Gedanken zum Tage

  • Etwas kurios ist dieser Artikel von Liza Marklund, der aus einem Merian-Heft stammt und bei SPIEGEL Online veröffentlicht wurde. Das ist schon deswegen so, weil Liza Marklund in letzter Zeit viel Kritik dafür bekommen hat, dass ein von ihr geschriebener dokumentarischer Roman wohl doch nicht ganz so faktentreu wahr, obwohl der Untertitel „eine wahre Geschichte“ dies andeuten sollte. Marklund schreibt über ihr Stockholm, also anscheinend jenes für alle, die soviel Geld haben, dass der Preis keine Rolle mehr zu spielen scheint. Zu denen gehört sie offenkundig, und so ist ihre Beschreibung von Stockholm zwar irgendwo passend, aber auch ansatzweise snobistisch. Es ist nicht verwunderlich, dass sie nur einen Steinwurf vom Mälaren entfernt wohnt und ihr Büro in der Altstadt hat. Die Vorstädte erwähnt sie vor allem im Zusammenhang mit dem Arlanda Express, einem reichlich teuren Direktzug vom Flughafen in die Stadt. Von Betriebsunfällen spricht sie, wenn sie über diese hässlichen Betonburgen erzählt. Und sie hat recht. Aber man hat gut reden, wenn man in so privilegierter Lage wohnt, und unweit des Stureplan, der offiziellen Sammelstelle für unbezahlbare Nobelboutiquen, seine Klamotten einkauft. Kurios ist auch eine Bildunterschrift. Dort heißt es

    Starke Schwedenkrone: Der Kurswert Stockholms bei Touristen, die hier von Skeppsholmsbron nach Gamla Stan hinüberschauen können, ist genauso hoch

    Interessant, Anspielungen auf einen starken Kronenkurs zu machen, während die Krone gerade in der schwächsten Phase überhaupt ist und im letzten halben Jahr über 10% gegenüber dem Euro nachgegeben hat – vom Dollar erst gar nicht zu reden. Das ist fast schon ein Fall für die Spiegelkritik

  • Letzte Woche Mittwoch war mein Rekord leider vorbei. In den genau 1269 Tagen seit meiner Ankunft in Schweden hatte ich es geschafft, einen eisbedingten Sturz zu vermeiden. Ich bin gerutscht, aber nie gestürzt. Nun eben doch – der Weg vom Schwimmbad zur U-Bahn war spiegelglatt. Ich begann sofort einen neuen persönlichen Rekordversuch. Die 1269 Tage werden erst am 13. Juli 2012 vorbei sein. Drückt mir die Daumen!
  • Ich habe es endlich angegangen, mein Auto nach Schweden umzumelden. Das Verfahren ist unglaublich schnell. Vom Antrag am 13. Januar vergingen gerade einmal 6 Tage bis zur fertigen Bearbeitung. Gestern hatte ich dann den Termin bei Bilprovningen (schwedischer TÜV), bei dem die Identität des Autos und den einwandfreien technischen Zustand des Gefährts bescheinigt wurde. Die zukünftige Autonummer bekam ich gleich mit. Ab dem Moment war ich also aktenkundig, und das Auto ist als „stillgelegt“ verzeichnet. Eine Versicherung zu buchen ist leider nicht so leicht, denn importierte Autos fehlen im Computer, so dass man nicht eben online nachschauen kann, was das denn kosten würde. Ich habe verschiedene Angebote eingeholt, die zwischen 210 € und 350 € pro Jahr schwanken. Da habe ich natürlich bei den 210 zugeschlagen. Derweil fertigt die neue Behörde Transportstyrelsen die Schilder. Sobald ich den neuen Fahrzeugbrief/-schein habe, kann ich das Auto in den Verkehr bringen, indem ich es einfach online anmelde und die Steuer entrichte. Manchmal ist die schwedische Bürokratie echt beeindruckend: vom Antrag bis zum ersten Tag im Verkehr sind es drei Wochen, wenn man sich etwas beeilt.
  • Interessant ist auch, dass ich dank der Steuersenkung der Regierung nun trotz Umzugs in eine höher besteuerte Kommune mehr Gehalt bekomme – glaube ich zumindest, denn ich weiß noch nicht, ob mein Umzug schon in die Berechnung mit einfließt.

SPIEGEL-Phänomene

Nachdem mir Thomas gestern zwei Topthemen vor der Nase weggeschnappt hat, heute etwas ganz anderes. Irgendwie scheint mir der SPIEGEL momentan angesichts der Ereignisse in den USA so begeistert zu sein, dass er alles amerikanisch bebildern will.

So habe ich gerade das hier entdeckt:

Ausriss aus SPIEGEL-Artikel

Quelle: SPIEGEL Online

Interessant, dass ein Vorschlag der deutschen Bundesregierung mit einem Bild versehen wird, das allem Anschein nach in Amerika aufgenommen wurde – zumindest nach der Form der Schilder und der Modellauswahl zu urteilen. Vielleicht irre ich mich da aber. In jedem Fall wäre eine Reihe deutscher Autos passender gewesen.

