Nichts erspart

Manchmal im Leben bleibt einem wirklich nichts erspart:

  • die Vogelgrippe kommt: die Spamversender haben sich schon darauf eingestellt und verbreiten munter, dass man sich mit einem Mittel namens Tamiflu gegen Grippe schützen könnte. Und hoffen, dass genügend Leute dumm genug sind, das auch gegen Vogelgrippe wirksam zu halten. Auch hier hat man schon mächtig Schiss vor der „Fågelinfluensan“ – wie gut, dass ich keine Katze habe.
  • Mein Computer macht lustige Späße – der CPU-Kühler rührt sich wenig bis gar nicht, so dass ich „von Hand“ (d.h. mit offenem Fenster) kühlen muss. Jetzt, da ich alles für teures Geld neu gekauft habe, läuft er auf einmal wie ne eins.
  • Deutschland verliert souverän 1:4 – Klinsi kann dies nicht als taktische Niederlage verkaufen und fliegt gleich mal in die USA zurück. Wörns wurde rausgeworfen, guckt dumm aus der Wäsche und schießt heute ein Tor aus Trotz, weil er nicht mitspielen durfte. Vielleicht überstehen wir gar nicht erst die Vorrunde und müssen so gar nicht gegen Schweden spielen, was mir eventuell einen schwierigen Abend im Juni ersparen würde.
  • Nach 8 Monaten erzählt man mir, dass ich eigentlich schon zu alt bin, um mit meiner Familie krankenversichert zu sein. Stattdessen habe ich die ganze Zeit stramm meine 56€ im Monat abdrücken dürfen. Vielleicht sollte ich mich einfach aus Deutschland abmelden. Ich fühle mich auch schon furchtbar alt.
  • Während hier gerade die 532. Vorrunde zum Eurovision Song Contest im Fernsehen läuft, wird man bei uns die Entscheidung zwischen Thomas Anders (!), Vicky Leandros (!!!) und Texas Lightning fällen dürfen bzw. müssen, denn mehr sind nicht in der Endrunde. Während man hier in Schweden diesen albernen Wettbewerb als nationales Ereignis mit Titelseitenqualität inszeniert, um dann am Schluss doch nur mit großer Begeisterung einen miesen Platz abzuräumen, gibt man sich bei uns die aufs Miniformat reduzierte Variante und hat dafür ausgerechnet zwei Künstler ausgewählt, bei deren Teilnahme ich nur sehr verschämt für Deutschland stimmen könnte. Wenigstens gibt es mit Texas Lightning (Band mit Olli Dittrich) einen ansatzweise alternativen Hoffnungsschimmer. Darum meine kleine parteiische Bitte: Wählt am Donnerstag Texas Lightning, damit ich hier nicht eingehe im Mai!

Und sonst? Schneetreiben vom Feinsten, aber hübsch siehts aus….

Worte zum Tage

Am Rosenmontag bin ich geboooooren,
am Rosenmontag, in Mainz am Rhein.
Bis Aschermittwoch bin ich verlooooren,
denn Rosenmontagskinder müssen närrisch seein,
denn Rosenmontagskinder müssen närrisch sein.

Man spricht dieser Tage verstärkt darauf an, ob es hier so etwas wie Fasnacht/Karneval/Fasching gäbe. Abgesehen von einer Jazzbar, die den Namen Fasching trägt, gibt es nichts dergleichen. Das verwundert auch nicht weiter, denn Karneval ist bekanntermaßen so katholisch wie der Papst, und daher findet man eine solche Tradition in evangelischen Gegenden nur vor, wenn Katholiken in unmittelbarer Nähe sind, z.B. im Schwäbischen. Auf Schweden trifft das nichtmal ansatzweise zu – hier sind nur 150.000 Katholiken zu finden. Bis man auf nennenswerte Ansammlungen stößt, muss man zwar nur über die Ostsee nach Polen (verdammt katholisch), aber auf dem Landweg wird es schwer, denn zwischendrin kommen Dänemark (35000 Katholiken bzw. 0,6 % Katholiken) und Schleswig-Holstein (6,3 % Katholiken).

