Autor: Fabian
Big Brother is watching you
Manchmal fühlt man sich beobachtet – und das zurecht.
Vor zwei Tagen habe ich ja über meine mittelmäßig erfolgreichen Versuche berichtet, legal etwas Musik herunterzuladen.
Heute war ich auf Youtube, und unter den für mich empfohlenen Videos finde ich dieses hier. Gesucht habe ich nach so etwas nie bei Youtube, und so liegt der Verdacht nahe, dass Google meine Suchanfragen dazu benutzt, die Videoempfehlungen auf Youtube auf mich zuzuschneiden.
Das mag ja ganz nett sein – nur, wenn so etwas geht, was geht dann noch?
Legale Abenteuer im Musikwunderland
Meine Freundin will Musik hören, und zwar auf ihrem MP3-Player, ein kleines schmuckes Gerätchen von Sony. Das neueste Album von Veronica Maggio soll es sein, und zwar legal. Ich muss gestehen, dass ich ein Informationsjunkie bin und nur relativ wenig Musik höre – den Rest besorgt Youtube. Mit legalen Downloads habe ich bislang jedenfalls keine Erfahrung. Irgendwie bin ich da wohl ein bisschen im fast schon vergessenen Zeitalter von Shawn Fanning stehen geblieben. Es ist jedenfalls nicht das Zeitalter des Ipred-Gesetzes, das in Schweden seit kurzem die Drohkulisse für illegale Downloader darstellt. Und die wirkt – schon wenige Tage nach Einführung des Gesetzes am 1. April wurde von geschrumpftem Internetverkehr samt stark gestiegenen Downloadzahlen auf legalen Seiten berichtet.
In den letzten Jahren sind legale Downloads bezahlbar und benutzbar geworden. Dachte ich jedenfalls.
Also zog ich los, um Musik käuflich zu erwerben. Und zwar nicht von Apple. Dafür gibt es drei Gründe:
- Ich kann Apple mittlerweile so gut leiden wie Fußpilz. Die Antipathie liegt tief, was nicht mit der Qualität der Produkte dieser Firma zu tun hat – sie sind ohne Frage gut, und nachdem ich mir ein paar Keynotes von seiner Heiligkeit Steve Jobs angeschaut habe, glaube ich unbesehen, dass sie sehr gut sind. Ich benutze seit einiger Zeit sogar gelegentlich den ziemlich ordentlichen Browser Safari, der dem immer langsamer werdenden Firefox in vieler Hinsicht das Wasser reichen kann und in der neuesten Version sogar ein Chrome-artiges Tabs-in-der-Titelleiste-Design hat. Die Abneigung hat vielmehr mit der Firmenpolitik zu tun, die mit dem Prädikat „bedenklich“ nur unzureichend beschrieben wäre. Apple kontrolliert sein Marktsegment so, wie es Microsoft niemals gewagt hat und niemals wagen würde. Hersteller, die nicht im Boot mit Apple sitzen, haben Pech gehabt. Letztendlich sind das Verhältnisse wie in den 80er Jahren, als jeder Hersteller noch sein eigenes Ding machte. Es ist kein Zufall, dass mit dem PC letztendlich eine aus allen möglichen Komponenten zusammengeschusterte Maschine die digitale Welt revolutioniert hat. Das macht einen 90%igen Marktanteil für Microsoft noch erträglich, aber einen 20%igen Marktanteil für Apple schon bedenklich. Was mir aber genauso wenig an Apple behagt, ist die Attitüde vieler Benutzer, die gute Qualität mit Perfektion verwechseln und aus den guten Produkten eines Herstellers schließen, dass alle anderen Hersteller nur Mist produzieren. Es ist auch dieser Snobismus, der es mir auch nicht gerade leichter macht, mein Geld dieser Firma zukommen zu lassen.
- Itunes ist Marktführer. Warum sollte man zu dem Laden gehen, der ohnehin der Platzhirsch ist? Konkurrenz belebt das Geschäft.
- Ich habe Itunes einmal für Podcast-Tests benutzt und muss sagen: I am not impressed. Wenn das das tollste, beste usw. Programm überhaupt sein soll, dann frage ich mich, warum Windows Media Player oder die heutigen aufgetakelten Versionen von Winamp schlechter sein sollen.
Also nicht Apple – und das ist gar nicht so leicht.
Als erstes tue ich das Portal Emusic auf, das viel in vielen Sprachen verspricht, aber nur nach Anmeldung. Nicht einmal nachschauen kann man, ob die Frau Maggio überhaupt herunterladbar wäre. Das wirkt unseriös.
Dann dachte ich mir, wenn schon Nicht-Apple, dann richtig: MSN verlangt die Benutzung des Internet Explorers, meckert dann aber trotzdem, obwohl Browser wie Media Player aktuell genug sind.
