Hoppla

Sky Europe ist pleite. Mit der Fluglinie bin ich dereinst auf der schon lange eingestellten Route Stuttgart-Bratislava in letztere Stadt geflogen. Und zwar in einem Flugzeug, das ungefähr so groß wie ein Bus war. Es gab sogar ein abgepacktes Sandwich, das von einer einzelnen Stewardess (für mehr wäre wohl auch kaum Platz gewesen) an die ca. 10 Fluggäste verteilt wurde. Der Flug ist ebenso unvergessen wie der tolle Trip durch Osteuropa danach. Von der Fluggesellschaft wird aber bald wohl keiner mehr sprechen. Schade irgendwie.

Tjejmilen 2009

Als Zuschauer weile ich selten bei Läufen, was meistens daran liegt, dass ich nur unfreiwillig am Rand stehe und anfeuere. Heute war keine Ausnahme, denn die Tjejmilen heißt übersetzt ungefähr „Mädelsmeile“, was deren Charakter schon gut ausdrückt: hier dürfen nur Frauen starten.

Das alleine macht die Veranstaltung noch nicht zu etwas besonderem, denn Frauenläufe gibt es gelegentlich immer noch. Es ist auch nicht, dass es am Ziel Käsekuchen für die Finisherinnen gibt. Es ist die exorbitante Zahl der Anmeldungen. 26.000 Frauen hatten sich angemeldet und immerhin 21.350 kamen ins Ziel.

Es ist also ein lustiges Läuferfest, und ich kann mir unangenehmeres vorstellen, als vielen Frauen beim Laufen zuzuschauen. Also war ich gerne Unterstützer für meine Freundin und noch zwei weitere Läuferinnen.
Ich habe bewusst auf endlose Bildserien von laufenden Frauen verzichtet.

Leider muss ich aber auch etwas Kritik anbringen.

Das hat zum einen mit der Organisation an sich zu tun. Bei der Tjejmilen kann die Startgruppe frei gewählt werden, und zwar bis zur letzten Minute. Der Effekt, dass sich alle in eine Startgruppe stellen wollen, die eigentlich eine Nummer zu schnell für sie ist, wirkt sich hier als Massenbewegung aus. Die Mädels sehen, wie immer mehr in die Startgruppe davor gehen und haben den Eindruck, nur noch von langsamen Läuferinnen umgeben zu sein, die ein schnelles Vorankommen nach dem Start blockieren werden. Daher entscheiden sich immer mehr für den Startgruppenwechsel, und die letzten Startgruppen laufen leer. Die drei Mädels, die ich unterstützte, berichteten denn auch, dass in der Startgruppe 4, die für Läuferinnen mit einer gewünschten Zielzeit von 60 bis 62 Minuten vorgesehen war, auch viele Teilnehmerinnen enthielt, die von Anfang an walkten und damit nie auch nur in die Nähe einer solchen Zeit kommen würden. Das blockiert alle anderen erzeugt letzten Endes viel Frust.

In dem Zusammenhang muss man auch klar anmerken, dass der sportliche Charakter dieser Veranstaltung zweitrangig ist. Es ist eine Wohlfühlveranstaltung, bei der es ums Ankommen geht. Das kann man gut finden, aber es bringt auch einige Nachteile mit sich. Die Organisatoren haben als Hauptziel, ein Event mit möglichst vielen Teilnehmern daraus zu machen. Dass man wirklich frei laufen kann, soll zwar durch die Einteilung in Startgruppen erzielt werden, was aber misslingt, weil jeder Teilnehmer seine Startgruppe frei wählen darf. So ist es auf solchen Veranstaltungen (der Midnattsloppet ist da ähnlich) kaum mehr möglich, persönliche Bestleistungen zu erreichen, denn die langsamen Läufer bremsen die schnelleren aus. So ist der Lauf ein Erlebnis, aber auf den sportlichen Wert sollte man nicht zu sehr schauen.

Auch auf die Gefahr hin, dass mir Unverständnis entgegenschlägt und ich mit meiner Annahme zu sehr ins Spekulative gehe: die Tjejmilen ist für mich ein Beispiel dafür, welche heuchlerische Komponente die in diesem Land so hoch gehaltene Geschlechtergleichstellung hat. Nach vier Jahren hier kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Gleichstellung immer dann besonders wichtig ist, wenn Frauen benachteiligt sind, aber weit weniger wichtig, wenn dies bei Männern so ist. Der einzige reine Männerlauf in der Region Stockholm, der ultraharte Geländelauf Tjur Ruset, wurde letztes Jahr auch für Frauen geöffnet. Auf der anderen Seite gibt es mehrere stark besuchte Läufe hier in Stockholm, die nur Frauen offenstehen. Das schwedische Gleichstellungsgesetz sieht Ausnahmen für Sportwettbewerbe vor, jedoch finde ich es bedenklich, wenn die Geschlechtern nicht nur getrennt starten, sondern ein Geschlecht kategorisch von der Teilnahme ausgeschlossen wird. Dies erweckt für mich den Anschein, dass man einen Wettkampf, der nur Männern offen steht, marginalisiert bzw. erst gar nicht wagt, anzubieten, während ein reiner Frauenwettkampf zu einem Massenevent hochgezogen wird, ohne dass daran irgendjemand etwas diskriminierendes findet.

