Kategorie: Fundera på livet
„Fundera på livet“ heißt soviel wie „über das Leben nachdenken“
Herbst
Heute morgen sah ich die ersten freigekratzten Scheiben. Vor wenigen Tagen konnte ich noch kurze Hosen tragen. Dies ist nun auch vorbei. Viele Bäume sind noch grün, aber eine Tendenz Richtung braun ist nicht mehr zu verleugnen.
Der Herbst ist da, ein goldener zwar, aber schon bald wird hier die Nacht dominieren.
Passend dazu habe ich das Herbstdesign für die Seite aktiviert.
Indiana Seitz und der Durchfall des Todes
Heute bin ich ganz hin- und hergerissen zwischen:
- einem bitterbösen Kommentar zur schlechten Wahlbeteiligung bei der wichtigsten Wahl des Jahres, der Kirchenwahl in Schweden. Dort waren nämlich nur 11,8% bei der Wahl.
- einem gewohnt überlangen Beitrag zur gestrigen Wahl. Da waren auch nur rund 60% mehr.
- und einem Gesundheitsepos über meinen Aufenthalt in Frankreich im klassischen Stile meiner Fistel-Dialoge. Siehe Überschrift.
Ich entscheide mich gegen alle drei und sage einfach nur ja:
- zu Heribert Prantl in der Süddeutschen
- zu Johnny Haeusler in Spreeblick, insbesondere für die treffende Analyse der Kommunikationsschwierigkeiten der Parteien mit der Jugend
- zu André Vetter in Basic Thinking, insbesondere für die unausgesprochene Anmerkung, dass dieses Mal die Partei der Nichtwähler erstmals und hoffentlich letztmals die stärkste ist.
- zu Frank Lübberding in WEISSGARNIX, insbesondere wegen der drastischen Forderung nach personeller Erneuerung in der SPD
- zu Franz Walter in SPON, der nicht nur exotische Fremdwörter mag, sondern auch ein paar konstruktive Vorschläge diskutiert.
Auf eine Wiederholung dieses Experiments verzichte ich ebenfalls, denn das Ergebnis hätte vermutlich so ausgesehen.
Gefühlter Zustand der Republik nach gestern abend (Farbe: FDP)
Nach 4 Jahren des Jammerns und des Zeterns sehen wir uns wieder, Potsdamer Platz, 18 Uhr – bringt eure Colts mit. So long (reitet in die Abendsonne)
Zweideutig
Wie an Hochschulen üblich gibt es auch an der SU einmal in der Woche ein Kolloquium, bei der ein Wissenschaftler einer anderen Hochschule zu Gast ist und über seine Arbeit referiert. Dies kann teilweise auch nur lose mit der jeweiligen Fachrichtung verbunden sein.
Beim Lesen des ersten Satzes der dieswöchigen Einladung wurde ich jedoch etwas stutzig:
Frustration is a ubiquitous phenomenon in condensed matter physics, and in science in general.
Ja, die Wissenschaft kann manchmal schon ganz schön frustrierend sein. Diese Feststellung wollte aber nicht so ganz zusammengehen mit dem Titel des Vortrags:
Frustrated Magnetic Pyrochlores — a Rich Playground for the Study of Exotic Collective Phenomena
wobei dessen zweite Hälfte ja durchaus noch zu einer sozialwissenschaftlichen Studie über Naturwissenschaftler passen würde.
Die „Magnetic Pyrochlores“ jedoch nicht, und so ging es in dem Vortrag doch um ein physikalisches Phänomen, das den etwas unschönen Namen „Frustration“ trägt.
Nigerianische Poesie
Liebe,
Als erstes, mцchte ich Ihnen bitten um Ihre vertrauen in diese Transaktion; diese ist vцllig vertraulich und ist hцchst Geheim. Doch ich weiЯ dass, diese Transaktion auf diese GrцЯe, jeder дngstlich und beunruhigt machen kann, aber ich Versichere Ihnen, das am ende alles wird gut laufen.
Ich werde Anfangen, indem ich mich anstдndig vorstelle. Es wird Ihnen sicherlich ьberraschen dieser Brief zu erhalten, da wir vorher keine Absprache hatten. Mein Name ist Herr Amichaal Mahilak, eine Finanzoffizier zu der verstorbenen Herr Peter Hibbe aus Deutschland; Ich arbeitete fьr die Bank in Madrid als Bankkaufmann.
