Winzer und ehemalige Sperrgebiete – die Stockholmer Schären in Reisereportagen

Landsort am südlichsten Ende der Schären (Foto: Flickr-User Let Ideas Compete, CC BY-NC-ND 2.0)

Die Stockholmer Schären sind schön. Ich habe sogar das Privileg, auf einer Schäreninsel zu wohnen – obwohl diese natürlich so groß ist, dass man es eigentlich nur bei der Fahrt über die Brücken merkt. Ausflüge auf richtige Schäreninseln sind leider viel zu selten.

Als reisejournalistisches Subjekt sind sie auch nicht uninteressant. So war vor einiger Zeit dieser Bericht im Spiegel und Manager-Magazin über einen 90-jährigen Winzer zu lesen, der auf dem von mir nicht weit entfernten Tynningö doch tatsächlich einigermaßen erfolgreich Wein anbaut.

Nun kam kürzlich auch noch eine Reportage über Landsort, der südlichsten Schäre im Großraum Stockholm, im Merian-Magazin.

Auf beiden Inseln war ich leider noch nie – aber vielleicht sollte man einmal hinfahren. Viel Spaß beim Lesen.

Trosa

Der Sommer ist da – ich holte mir gestern beim Ausflug prompt einen Sonnenbrand. Ziel war Trosa, eine Stadt am Meer, knapp südlich der Region Stockholm in Sörmland, die sich den etwas seltsamen Slogan „Världens Ände“ („Das Ende der Welt“) angeeignet hat und sogar auf dem Ortsschild präsentiert. Es ist eine typische schwedische Stadt, wenn man Inga-Lindström-Tauglichkeit als Kriterium anlegt. Die Geschäfte sind freilich auf den Tourismus ausgerichtet. Einen Sonntagsausflug kann man aber auf alle Fälle einmal dorthin machen.

Nämdö

Es ist eigentlich ein Jammer: da wohnt man schon praktisch mitten in den Schären, aber selbst nach 5 Jahren ist die Liste besuchter Inseln noch sehr kurz: Grinda, Sandhamn, Ålö, Utö und Finnhamn waren bislang die einzigen „richtigen“ Schäreninseln, die ich besucht habe. Daher habe ich letztes Wochenende einmal zum Anlass genommen, die Insel Nämdö zu besuchen und dabei auch gleich noch ein bisschen für openstreetmap.org zu kartografieren.

Die Insel ist deutlich größer als Sandhamn oder Grinda. Wir haben es in ein paar Stunden nur einmal bis zum anderen Ende geschafft, mussten aber einen Informationspfad zur anderen Seite auslassen. Wie Sandhamn vor einem Jahr war Nämdö eine kleine Überraschung. Es gibt nicht nur ein paar Häuschen, sondern auch eine Menge Infrastruktur. An einem Haus war ein abendlicher Pub angekündigt. An einer Anlegestelle gab es ein Café und einen voll ausgestatteten Supermarkt, der auch noch als Agentur für Systembolaget und die Apotheke diente. Wenn man also rechtzeitig bescheid sagt, kann man dort wohl alkoholische Getränke und Medikamente abholen.

Auch sonst gab es erstaunliches. Nämdö hat eine Schule, in die vermutlich die Grundschulkinder der umliegenden Inseln gehen. Eine Kirche gibt es ebenso, aber dort finden nur alle paar Wochen Gottesdienste statt. Fehlt eigentlich nur noch ein Arzt, dann ist das Dorf komplett.

Die Insel erinnert daran, wie lange die Besiedlung der Schären zurückgeht und wie man die Infrastruktur zum Leben eingerichtet hat, weil alle größeren Ansiedlungen viel zu weit weg waren und teilweise immer noch sind. Fehlt eigentlich nur noch ein Arzt und vielleicht ein Ableger des Hemtjänst, dann wäre das der perfekte Alterswohnsitz.