Insofern erscheint es mir etwas albern, dass einige aus meinem Schwedischkurs sich in der nächsten Stunde verkleiden wollen. Zwar kommt zumindest eine der drei aus Schleswig-Holstein, aber es könnte definitiv daran liegen, dass sie in Mainz studieren. Als Antwort hat einer schon in Unkenntnis der Materie vorgeschlagen, man könnte am Donnerstag verkleidet kommen. Dabei ist am Aschermittwoch bekanntermaßen alles vorbei. Gott sei Dank….

Geständnis

Es ist nicht zu verleugnen – der konstante Geschichtenfluss ist hier Mitte November versiegt. Dabei gäbe es viel zu erzählen. Nicht das, was ich momentan oft gefragt werde: ist es in Schweden kalt? (Antwort: Nein, zumindest diesen Winter nicht) Wie ist es dort? (Antwort abhängig vom Zusammenhang) usw.

Es ist ja nicht so, dass nichts passiert wäre. Nach zweimonatigem Tief habe ich die allermeisten Sachen an der Uni doch noch irgendwie zu Ende gebracht – allerdings auch 10 kg zugelegt. Meine Lauf- und Trekkingschuhe wurden mir geklaut – vermutlich von den komischen Menschen, die sich um den Container herumtreiben. Eine schnelles Wiedererreichen der alten Form war also auch ausgeschlossen. Das wird sich nun ändern. Gleich nach meiner Ankunft hier in Deutschland habe ich neue Schuhe gekauft. Die Laufauswahl im Frühling ist zwar sehr mager in Stockholm, aber ein paar wird es geben. Das Ziel ist in jedem Fall klar: Marathon in Stockholm im Juni.

Es gibt aber auch Positives zu berichten. Beispielsweise ist es mir gelungen, aus dem Container auszuziehen. Ich wohne nun in einem Zimmer mit echten Wänden, ohne Zug, dafür mit Supermarkt. Da kann man nicht meckern.
Highlight des letzten Monats war aber zweifellos, das Nobelbankett, das ich im nächsten Beitrag stellvertretend für den fehlenden Monat in epischer Breite darstellen werde. Es war überragend…

Zunächst aber mal wünsche ich allen Lesern, die mir noch die Treue halten frohe Weihnachten!

Wie ich die Nobellotterie (und den Parkplatzkrieg) gewann

Manche Menschen gewinnen selten bis nie. Ich gewinne manchmal. Zum Beispiel wurde mir bei einem Gewinnspiel mal ein AMD-Athlon-Gehäusesticker zugelost. Dummerweise hatte ich zu der Zeit keinen Athlon. Auch toll war das interne Fußballtippspiel bei DASDING zur WM 2002. Ich siegte souverän und gewann 50 € – allerdings haftet mir der Verdacht an, ich habe die Datenbank manipuliert. Dem war nicht so – ich hatte schlicht in Wagemut und fußballerischer Unkenntnis auf ein schwaches Abschneiden Frankreichs und ähnliche Spinnereien getippt. Zeitzeugen werden sich erinnern, dass Frankreich torlos ausschied. Nicht minder überraschend kam Deutschland ins Finale. Die 10 Sonderpunkte für einen Titelgewinn unseres Landes konnte ich allerdings leider nicht einstreichen.

Parking Permission

Zu oft bin ich auch auf der Verliererseite gewesen. Auf einen überragenden Lottogewinn warte ich bis heute. Allerdings wäre hierzu auch eine Lottoteilnahme notwendig. An Oddset bin ich spektakulär gescheitert. Mathematisch sinnvoll hatte ich auf die Kombinationen mit der niedrigsten Quoten genommen. Nach 6 Spielen auf dem Tippschein war ich in der Gewinnzone angelangt. Da meinte ein Mitschüler, Manchester United würde unbedingt gegen Arsenal oder Wimbledon oder so gewinnen. Mein Ergebnis war prächtig – sämtliche 6 Niedrigquotentipps waren wie erwartet ausgegangen. Und ManU? Wenn sie wenigstens anständig verloren hätten. Stattdessen haben sie 1:1 gespielt. Diese Pfeifen.