Hoppla
Sky Europe ist pleite. Mit der Fluglinie bin ich dereinst auf der schon lange eingestellten Route Stuttgart-Bratislava in letztere Stadt geflogen. Und zwar in einem Flugzeug, das ungefähr so groß wie ein Bus war. Es gab sogar ein abgepacktes Sandwich, das von einer einzelnen Stewardess (für mehr wäre wohl auch kaum Platz gewesen) an die ca. 10 Fluggäste verteilt wurde. Der Flug ist ebenso unvergessen wie der tolle Trip durch Osteuropa danach. Von der Fluggesellschaft wird aber bald wohl keiner mehr sprechen. Schade irgendwie.
Junge Union hemmungslos
Dieses Video
erinnert mich auf absurde Weise an dieses
Gemeinsam haben sie wohl nur, dass sie lustig sind. Schon traurig, dass mich deutsche Politik eigentlich nur noch auf diese Weise amüsiert.
Bitter
Unter normalen Umständen wäre das ein genervter Beitrag über den neuerlichen Achter an meinem Fahrrad. Ist es aber nicht.
Zwei Kilometer vorher flog nämlich eine Krähe mir genau vors Vorderrad. Und kam darunter. Sie rappelte sich wieder auf und versuchte, wegzufliegen. Vergeblich. Der Flügel war gebrochen.
Die anderen Krähen kreischten.
Ich sah, wie sie im Gebüsch saß, tief verstört und verängstigt. Sie versuchte, sich von mir zu entfernen, und landete nur auf dem Boden.
Ich dachte an eine Tiernotaufnahme oder etwas in der Art. Eniro schickte mir die Nummer von einer Notfallnummer für Wildunfälle. Keiner ging ran, nur eine automatische Nachricht vom Band, dass man doch bitte eine SMS schicken möge. Dann habe ich 112 angerufen, in Schweden die Nummer für alle Notfälle (110 gibt es hier nicht). Nach besorgniserregend langer Wartezeit (mindestens 5mal klingte es) antwortete jemand. Ich wurde zur Polizei weitergeleitet. Der Polizist sagte nur, dass nur jemand kommen würde, wenn es sich um etwas exotischeres als eine Krähe handelt. Ich solle sie totschlagen oder weiterfahren.
Das waren dann auch genau die Optionen, die zur Verfügung standen. Das arme Tier totschlagen. Wenn ich den Mut dazu habe. Oder nicht, und es stattdessen qualvoll verhungern zu lassen.
Beim Wildunfallnotdienst ging immer noch keiner ran. Ich schickte eine SMS hin. Mir wurde klar, dass ich das auf niemanden abschieben kann. Also entschied ich mich, sie zu erschlagen.
Es lagen wie überall hier in der Gegend Steine im Gebüsch. Ich nahm einen großen und wollte sie damit erschlagen. Ich traf sie, aber sie rappelte sich erneut auf und hüpfte auf die andere Straßenseite, wo sie sich unter die Leitplanke duckte. Ich kletterte im Gebüsch herum und versuchte, weitere Steine zu finden – ich weiß nicht mehr, wie viele. Nach dem nächsten Stein lag die Krähe an der Böschung. Sie atmete noch. Der letzte Stein war so groß, dass ich ihn kaum tragen könnte.
Danach rührte sie sich nicht mehr. Ich kann nur hoffen, dass sie tot war. Und wenn nicht, dass sie in Kürze an den schweren Verletzungen sterben würde.
Objektiv habe ich vermutlich das richtige getan. Aber daran, ein Tier, das einen angsterfüllt anblickt, mit einem Stein zu erschlagen, ist nichts richtiges. Zumindest fühlt es sich nicht so an.
Homöopathie
Selten so treffend gesehen, wozu dieser ganze Alternativmedizinhokuspokus wirklich taugt…
A ferry tale
Man kann es erahnen: ich war im Urlaub.
