Akzeptanz der neuen Spielregeln. Alternativen zum StudiVZ gibt es nämlich nicht, denn das einzige vergleichbare Netzwerk, Facebook, ist auch nicht gerade ein Datenschutzmusterschüler und in Deutschland bislang kaum bekannt.

So werden diese kleinen Proteste de erste Test für das Social Networking werden und zeigen, wie belastungsfähig es wirklich ist. Man kann annehmen, dass die Attraktivität des System die Zweifel letztendlich besiegen wird. Einen schweren Schlag stellt es aber dennoch dar, denn die verstümmelten Namen werden die bisher nahezu unbeschränkte Nutzungsfähigkeit stark einschränken. Seine Unschuld hat diese Spielwiese jedenfalls verloren.

Wichtige Anrufe

Schon beim Physikpreis war ich überrascht und erfreut, dass dieses Jahr die Europäer mit Nobelpreisen ausgezeichnet wurden – ganz im Gegensatz zu letztem Jahr, wo es fast nur Amerikaner waren. Seit dem Chemiepreis ist die Begeisterung natürlich noch größer. Dass zwei Deutsche in einem Jahr ausgezeichnet wurdne, gab es schon länger nicht mehr.

Morgen werde ich daher auch mit Spannung die Bekanntgabe des Literaturnobelpreisträgers anschauen.

Eine Kleinigkeit fiel mir eben noch auf: Im Fernsehbeitrag der Tagesschau sieht man Ertl einen Anrufer abwimmeln mit der Begründung, dass er einen Anruf von der Bundeskanzlerin erwarte. Das ist natürlich schon ein Grund, die Leitung frei zu halten. Ich weiß allerdings mittlerweile auch, wen er da abgewimmelt hat. Es handelt sich um die schwedische Tageszeitung Dagens Nyheter. Die gibt nämlich in ihrem Hintergrundbericht an, man habe Ertl nur einmal erreicht. Da habe er aber darum gebeten, einen anderen Anruf zuerst annehmen zu dürfen – nämlich den von Angela Merkel.