Ich wusste zwar, dass die deutsche Gemeinde in Stockholm irgendwo ein Haus in den Schären hat, aber ich hatte mich nicht näher damit auseinandergesetzt. Wie sich herausstellte, befindet es sich auf Nämdö. Da wäre es glatt eine Überlegung, dort einmal ein Wochenende zu verbringen.

Sandhamn

Ich wohne im letzten Vorposten östlich von Stockholm: Gustavsberg – ein Dorf eigentlich, aber mit allem ausgestattet, was eine Stadt braucht. Denn danach kommt nicht mehr viel. Je weiter man sich Richtung Meer bewegt, desto kleiner werden die Siedlungen. Am Ende der Straße liegt Stavsnäs. Nicht der östlichstes Punkt Schwedens, nicht einmal der östlichste Punkt der Region Stockholm. Aber östlich davon kommt nicht mehr viel. Dachte ich zumindest, denn Grinda, Finnhamn usw. sind Inseln, auf denen die Häuser verstreut liegen.

Ganz anders Sandhamn, das ich letzten Sonntag besucht habe. Die Insel, die anscheinend eigentlich Sandön heißt, war dereinst der letzte Hafen vor dem Meer und als solcher seit jeher wichtig. Heute ist daraus ein malerisches Dörfchen entstanden, das man auf einer Insel, die gerade mal 2,5 km lang ist, nicht erwartet. Es könnte aus einem Inga-Lindström-Film stammen. Es gibt eine Dorfbäckerei, einen Kiosk, ein Wärdshus (Restaurant mit Selbstbedienung), einen schon etwas heruntergekommenen Laden und vor allem das Hotel, wo man in der Nebensaison Wellness zu angeblich erträglichen Preisen bekommen kann. Hinter dem Dorf beginnt der Wald, und nur das Rauschen des Meeres von der anderen Seite erinnert daran, dass die Insel so klein ist.

Panoramen (27): Festung Vaxholm

Was mich ehrlich gesagt am meisten beeindruckt hat: der Film Pippi in Taka-Tuka-Land wurde hier gedreht, auch wenn es im Film natürlich so wirkt, als wäre die Festung zehnmal so groß. In der Realität erfüllt die Festung lange ihren Zweck als genau solche – in den Schären liegen nämlich noch allerlei Verteidigungsanlagen, die in Zeiten des Kalten Krieges auch noch etwas zwingender erforderlich erschienen. Heute ist es freilich nur noch ein Museum, das man aber nach wie vor nur per Schiff erreichen kann – oder schwimmenderweise von Vaxholm aus, aber ich bezweifle, dass das sonderlich viele versuchen.

Panoramen (26): Vor dem Grand Hotel

Das Grand Hotel ist vor allem als Übernachtungsmöglichkeit für Nobelpreisträger bekannt. Davor scharen sich aber aus einem anderen Grund die Touristen: hier legen die Boote zu den Stockholmer Schären ab, und die sind für die meisten allemal interessanter als das Hotel.

Sommer da

Die letzten zwei Tage dürfte ich definitiv feststellen, dass der Sommer nun sowas von da ist. Gestern im schönen Hagapark (wenn man sich mal die Autobahn daneben wegdenkt), und heute auf der Insel Ålö in den Schären.

Man kann ja alle möglichen Schäreninseln per Boot erreichen, und so haben wir uns für Ålö entschieden, das zum südlichen Teil der Schären gehört. Dort sollte es nämlich eine Fischräucherei geben.
Ganze vier Leute (inkl. uns) wollten dort hin, und so war es erfreulich leer. Leider hat Ålö aber nichts zu bieten. Praktisch alle Grasflächen sind eingezäunt, die Räucherei macht erst im Juni auf, und neben einem Badestrand gibt es nur noch eine Brücke hinüber zur Nachbarinsel Utö, die riesig groß ist und zu guten Teilen aus militärischem Sperrgebiet besteht. Den Ortskern dort, wo es wohl auch Restaurant und Fahrradverleih gegeben hätte, haben wir dann aber schon aus Zeitmangel nicht mehr erreicht. Die Nachbarinsel Rånö wäre wohl erheblich interessanter gewesen. Trotzdem ein schöner Tag bei prächtigem Wetter, bei dem ich das erste Mal seit langen wieder meine alte DDR-Spiegelreflexkamera herausgeholt habe. Das schöne Wetter hat auch seine Nachteile: Sonnenbrand.