Wie ich vor einiger Zeit erfahren musste, stirbt man früher, wenn man nicht vier Wochen am Stück Urlaub im Jahr hat. Dreißig Prozent der Einwohner Schwedens müssen unter solchen vermeintlich unwürdigen Umständen leben. Aus deutscher Sicht wirkt sie grotesk.
Nun, auch ich muss mit einem frühen Tod rechnen, denn ich habe nur zwei Wochen Urlaub gehabt, und erholsam waren sie nicht unbedingt – aber gut.
Wegen einer wichtigen Familienfeier, zu der meine Freundin nach Leipzig musste, hatten wir ein großes Programm zusammengestellt, das wir komplett mit dem Auto bzw. Fähre absolvierten:
- Nach Nynäshamn, einer Stadt am südlichsten Ende der Region Stockholm (73 km). Ab dort fährt eine Fähre der polnischen Gesellschaft Polferries nach Danzig. Das hatte schlicht den Vorteil, dass wir zu Beginn wenig fahren mussten. Von der Fähre hatte ich mir nicht viel versprochen – die Baltivia ist nicht gerade das neueste Schiff, und schnell wurde auch klar, wer das Stammklientel darstellt: zuallererst polnische Gastarbeiter in Schweden und Lkw-Fahrer. Dementsprechend gab es an Bord wenige Familien und das Ambiente war schlicht. Uns hatte man mit dem Hinweis, Zwei-Bett-Kabinen seien ausgebucht, eine teurere Drei-Bett-Kabine gegeben. Allerdings musste ich feststellen, dass es Zwei-Bett-Kabinen entweder gar nicht oder nur in sehr geringer Zahl gab. Etwas ärgerlich war auch, dass man trotz noch an Land erhaltener Bordkarte nochmals an der Rezeption an Bord einchecken musste, um in die Kabine zu gelangen. Zudem roch das Bad dort ziemlich streng. Die Freizeitangebote an Bord waren ausgesprochen bescheiden. Der Bordshop war klein und hatte nur wenige Stunden am Morgen geöffnet. Die Cafeteria war das einzige Restaurant an Bord und servierte reichlich matschige und fettige Speisen. Das Frühstück war allerdings in Ordnung. Wir verbrachten die meiste Zeit der 19 Stunden an Bord mit Lesen und Schlafen, denn viele Alternativen hätte es ohnehin nicht gegeben. Einzig die weite Strecke rechtfertigte den Fahrtpreis von gut 300 €. In Danzig checkten wir nach einer kleinen Irrfahrt (Navi hielt Fußgängerbrücke für Straße) ins Hotel ein und gingen in die Stadt. Sehr schön. Eine Schiffsfahrt zur Westerplatte und zurück gönnten wir uns auch noch. Das Hotel La Petite kann man nur empfehlen – freundliches Personal, guter Preis, gutes Frühstück, saubere moderne Zimmer mit Fernseher, großes Bad, ein kleiner Parkplatz draußen und die Innenstadt ca. 30 Minuten zu Fuß weg.
- Am nächsten Morgen dann weiter von Danzig nach Bad Muskau (548 km). Wir wussten vorher schon, dass das eine lange Fahrt werden würde, denn Polen hat praktisch keine Autobahnen. Unser neues Navigationssystem (Garmin Nüvi 205T) interpretierte das wohl so, dass alle Landstraßen ja gleich sind und folglich der kürzeste Weg der beste sein müsse. Wir landeten teilweise in der tiefsten Provinz, weitab von den größeren Verkehrswegen, die wir normalerweise genommen hätten. So haben wir viel von Polen gesehn, u.a. zahlreiche Störche, aber auch das waghalsige Verhalten polnischer Autofahrer. Wenn man in einem Land mit Landstraßen lebt, hat man offenkundig viel Zeit, Überholmanöver zu üben. Bad Muskau liegt direkt an der polnischen Grenze und ist nahezu umgeben vom Fürst-Pückler-Park, der mittlerweile zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört und durch dessen Mitte die Neiße fließt, wodurch der Park halb in Polen, halb in Deutschland liegt. Neben den schönen Parkanlagen fand ich vor allem diese Grenze interessant. Nicht nur, weil man sie unkontrolliert überqueren kann, sondern der annähernd orientalische Markt auf der polnischen Seite. Da werden in Wellblechhütten unter Beschallung mit billigstem deutschen Schlager allerlei Waren angeboten, an deren Qualität man zweifeln kann, die aber auf alle Fälle in harten Euros ausgezeichnet sind. Das Ganze ist so eng bebaut, dass dort permanenter Verkehrsstau, insbesondere vor der Tankstelle, zu herrschen scheint.