Heute habe ich aber gewonnen – es ist zwar nur so ein Halbgewinn wie dereinst beim NYC Marathon, denn dort gewinnt man auch nur die Berechtigung, ein Ticket zu kaufen. Genauer gesagt bekommt man beim Marathon einfach das Geld abgebucht, ohne erneut gefragt zu werden. Bei meinem heutigen Gewinn wurde ich aber gefragt, denn ich habe die Berechtigung, Karten für das Nobelbankett zu kaufen, gewonnen!
Ja, das heißt, ich werde am 10.12. am Bankett nach der Preisverleihung des Nobelpreises teilnehmen dürfen.

Billig ist es freilich nicht: 1000 kr für die Karte, 300 kr für die After-Show-Party und 1800 kr für die Ausleihgebühr des Fracks. Ja, ich muss nämlich mit Frack dort auftauchen, und zwar mit weißer Weste und weißer Fliege – anders kommt man gar nicht erst rein. Meine bezaubernde Begleitung soll ein Ballkleid tragen. Allerdings versuche ich gerade möglichst neutral und diplomatisch zu entscheiden, wer denn mit darf. Ich hoffe, das kommt bei den in der engen Auswahl befindlichen auch so an – wäre schade, wenn es deswegen lange Gesichter geben würde.

Etwas anderes habe ich auch noch gewonnen: meinen kleinen Parkplatzkrieg. Urplötzlich war ja doch jemand zuständig. Mittlerweile habe ich eine wundervolle Parkgenehmigung. Wir sind seither unzertrennlich und machen alles zusammen. Nächste Woche mache ich ihr einen Heiratsantrag.

Zum Schluss nach knallharte (gelegentlich auch flüssige) Neuigkeiten: meine erste Packung Toilettenpapier ist leer. Wie das statistische Bundesamt daraufhin ermittelte, beträgt mein durchschnittlicher Verbrauch daher 9,9 Blätter pro Tag.

Der Reihe nach – Nachlese

Der Oktober 2005 wird in die Geschichte eingehen – als der Monat, an dem hier am wenigsten passiert ist.

Üblicherweise repräsentiert dieses Blog immer, was mir so passiert. Ergo müsste mir in den letzten 4 Wochen so gut wie nichts passiert sein. Das entspricht nicht ganz der Realität. Dennoch steht fest, dass ich in letzter Zeit selten die Zeit und Muße hatte, hier viel zu schreiben. Daher gibt es hier die Dinge etwas kompakter in einzelnen kurzen gestaffelten Beiträgen, und zwar:

  • Hässelbyloppet 2005
  • Wie ich den Parkplatzkrieg gewann
  • Wie meine unglaubliche Karriere als Radiostar begann
  • Hoppla – erster Vorlesungsabschnitt schon vorbei

Nicht der Reihe nach: Mami, ich war im Fernsehen!

Nobelpreis Literatur

Eigentlich geht es hier derzeit ja der Reihe nach – aber welterschütternde Ereignisse müssen unmittelbar berichtet werden. Heute wurde der diesjährige Preisträger des Nobelpreises für Literatur verkündet. Der Unterschied zu Physik und Chemie ist nicht nur rein fachlich beträchtlich – hierfür ist nämlich nicht die Königliche Akademie der Wissenschaften zuständig, sondern die Schwedische Akademie. Diese hat eine etwas andere Informationspolitik. Selbst der Zeitpunkt der Bekanntgabe wird erst kurz vorher festgelegt. Auch von Dramaturgie verstehen sie eine Menge: der Vorsitzende der Akademie tritt aus einer Tür heraus und verkündet den Namen des Gewinners in mehreren Sprachen. Die ganze Presse drängelt sich vor eben jener Tür und wartet gespannt. Die Medienpräsenz war auch deutlich höher als bei den anderen Nobelpreisen – was wohl unter anderem auch daran lag, dass es vorher einen kleinen Skandal gegeben hatte, als ein Akademiemitglied sich von der Vergabeprozedur zurückzog. Angesichts dessen, dass die Akademie ohnehin nur 16 Mitglieder hat und normalerweise in der Zeit vor der Nobelpreisbekanntgabe sehr schweigsam ist, eine interessante Begebenheit.

Bianca und ich hatten uns getroffen, um dorthin zu gehen. Wieder einmal durfte man ohne jegliche Kontrolle hinein, musste jedoch zuvor die Tasche an der Garderobe abgeben – was glücklicherweise kostenlos war. Der Saal ist zwar nicht so schön wie in der Wissenschaftsakademie, aber macht doch etwas her. Wir postierten uns und warteten.

