Angie in Stockholm

Ich bereue es gerade ein bisschen, mich nicht unter fadenscheinigen Vorwänden unter die Presse bei Angela Merkels Staatsbesuch in Schweden gemischt zu haben. Bei der Pressekonferenz war der Raum halbleer.
Allerdings gab es außer der Anwesenheit der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten auch wenig zu erleben. Die Teile der Pressekonferenz, die ich gehört habe, bestanden fast nur aus Fragen zu Georgien, die mit den üblichen Worthülsen beantwortet wurden, die man in den letzten zwei Wochen zur Genüge hören konnte. Tenor ist, dass Russland sich aus Georgien zurückziehen soll, was für sich genommen ja auch nichts Neues ist. Immerhin wurde die Ostseepipeline, die für Schweden natürlich ein schwieriges Thema ist, kurz erwähnt.

Ansonsten ist wohl alles in Butter. Reinfeldt hat früher schon gesagt, sie sei eine „warme Persönlichkeit“, und dass die „persönliche Chemie“ stimme. Ob die beiden per du sind, ist unbekannt, zumal sie sich auf englisch unterhalten. Das können die beiden dann heute abend beim „Arbeitsabendessen“ in Harpsund
weiter erörtern.

Gedanken zu Gesine Schwan

Nachdem der erste Ärger verraucht ist, wird es Zeit, die aktuelle Lage zu analysieren.

  • Ich habe nichts gegen Gesine Schwan – ganz im Gegenteil. Sie war 2004 schon eine fähige Kandidatin und ist es noch immer. Sie hat einen hochinteressanten Lebenslauf und ist eine Quereinsteigerin, was wiederum zwei Eigenschaften sind, die ich an Horst Köhler ebenso schätze.
  • Ihre indirekte Kritik an Horst Köhler, er untergrabe mit seiner Politikerschelte die Demokratie, kann ich aber nicht unterstützen. Seine zwei Amtsvorgänger haben sich auf Festtagsreden und Repräsentation zurückgezogen. Der Bundespräsident hat jedoch die höchste politische Legitimierung des Landes, und er sollte sie auch nutzen, um die Probleme jenseits des parteipolitischen Streits anzusprechen. Er soll den Mund aufmachen, wenn er es für richtig hält, und er sollte auch nicht blind jedes Gesetz unterschreiben, das ihm unter die Finger kommt. Das Einzige, was man Horst Köhler vorwerfen kann, ist, zu unregelmäßig kritisiert zu haben – am Anfang viel, seither wenig. Der Vorwurf, es sei „antidemokratisch“, Politiker zu rügen, ist Unsinn. Kritik soll und muss möglich sein. Die letzten Jahre zeichnen sich durch Stillstand aus, an dem die Große Koalition eine große Mitschuld trägt. Einen Bundespräsidenten zu haben, der in dieser Zeit ohne Ansehen der Partei Kritik übt, ist viel wert.
  • Gesine Schwan wäre also eine fähige Kandidatin, aber ich habe meine Zweifel, ob sie den Job ähnlich gut machen könnte wie Köhler. Der ist bekannt und beliebt. Nach dem doch eher farblosen Johannes Rau ist das sehr angenehm – ein Bundespräsident muss nämlich auch immer um seine Präsenz kämpfen.
  • Die Beliebtheit von Köhler ist auch der Grund, warum sich die Union und FDP demonstrativ hinter ihn stellen. Wäre es nach den Oberen der Union gegangen, hätte man ihn noch nicht einmal gelassen, denn zur Zeit seiner Wahl hatte man wohl nicht damit gerechnet, dass er auch mal gegen das eigene Lager schießen würde.
  • Womit wir bei der SPD wären. Die Kolumnisten, die die Kandidatur von Schwan feiern, sagen auch ganz klar, dass die SPD kopflos ist. Das stimmt, denn Becks Führungstruppe eiert schon seit Monaten ohne erkennbares Ziel herum. Dieser Partei fehlt derzeit anständiges Führungspersonal und insbesondere eine Vision. Die Basis, und damit meine ich nicht nur mich selbst, ist zunehmend unzufrieden, was die letzten Umfragen auch bestätigen. Was verspricht man sich davon, Schwan aufzustellen? Ohne Frage ist sie die Leitfigur, die man sich wünschen würde – nur leider kandidiert sie dafür für das falsche Amt. Zwar mag die Wahl eines Bundespräsidenten in der Vergangenheit ein Test dafür gewesen sein, mit welcher Partei man kann und mit welcher nicht – sobald die Wahl aber vorbei war, spielte das keine Rolle mehr. Wenn die SPD ein Bündnis Rot-Rot-Grün austesten wollte, wäre dies die richtige Gelegenheit. Aber genau das will sie ja erklärtermaßen nicht.
  • Die Wahl 2009 zu gewinnen ist damit auch nicht möglich, denn man kann nicht damit Werbung machen, eine Bundespräsidentin ins Amt gehievt zu haben – das verbietet sich wegen der Neutralität des Amtes. Ein Bundespräsident ist nun einmal kein Parteipolitiker. Zudem ist mehr als fraglich, ob dieser Schritt positiv aufgenommen werden wird.