Das nächste Mal wird es wohl eine andere Schäreninsel werden – es gibt ja schließlich noch einige zehntausend andere.

Heute nacht darf ich dann wieder die Linie 94/4 beglücken. Ich habe nämlich Nachtschicht zugeteilt bekommen. Daher geht es jetzt erstmal in die Heia.

Neue Urlaubsziele

Für all diejenigen, denen die Stockholmer Innenstadt, die Schären, die großen Seen usw. zu voll werden, hat Anne Petersson von der schwedischen Nachrichtenagentur TT recherchiert, wo in Schweden kaum jemand Urlaub machen möchte. Weil die Redaktionen der Zeitungen sommerbedingt unterbesetzt sind, haben sowohl Svenska Dagbladet als auch Dagens Nyheter den Artikel praktisch 1:1 abgeschrieben.

Hier also die am wenigsten besuchten Orte Schwedens:

  • Ockelbo: das erfrischend leere Ferienparadies (2800 Einwohner) rund zwei Stunden nördlich von Stockholm. Things to see: das Industriemuseum „Wij valsverk“
  • Kumla: dieser Ort hat mehr zu bieten, als man denkt: den Drittligaverein IFK Kumla samt Schwedens größtes Gefängnis „Kumlaanstalten“. Wenn man den Trubel nicht mehr aushält, kann man zum Entspannen ins 15 km entfernte Örebro fahren.
  • Nässjö: der Ort hat einen Bahnhof, und zwar der einzige Schwedens, an dem sechs Eisenbahnlinien zusammenlaufen. Wer aus dem Staunen wieder heraus ist, kann sich ein kühles Blondes in der örtlichen Brauerei „Nässjö bryggeri“ genehmigen. Prost!
  • Kungsör: weil auch die Wikipedia zu diesem Ort nicht viel hergibt, sei gesagt, dass es das örtliche Museum Kungsudden gibt. Wenn man das alles gesehen hat, kann man sich mit einem oder zwei der 5610 Einwohner anfreunden oder die Landschaft genießen. Viel mehr gibt die Homepage des Ortes nämlich auch nicht her.
  • Hjo: der Name des Ortes ist zwar kürzer, aber hat ungefähr genausoviele Einwohner. Sehenswert ist die Altstadt und die größte Schwarz-Erle Schwedens. Wer noch nicht genug hat kann auf eine „öringsafari“ gehen. Ein „öring“ ist anscheinend eine Lachsart – laut Wikipedia eine Forelle. Das Ganze muss so beliebt sein, dass man sich den Namen „öringsafari“ sogar als Markenname schützen ließ.
  • Åtvidaberg: mir ist ein Rätsel, warum dieser Ort nichtmal einen englischen oder deutschen Wikipedia-Artikel hat. Immerhin habe ich den Artikel zum lokalen Fußballgiganten Åtvidabergs FF (zweite Liga) geschrieben. Das ist wohl auch das einzig spannende im Ort.
  • Sälen und Åre im Sommer: das wiederum ist weniger verwunderlich. Es sind schließlich Wintersportorte.

Bemerkenswert an der Liste ist, dass bis auf Åre alle Orte nicht wirklich im Norden des Landes liegen und damit leicht zu erreichen wären. Es mag allerdings auch an der Bettenkapazität und den lokalen Gegebenheiten liegen, dass nicht so viele in diese Orte fahren.

Ein Geheimtipp ist übrigens Hässleholm ganz im Süden Schwedens. Dort sind im Juli gerade mal 21 Prozent der Betten belegt. Trelleborg, Örebro und Växjö kommen aber auch auf weniger als 40 Prozent. Dabei sind alle drei Orte für schwedische Verhältnisse nicht gerade klein.