Die ganze Verkündung als Film: Hier klicken

Harold Pinter hat ihn bekommen. Nicht, dass mir der Name zuvor ein Begriff gewesen wäre.

Das wirklich Spannende ist für mich nämlich, dass ich in der Tagesschau zu sehen war – und in den Tagesthemen gleich nochmal! Das schafft sonst nur der Kanzler, auch wenn der künftig nichts mehr schafft. Respektable 56 Frames und damit etwas mehr als 2 Sekunden war ich zu sehen – andere müssen für so etwas viel Geld bezahlen.

Hier der Beweis: Hier klicken.

Wer mich trotzdem übersieht, hier eine Nahaufnahme:

Nobelpreis Literatur

Das ganze epochale Ereignis nochmals in Bildern:

Nobelpreis Literatur
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Der Reihe nach – Teil 2: And the Winner is…

Mittlerweile wurde im Parkplatzkrieg ein Waffenstillstand erreicht, in Berlin wurde erstmals seit einigen Monaten wieder politische Intelligenz beobachtet, der Spiegel fragt in seiner aktuellen Ausgabe „Wozu Sex?“ – ich sage: blöde Frage – und ich habe mir ein Fahrrad gekauft. Aber das kommt später, denn wir machen das ja der Reihe nach hier – streng chronologisch wie beim Schulaufsatz.

Nobel Panorama

Stockholm, 10:30 Uhr – der Boden schwankt. Nein, ich bin nicht betrunken. Angesichts der letzten Nacht bin ich sogar vergleichsweise fit. Vielmehr ist es darauf zurückzuführen, dass der Gleicgewichtssinn nach zwei Nächten auf einem Schiff doch schon etwas aus dem Takt ist. Schön kann man das auch nach langen Zugfahrten beobachten.
Mein Mitbewohner hatte mich doch ziemlich angenervt, aber das ist jetzt sowieso egal. Ich stand zuletzt mit Bianca am Ausgang des Schiffes und wartete, dass es endlich geöffnet wurde. Damit ließ man sich dann auch 20 Minuten Zeit. Der erhoffte Zeitvorteil war also auf Null geschwunden. Dennoch waren wir recht schnell vom Schiff unten, und das war wichtig, denn ich hatte es eilig, zu einer bestimmten Veranstaltung zu kommen. Es handelte sich um nichts Geringeres als die offizielle Bekanntgabe der Preisträger des Nobelpreises in Physik 2005. Ich verabschiedete mich vor der Passkontrolle – nach ihr rannte ich direkt los. Es war 10:45 Uhr – noch eine Stunde bis zur angesetzten Zeit.
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Der Reihe nach – Teil 1: Beyond 20

Willkommen zur großen „Das war meine Woche“-Revue. Es wird nötig sein, sie in mehrere Teile zu spalten, denn die verfügbare Freizeit stand in den letzten Tagen in einem ziemlichen Missverhältnis zu dem, was ich hier gerne schreiben würde. Und eigentlich bin ich jetzt schon fast wieder auf dem Sprung.

Darum nun der erste Teil: Beyond 20

Sehr beruhigend, loszuziehen, wenn zumindest das Nötigste erledigt ist – soll heißen: meine Praktikumspartnerin Sandra und ich haben es noch rechtzeitig geschafft, die ersten drei Praktikumsprotokolle fertigzustellen.

Eigentlich sollte die Reise ja schon am Samstag losgehen, aber die Mannschaft der Regina Baltica dachte sich wohl, man könnte mal eben so zum 11. Jahrestag des Estonia-Unglücks eine Fähre auf Grund setzen. Also wurde unsere Reise einen Tag nach hinten verlegt, und wir durften stattdessen am Sonntag mit der modernsten Fähre, der Victoria, losfahren.

Über die Absichten der Reise braucht man sich keine Illusionen zu machen: in Estland ist Alkohol nur halb so teuer. Man versuchte auch nicht, dies mit einem vermeintlich kulturellen Beweggrund für die Reise zu verdecken. Wir fuhren einfach nach Tallinn – und das wars dann auch schon.

Tallinn
Bianca, Norbert, eine Leiter und eine Dose estnisches Bier in eine der 4-Bett-Kabinen
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