Irgendwann finde ich glücklicherweise diese Übersichtsseite, was zumindest die Suche nach weiteren Portalen erleichtert.
Die PlayNow Arena von SonyEricsson hat das Album, aber der Kauf scheitert – anscheinend will man nur Musik verkaufen, die auf den eigenen Handys laufen soll. Das hätte ich sogar zu bieten, aber der Aufwand, das alles richtig einzurichten ist mir zu hoch – und eine sympathische Firmenpolitik ist das auch nicht gerade.
CDON hat allerhand von Veronica Maggio, aber nicht das neueste Album, was ja auch schon ein Jahr alt ist.
Zum ersten Mal werde ich fündig bei Skivlagret online, aber der Preis ist mit 109,90 kr deutlich höher als die 90 bis 99 kr der anderen Anbieter.
Den Zuschlag kriegt letztendlich Mediamilkshake zum Preis von 99 kr zuzüglich einer kleinen Kreditkartengebühr. Die Dateien sind leider im WMA-Format und damit kopiergeschützt. Ich hatte eigentlich gedacht, dass Kopierschutz passe wäre – da habe ich mich wohl geirrt. Nach etwas herumspielen mit dem Windows Media Player ist der Schlüssel akzeptiert und ich kann die Musik hören sowie auf den MP3-Player überspielen.
Mein Fazit: die Angebote sind nicht sonderlich gut platziert und daher schlecht im Netz zu finden, die Technik nicht intuitiv. Ob das ein unbedarfter Benutzer so ohne weiteres hinbekommt?
Ich habe jedenfalls gleich mal eine Sicherheitskopie gebrannt – man weiß ja nie.
Sicherheit
Ich fahre mittlerweile einigermaßen regelmäßig mit dem Fahrrad zur Arbeit. Die Fahrtzeit habe ich mittlerweile auf 90 Minuten drücken können. Doch was ist mit der Sicherheit?
Metro, anerkanntes Magazin für investigativen Journalismus, nebenberuflich auch noch kostenlose U-Bahn-Zeitung, hat hier natürlich die Antwort parat: schlecht sieht es aus mit meiner Sicherheit, denn laut diesem Bericht hier passiere ich mindestens fünf sehr kritische Stellen in der Stadt. Die Zahl der Fahrradunfälle ist von 2006 bis 2008 um 17 Prozent gestiegen.
Was tun? Metro hat fünf heiße Tipps für mich:
1. Helm tragen (mache ich, und laut dem Bericht auch 75 Prozent aller Fahrradpendler)
2. Fahrradwege benutzen (mache ich auch)
3. Sich bewusst sein, dass man ungeschützt ist (mache ich meistens)
4. Bremsen kontrollieren, bevor man losfährt (mache ich nicht, aber würde ich merken, bevor die erste abschüssige Stelle kommt)
5. Mit Vernunft fahren (versuche ich zumindest)
Was würde man in Stockholm nur machen, wenn man solche Tipps nicht in der Zeitung lesen könnte?
In eigener Sache: Umgezogen
WordPress war wohl doch etwas zu belastend – der neulich nach einem Hardwarecrash installierte Notserver hatte anscheinend alleine mit meiner Seite schon so viel Arbeit, dass er in die Knie ging.
Daher habe ich mich nun wieder in die Eigenadministration begeben – was auch lehrreich sein kann, denn dieser Bereich ist in den letzten Jahren in meiner Tätigkeit bei DASDING immer kürzer getreten. Eine Lehre durfte ich jedenfalls schon ziehen: Administrationsoberflächen mögen ja ganz nett anzuschauen sein, aber dieses Plesk ging mir schon nach zwei Stunden derart auf die Nerven, dass ich es entfernt habe und lieber von Hand konfiguriere. Für den Leichtsinn, es überhaupt geordert zu haben, werde ich jetzt wohl damit bestraft, dass eine Version des fast schon prähistorischen qmail als MTA installiert ist. Das wird ein Riesenspaß, einen anderen zu installieren.
Es wird es auch noch ein bisschen dauern, bis die Adressen wieder so aussehen, wie sie sollen.
Dank gilt meinen beiden bisherigen Herbergsleitern, die mir diese Dienste über eine lange Zeit kostenfrei zur Verfügung gestellt habe.
Schweden als Einwanderungsland
Im März erschien in der Zeitung Dagens Nyheter eine Artikelserie zur Einwanderung nach Schweden. Der Autor Maciej Zaremba gibt darin Einblicke in ein Land, das sich innerhalb relativer kurzer Zeit von einer weitgehend abgekapselten Gesellschaft in ein Einwanderungsland verwandelt hat.