Letztendlich bleibt es die Entscheidung einer Parteiführung ohne Orientierung. Ob Gesine Schwan letztendlich Bundespräsidentin wird oder nicht, wird für die SPD keine Rolle spielen. Das alles kann den derzeitigen Niedergang der Partei nicht aufhalten. Insofern war es eine dämliche Entscheidung, gegen einen populären Bundespräsidenten in die Schlach zu ziehen. Die SPD kann dabei nur verlieren.

Die Wahl 2009 mit solchen Spielchen zu gewinnen ist aussichtslos – und es zeigt einmal mehr, dass die SPD dringend einen Führungswechsel braucht.

Brechreiz

Zum aktuellen Beschluss meiner Parteiführung, Gesine Schwan aufzustellen, fällt mir fast nichts mehr ein, weil ich damit beschäftigt bin, mein soeben verzehrtes Mittagessen bei mir zu halten. Wieso stellt man eine Mitbewerberin gegen einen beliebten Bundespräsidenten auf, der sich bislang in löblicher Weise damit hervortat, von den Festtagsreden abzuweichen und auch aktiv die Politik zu kritisieren? Warum verstösst man gegen die Regel, keinen Gegenkandidaten zu amtierenden Präsidenten zu stellen? Soll Gesine Schwan, als Person sicherlich fähig und vielerorts hochgeschätzt, etwa die Steigbügelhalterin für einen Kanzler Beck sein? Der SPD-Vorstand scheint im kollektiven Delirium zu sein…

MV in der Tunnelbana

Ryanair bewirbt derzeit Reisen in eine Stadt, die zumindest bislang nicht als Tourismusmetropole bekannt ist: Rostock. Bislang dürfte Mecklenburg-Vorpommern allgemein keine allzu große Rolle im Tourismus aus Schweden spielen, denn Ostsee, viel Natur und kühles Klima gibt es hier in ähnlicher Form auch.

Ob Ryanair also auf dieser Schiene erfolgreich sein wird, ist also fraglich. Immerhin kommt damit Deutschlands dünnbesiedelstes Bundesland zu einer ungewohnten Aufmerksamkeit:

In Baden-Württemberg weiß man allerdings, dass MV nicht immer gut tut.

Schade irgendwie

Ich wollte eigentlich schon begeistert von der zugegebenermaßen etwas obskuren Meldung berichten, das EU-Parlament wolle die Synchronisation von Filmen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbieten. Zwar halte ich die Abschaffung der Synchronisation für eine ausgesprochen sinnvolle Sache, da hierdurch falsche Übersetzungen reduziert, Lesefähigkeiten gefördert, Fremdsprachenkenntnisse erweitert und Verbrechen am Kunstwerk Film verhindert werden. Ein hartes Verbot ist aber wohl kaum eine vermittelbare Lösung. Dennoch ist es irgendwie schade, dass es sich nur um eine Ente handelte. Peinlich ist allerdings, dass mir selbst mir bei der schnellen Nachrichtensuche dazu die ausgesprochen dünne Quellenlage auffiel, aber dies vielen gut bezahlten Journalisten nicht genügte, einen zweiten Blick darauf zu werfen.

Unglückliche Überschriften Teil 2098

ZDF Politiker beklagen 1933
Ausriss: zdf.de

Einen sprachlichen Ausrutscher leistet sich heute das ZDF. Beklagen kann man eigentlich nur, was man noch rückgängig oder zumindest noch korrigieren könnte. An der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes kann man heute aber leider nichts mehr ändern. Genauso gut könnte man das Schisma der Kirche, das Scheitern der Revolution 1848 oder den Vietnamkrieg beklagen.

Nachtrag: Nachdem ich ja jetzt schon zwei Kommentare dazu bekommen habe, habe ich mir etwas Gedanken gemacht. Ich bin bei Google News über die Überschrift gestolpert und habe mich spontan an ihr gestört. Auch nach einigem Nachdenken im Bus bin ich der Ansicht, dass man das Wort „beklagen“ üblicherweise nicht in diesem Zusammenhang verwendet. Aus meiner Sicht bezieht sich das Wort typischerweise auf einen Zustand oder ein kürzlich stattgefundenes Ereignis. Allerdings gibt es auch die Möglichkeit, dass z.B. Überlebende ihre Toten beklagen. Es muss also nicht notwendigerweise einen Adressaten geben, ist in dem Falle aber ein Ausdruck von Schmerz und Trauer.