Wohnungsprobleme

Wie ich neulich schon angemerkt habe, ist die Wohnungssuche für Studenten in Stockholm derzeit äußerst problematisch.

Heute morgen hat Dagens Nyheter nun eine Übersicht der Wohnungssituation für Studenten in ganz Schweden publiziert. In den drei Großstädten Stockholm, Göteborg und Malmö, aber auch in kleineren Städten wie Lund ist es demnach äußerst schwer im Moment. Thomas fasst auf Fiket die Ursachen treffend zusammen.

In Lund hat man nun sogar Armeezelte als vorübergehende Bleibe aufgestellt. In dem Zusammenhang frage ich mich, wieso man eigentlich meinen ehemals heißgeliebten Container leerstehen lässt. Er ist zwar hässlich, überteuert und laut, aber immerhin hat man ein Dach über dem Kopf. Besser als ein Armeezelt ist er allemal.

Bitter

Unter normalen Umständen wäre das ein genervter Beitrag über den neuerlichen Achter an meinem Fahrrad. Ist es aber nicht.

Zwei Kilometer vorher flog nämlich eine Krähe mir genau vors Vorderrad. Und kam darunter. Sie rappelte sich wieder auf und versuchte, wegzufliegen. Vergeblich. Der Flügel war gebrochen.

Die anderen Krähen kreischten.

Ich sah, wie sie im Gebüsch saß, tief verstört und verängstigt. Sie versuchte, sich von mir zu entfernen, und landete nur auf dem Boden.

Ich dachte an eine Tiernotaufnahme oder etwas in der Art. Eniro schickte mir die Nummer von einer Notfallnummer für Wildunfälle. Keiner ging ran, nur eine automatische Nachricht vom Band, dass man doch bitte eine SMS schicken möge. Dann habe ich 112 angerufen, in Schweden die Nummer für alle Notfälle (110 gibt es hier nicht). Nach besorgniserregend langer Wartezeit (mindestens 5mal klingte es) antwortete jemand. Ich wurde zur Polizei weitergeleitet. Der Polizist sagte nur, dass nur jemand kommen würde, wenn es sich um etwas exotischeres als eine Krähe handelt. Ich solle sie totschlagen oder weiterfahren.

Das waren dann auch genau die Optionen, die zur Verfügung standen. Das arme Tier totschlagen. Wenn ich den Mut dazu habe. Oder nicht, und es stattdessen qualvoll verhungern zu lassen.

Beim Wildunfallnotdienst ging immer noch keiner ran. Ich schickte eine SMS hin. Mir wurde klar, dass ich das auf niemanden abschieben kann. Also entschied ich mich, sie zu erschlagen.

Es lagen wie überall hier in der Gegend Steine im Gebüsch. Ich nahm einen großen und wollte sie damit erschlagen. Ich traf sie, aber sie rappelte sich erneut auf und hüpfte auf die andere Straßenseite, wo sie sich unter die Leitplanke duckte. Ich kletterte im Gebüsch herum und versuchte, weitere Steine zu finden – ich weiß nicht mehr, wie viele. Nach dem nächsten Stein lag die Krähe an der Böschung. Sie atmete noch. Der letzte Stein war so groß, dass ich ihn kaum tragen könnte.

Danach rührte sie sich nicht mehr. Ich kann nur hoffen, dass sie tot war. Und wenn nicht, dass sie in Kürze an den schweren Verletzungen sterben würde.

Objektiv habe ich vermutlich das richtige getan. Aber daran, ein Tier, das einen angsterfüllt anblickt, mit einem Stein zu erschlagen, ist nichts richtiges. Zumindest fühlt es sich nicht so an.

Noch einmal neues zum Auswandererguide

Wegen der derzeit wohl ziemlich schwierigen Wohnungslage für Studenten hatte die Dagens Nyheter heute einen großen Bericht zum Thema. Dort enthalten war auch eine Liste von Anbietern von Studentenwohnungen.

Ich habe das zum Anlass genommen, meine eigenen Ausführungen zu dem Thema im Auswandererguide zu aktualisieren.

Wenn jemand Anregungen zu weiteren Anbietern von Studentenwohnungen in schwedischen Hochschulstandorten (nicht nur Stockholm) hat, dann sind diese herzlichst willkommen, da ich den Artikel gerne auch um Informationen aus anderen Regionen erweitern würde.