Den ersten Teil habe ich mit großem Interesse gelesen, habe es dann aber nicht weiter verfolgt. Schade eigentlich, denn immerhin stehen alle Teile online.
Was Thomas jetzt gemacht hat, ist aber noch viel besser: er hat um Erlaubnis gefragt und übersetzt die ganze Serie. „Hut ab“, kann ich da nur sagen. Viel Spaß beim Lesen!
Der erste Teil steht schon online.
Mit dem Fahrrad in die Stadt
Der Umzug nach Värmdö brachte unweigerlich einen viel längeren Arbeitsweg mit sich. Letzten Herbst bin ich ja täglich mit dem Fahrrad gefahren, was der Kondition außerordentlich gut tat.
Nun ist das nicht mehr so leicht – aber nicht unmöglich. Gestern habe ich es ausprobiert: 56 km an einem Tag.
Auf Värmdö zu ist die Landschaft sehr malerisch, aber ab Nacka wird es zunehmend städtischer. Die Ausschilderung ist größtenteils richtig gut, und nur an wenigen Stellen gibt es keine angezeichneten Fahrradwege. Alleine die Wegweiser sind oft etwas furchteinflößend, wenn es da heißt, dass man noch 20 km vor sich hat.
Vom Kalorienverbrauch her ist das ganze natürlich nicht unerheblich – da geht praktisch ein ganzer Tagesbedarf drauf. Ein prima Training also, aber leider auch sehr langwierig: für jede Strecke brauchte ich gut 100 Minuten.
Sicherlich nichts für jeden Tag, aber jetzt im Sommer sicherlich nicht uninteressant.
Immer diese High Society
Ich bin mir ja meiner Prominenz vollkommen bewusst. Welche Gesellschaftsveranstaltung würde schon gerne auf mich verzichten?
Nun habe ich aber eine Einladung zur Diplomübergabe der KTH im Stadshuset erhalten. Kurz darauf flatterte auch noch eine Einladung zum Willkommensabend für Doktoranden an der Stockholmer Universität herein. Allerdings war ich bei beiden Veranstaltungen schon im letzten Winter zugegen.
Das finde ich dann doch etwas anbiedernd.
Frühling da
Etwas überrascht war ich heute morgen ob dieser Anzeige unseres am Küchenfenster angebrachten Thermometers. Natürlich hat das die direkte Sonneneinstrahlung verursacht, aber an der Nordseite des Hauses ist es doch ein bisschen erstaunlich.
Die reale Temperatur betrug freilich nur 11 °C, in Spitzen aber auch bis zu 15 °C. Der Umschwung am Ende des schwedischen Winters ist schon erstaunlich. Während die kleinen Seen und manche Buchten hier draußen in den Schären noch gefroren sind, jogge ich schon mit T-Shirt.
Passend dazu ist ab heute Frühlingsdesign angesagt.
Noch 180 Tage
Vor wenigen Tagen las ich diesen Artikel hier, in dem Ärzte die SPD auf 15 Prozent drücken wollen. Gestern demonstrierten auch Ärzte in Gaggenau nahe meiner Heimat.
Es liegt ohne Frage in der Natur der Gesundheitspolitik, dass niemand mit ihr zufrieden ist. Das soll keine Verteidigung sein, denn in der Tat liegt einiges im Argen. Gerade in Diskussionen mit Leuten, die in Schweden den perfekten Sozialstaat sehen, erlebe ich aber immer wieder, dass ein Kritikpunkt am schwedischen System damit abgetan wird, dass es woanders (d.h. Deutschland) vermeintlich noch schlimmer sei. Viermonatige Wartezeiten, wie ich sie erlebt habe, sind dann anscheinend dadurch zu rechtfertigen, dass in Schweden der Fernseher im Krankenhaus kostenlos ist. Das Thema wird jedenfalls leidenschaftlich debattiert, denn wenn es um die eigene Gesundheit geht, fühlt man sich nie perfekt behandelt.
Vor allem hat mir jener Bericht aber bewusst gemacht, dass die Bundestagswahl 2009 doch tatsächlich am 27. September stattfindet. Ich werde selbstverständlich wählen, und wollte die entsprechenden bürokratischen Schritte unternehmen. Als Auslandsdeutscher wählt man nämlich nicht in der Botschaft oder dem Konsulat, sondern als Briefwähler. Sinnigerweise muss man dies in dem Wahlkreis, in dem man zuletzt gemeldet war. Ob man noch irgendeinen Bezug zu der Region hat, spielt keine Rolle. Eine der wenigen Voraussetzungen neben der deutschen Staatsbürgerschaft ist, dass man in seinem Leben mindestens 3 Monate in Deutschland gelebt hat.