Ich vermute, ich habe mich vor allem deswegen daran gestört, dass es eigentlich selbstverständlich ist, dass das Ermächtigungsgesetz etwas beklagenswertes war und ist. Eine Klage ist nach meiner Sicht aber auch immer, dass man andere auf etwas hinweisen möchte. Allerdings ist man im Allgemeinen in der deutschen Öffentlichkeit darüber hinaus, denn diejenigen, an die die Klagen gerichtet sein könnten, sind tot. Auch ist das Ermächtigungsgesetz nichts, was heute den Abgeordneten noch unmittelbar Schmerzen bereiten würde – daher wäre „mahnen“ oder „gedenken“ in so einem Zusammenhang sicher besser als „beklagen“.

Aber ihr habt schon recht: ein Ausrutscher ist es nicht. Da hatte ich hier schon ganz andere Sachen präsentiert.

Kallur in Karlsruh‘

Vor lauter Panorama gestern habe ich natürlich ganz vergessen, zu erwähnen, dass eine Schwedin ausgerechnet in Karlsruhe einen Weltrekord aufgestellt hat.

Susanna Kallur ist nämlich über 60 Meter Hürden in nur 7,68 Sekunden gerannt und hat damit den 18 Jahre alten Weltrekord der Russin Ludmilla Naroschilenko eingestellt. Schweden war begeistert und die DN brachte die neue schwedische Heldin auf der Titelseite. Aber auch das Badische Tagblatt titelte „Susanna Kallur beschenkt Karlsruhe mit Weltrekord“, allerdings nur auf Seite 14.

Ich bevorzuge im Allgemeinen den Lauf ohne Hürden, auch zum Schutz meiner Weichteile. Dafür ist er Lauf etwas länger, aber auch deutlich langsamer. Gestern habe ich mich mit meiner neuen Pulsuhr wieder auf die Piste begeben. Die Ergebnisse sind schon interessant. Zwar war ich langsam, aber es spricht wirklich für die jahrelange Lauferei, dass ich bei einem Pulsschnitt von 170 Schlägen pro Minute überhaupt durchgehalten habe und mir das sogar normal erscheint. Als Trainingspuls ist bei mir nämlich der Bereich 135-155 Schläge pro Minute vorgesehen.
Unabhängig von den Ergebnissen: meine Fitness ist in einem katastrophalen Zustand. Bis zum ersten Lauf des Jahres muss sich noch einiges tun.

What’s going on?

Mancher mag sich ja fragen, wieso so wenig hier passiert in letzter Zeit. Nun ja, es hat wohl damit zu tun, dass ich ab und zu auch mal was Vernünftiges mache 🙂

Trotzdem hier einige Dinge, die sich aktuell gerade so abspielen:

  • DASDING.de hat einen Relaunch gemacht, und dafür mussten ein paar Nächte dran glauben. Leider ist die Arbeit noch lange nicht fertig.
  • Trotz allem konnte ich mittlerweile die meisten meiner Praktikumsprotokolle einreichen, so dass nun „nur“ noch das Protokoll für den Reaktortrip nach Finnland übrig ist.
  • Die mittlerweile nahezu unendliche Geschichte meines Furunkels am Hintern geht weiter. Nachdem ich nun geschlagene zwei Monate auf einen ersten termin beim Chirurgen gewartet habe, darf ich nun noch einen Monat warten, bis das endlich operiert wird. In solchen Bereichen hat das schwedische Gesundheitssystem massive Schwächen, denn man hätte den Aufwand und die Kosten massiv reduziert, hätte man den Eingriff schon Ende November gemacht. Stattdessen lässt man die Leute warten und hat als Sicherheitsnetz die Notaufnahme, die dann wiederum allen möglichen Kleinkram behandeln muss, der normalerweise nicht in ihren Bereich fällt.
  • Heute Nacht ist Tsunami Tuesday, der größte Tag bei den amerikanischen Vorwahlen. Ich überlege schon jetzt, wie ich das mit meiner Vorlesung morgens um 8 vereinbaren kann.
  • Wenn wir schon bei weniger essentiellen Dingen des Lebens sind: seit einiger Zeit interessiere ich mich sehr für Genealogie. Mein Stammbaum bei verwandt.de hat mittlerweile 207 Mitglieder, vor allem dank meiner Mutter, die ein geradezu unglaubliches Wissen über die Verwandtschaft hat. Das in der Seite verankerte Social-Networking-Prinzip kann nämlich nur sehr bedingt fruchten, da natürlich nur Personen teilnehmen können, die noch leben. Daher geht der Stammbaum zwangsläufig sehr in die Breite, aber wenig in die Höhe. Soll heißen: Man kann zwar die Zusammenhänge zwischen den lebenden Verwandten sehr gut erstellen, wenn man sie etwas befragt, aber weiter als bis zu den Urgroßeltern wird man ohne eigene Recherchen nicht vorstoßen können. Der Weg dazu war mir anfangs nicht so klar. Nach etwas Recherchen habe ich nun begonnen, bei den Standesämtern anzufragen. Diese erfassen nämlich die Daten seit 1876, was mit etwas Glück sogar bis zur Generation der Ururgroßeltern reicht.