- Weiter nach Leipzig (236 km). Dort schöne 4 Tage mit Bowling, Familienfesten und Stadtführung.
- Über das malerische Städtchen Greiz in Thüringen zu meinen Eltern nach Rastatt (592 km). Dort dann ein paar Tage in der Umgebung verbracht, wobei die Schwarzwälder Kirschtorte am Mummelsee eine herbe Enttäuschung war – Boden angebrannt, Sahne alt. Da das vormalige Mummelsee-Hotel vor einem Jahr abgebrannt ist, muss man das wohl den Umständen der provisorischen Bewirtung zuschreiben. Die Tage nutzten wir auch, das Auto auf Vordermann zu bringen – es hat jetzt einen neuen Kotflügel und eine neue Tür. Insofern war die Abwrackprämie ausnahmsweise zu irgendwas gut.
- Dann weiter nach Norderstedt (676 km) – wobei die Streckenangabe hier reine Makulatur ist. Die anvisierten 6 Stunden Fahrt verdoppelten sich staubedingt auf 12 Stunden, was in erster Linie einer Vollsperrung der A7 bei Göttingen geschuldet war. Deren Ursache bleibt im Dunkeln, denn sie schien vorbereitet gewesen zu sein. Mangels Vertrauen in unser Navigationssystem fuhren wir zu früh wieder auf die Autobahn, was mehrere Stunden kostete. Immerhin konnten wir noch einen guten halben Tag in Hamburg verbringen.
- Zur Fähre nach Lübeck-Travemünde (82 km) – wir hatten im Vorfeld beschlossen, auch auf dem Rückweg eine der größeren Fähren zu nehmen, da wir so noch länger in Hamburg bleiben konnten. Die Nacht würde zwar kurz sein, denn Abfahrt ist um 22 Uhr und Ankunft schon um 7 Uhr. Die Fährgesellschaft Nordö-Link meinte, wir sollten spätestens 2 Stunden vor Abfahrt dort sein. Nach den Erfahrungen vom Vortag planten wir großzügige Reserven ein – umso ärgerlicher, dass der Check-In 2 Stunden vor Abfahrt noch nicht einmal begonnen hatte, und als er dann begann, doch sehr gemächlich vor sich ging. An Bord war das Unterhaltungsangebot auch nicht viel größer als auf der ersten Fähre, was aber angesichts der späten Abfahrt kaum eine Rolle spielte. Das Erstaunlichste war jedoch unsere Kabine – die hatte ca. 20 Quadratmeter und 4 Betten, obwohl wir nur zu zweit waren. Den im Informationsmaterial erwähnten Fernseher gab es nicht, aber interessanter- und eigentlich auch unnötigerweise eine Minibar. Das Frühstück hatten wir dazu gebucht – man musste freilich schon um 6 Uhr morgens beginnen, denn die Fähre kam pünktlich an. Sollte ich das nochmal machen, werde ich dazu eine Kamera mitnehmen, denn man fährt währenddessen unter der Öresundbrücke hindurch. Die 200 € für die Fahrt sind nur auf den ersten Blick teuer, denn die Fähre Puttgarden-Rödby und die Öresundbrücke hätten zusammen rund 100 € gekostet. Wenn man dann noch Spritkosten und den Service einer Nacht mit Frühstück an Bord einrechnet, dann schmilzt der Preisunterschied stark zusammen – dass man ausgeruht in Schweden ankommt, wiegt es letztendlich ganz auf.
- Nach einem Brotkauf in der deutschen Bäckerei im Hauptbahnhof von Malmö (hatten wir in Deutschland vergessen) ging es auf den letzten Abschnitt nach Hause (632 km).
Alles in allem also alleine auf diesen Wegen über 2800 km. Mit den ganzen Fahrten dazwischen landeten wir bei weit über 3000 km. Das kann man nicht jedes Jahr machen – dementsprechend war das Auto mit deutschen Leckereien beladen.