Bei mir ist es zum Glück so, dass ich einen Bezug zu meinem letzten Meldeort habe, und so wähle ich gerne dort. Die bürokratische Hürde ist zum Glück nicht so hoch, auch wenn man wie immer ein Formular ausfüllen darf. Dieses erhält man auch bei der Botschaft, aber ein am Computer ausfüllbares PDF-Dokument ist definitiv praktischer.
In Kürze bin ich also hoffentlich Briefwähler.
Zeit, sich auf die Bundestagswahl vorzubereiten.
Ich habe dieser Tag mit einer Freundin aus Juso-Tagen gesprochen, die seit kurzem im Vorstand der Linksjugend ist. Ich gehöre zwar zu denjenigen, die der Meinung sind, dass es links der SPD nicht nur eine Partei geben kann, sondern dass man mit dieser auch koalieren kann und sollte. Trotzdem ist mir Die Linke mit dem teilweise schon demagogischen Gebahren ihres Führungspersonals sowie den doch noch reichlich vorhandenen Betonkommunisten und Ostalgikern weder sympathisch noch erscheint sie mir direkt wählbar.
Besagte Freundin meinte, es käme weniger auf die Personen als auf die Programme an. Damit hat sie prinzipiell natürlich recht, auch wenn es nur zu oft so ist, dass Programme prächtig nebulös sind und die Mandatsträger letztendlich doch machen, was ihnen gerade richtig erscheint (sollen sie ja auch). Ich werde das aber zum Anlass nehmen, die Wahlprogramme durchzuschmökern.
Dazu werde ich mich aber bei den großen Parteien etwas gedulden müssen, denn das sind die Termine der Wahlparteitage:
- CDU/CSU: keine Ahnung. Die CDU hat außer ihrem Tagesgeschäft anscheinend gar nichts zur Bundestagswahl auf ihrer Webseite, und die CSU nur wenige bescheidene Seiten ohne brauchbaren Inhalt. Auch sonst war meine Suche fruchtlos.
- SPD: 14. Juni 2009 in Berlin – gefunden nicht auf der SPD-Website, aber immerhin hier
- FDP: 15. bis 17. Mai in der Messe Hannover, siehe hier.
- Bündnis ’90/Die Grünen: 8. bis 10. Mai im Velodrom Berlin, siehe hier.
- Die Linke: 20. bis 21. Juni in Berlin, siehe hier – übrigens die einzige Partei, die auch schon einen Vorschlag fürs Wahlprogramm online zu haben scheint.
Manche Leute sind jedoch der Meinung, man sollte gar nicht wählen. Der Leiter des Washington-Büros des SPIEGEL, Gabor Steingart, hat gerade ein Buch mit dem Titel „Die Machtfrage. Ansichten eines Nichtwählers“ veröffentlicht. Darin legt er dar, wieso er dieses Mal nicht wählen wird. Er tat dies auch kürzlich in einer SWR1-Leute-Sendung (zum Anhören). Auch wenn ich seine Haltung nicht unterstütze, Politikern einen Denkzettel zu verpassen, den sie ohnehin nicht verstehen würden, so ist es doch einmal interessant, die Meinung eines Nichtwählers zu hören, der über die übliche Stammtischrhetorik hinaus geht. Bei echten Gegenvorschlägen bleibt er aber leider etwas kleinlaut, denn wenn man sagt, dass das bisherige System schlecht ist, sollte man zumindest überlegen, wie es verbessert werden könnte. Vielleicht tut er es in seinem Buch. In der Sendung war er in der Hinsicht recht abweisend.
In einem Punkt muss ich ihm aber rechtgeben: dass das deutsche Wahlrecht einige massive Schwächen hat. Zwar bin ich nach wie vor klarer Gegner von bundesweiten Referenden. Jedoch halte ich es für möglich, den Bundespräsidenten direkt zu wählen. Die größte Schwäche ist aber das Listenwahlrecht zum Deutschen Bundestag. Es kann nicht sein, dass Leute nur deswegen ein Mandat erhalten, weil sie von ihrer Partei in der Liste nach oben gesetzt wurden. Das bisherige Listenwahlrecht bringt den Wählerwillen in vielen Fällen wenig zum Ausdruck. Steingart brachte als Beispiel, dass Andrea Ypsilanti, obwohl sie in ihrem Wahlkreis fast 20% der Stimmen einbüßte, immer noch im hessischen Landtag sitzt. Dass die Wähler ihr hierfür ein Mandat gegeben haben sollen, ist da kaum nachzuvollziehen.
Das ist nichts neues. Interessant ist das Thema aber trotzdem, denn der Bundespräsident hat sich erst kürzlich für eine Änderung des Wahlrechts ausgesprochen, aber das verhallte im Nichts – schade.