Nicht minder verwirrend ist ein Countdown, der zwar schön herunterzählt, aber nicht für den recht vorhersehbaren Fall gerüstet ist, dass er auch mal vorbei sein wird.
bushende

Vielleicht ist das aber auch nur eine andere Art zu sagen, dass 8 Jahre Bush nun wirklich vorbei sind.

Nachtrag 14:18 Uhr: Dass dies ein deutscher Parkplatz sein soll, kann mir jetzt aber wirklich keiner mehr erzählen.

spiegel2

Quelle: SPIEGEL Online

Malstunde am Auto (Busfahrerstreik Tag 14)

Aus aktuellem Anlass: ich habe derzeit unseren alten Staubsauger bei Tradera zur Versteigerung angeboten. Leider ist der schwedische Ebay-Ableger nicht einmal ansatzweise so erfolgreich wie das deutsche Ebay. So sieht es im Moment wohl danach aus, dass der Staubsauger für den Schnäppchenpreis von 40 kr (4,22 €) weggehen wird – wenn vielleicht nicht einer von euch noch darüber bietet.

So ein Streik hat natürlich seine angenehmenen Seiten. Heute morgen habe ich das lange verschobene Projekt in Angriff genommen, die Roststellen an meinem Auto auszubessern. Es stellte sich heraus, dass es weit schlimmer war als gedacht. An einer schonmal reparierten Schadstelle hatte sich der Rost schön eingefressen, und nach dem Wegklopfen des porösen Materials hatte der Kotflügel ein Loch. Alles halb so wild, wenn man bedenkt, welche Roststellen schwedische Autos haben, die offenbar jedes Jahr neuerlich durch den TÜV kommen. Trotzdem hat das Auto mittlerweile mehr als ein Dutzend ausgebesserte Lackschäden – eine ganze Menge, auch wenn man bedenkt, dass es schon 14 Jahre auf dem Buckel hat.

Wenn wir noch eine Weile weiter streiken, kann ich sogar ganz leicht noch die Winterreifen gegen Sommerreifen austauschen und mal ordentlich saubermachen.

Danach sieht es aber nicht aus – die Verhandlungen wurden wieder aufgenommen, denn heute Nacht soll der Streik in Skåne beginnen. Allerdings ist noch nichts von neuen Angeboten zu hören, und so wäre es auch möglich, dass die Verhandlungen weitergehen, ohne dass der Streik komplett abgebrochen wird. Meine Erwartung ist aber, dass ich spätestens am Mittwoch wieder arbeite und somit nicht mehr auf meine für dann geplante Streikwache muss. Das wäre mir auch nicht unrecht, denn gestern habe ich mich in den zwei Stunden wirklich enorm gelangweilt.

1670 km später

Kaum ist man nach insgesamt 18 Stunden Fahrt (entspricht 1670 km) angekommen, muss ich feststellen, dass das Wetter hier auch nicht besser ist als in Schweden. Mein Spamproblem ist auch noch nicht gelöst. Ich musste mich wieder durch seitenweise abgefilterten Spam klicken. Dazu wurde auch noch etwas durchgelassen. Aus dem Grund gibt es jetzt eine Anti-Spam-Lösung, die mit JavaScript funktioniert. Die Frage ist eigentlich nur, wie lange es dauert, bis auch das überlistet ist.

Mot Tyskland

Es ist schon erstaunlich. Ich habe eine Klausur versemmelt und trotzdem ist Weihnachten. Heute nacht geht es in jedem Falle los Richtung Deutschland, dieses Mal auf die härteste Art, nämlich mit dem Auto.

Hier noch einige Beobachtungen zum Tage:

  • Erst jetzt wurde es mir angezeigt, aber auch so verspätet schmeichelt mir doch sehr, was ich da in einem Auswandererblog gelesen habe. Danke für die Blumen.
  • Blogtechnisch ist auch noch anzumerken, dass böse Spammer mein tolles Abtippbild überlistet haben. Anscheinend ist die Verfremdung nicht ausreichend, denn die Wörter habe ich schon geändert. Seit heute donnern massenweise Spameinträge herein. Jetzt habe ich zusätzlich noch einen Spamfilter eingeschaltet, bis ich dafür eine Lösung gefunden habe.
  • Schwedische Tankstellen haben bemerkenswert selten einen Staubsauger. Erst nach mehreren Tankstellen wurden wir fündig. Dafür funktionierte dort die Überprüfung des Reifendrucks nicht.
  • Sprit ist in Schweden derzeit billiger als in Deutschland. Dazu ist auch anzumerken, dass es in Schweden kein Normal-Benzin gibt, sondern nur Super-Benzin. Daher ist schwer abzuschätzen, wie groß der Unterschied wirklich ist.
  • Natürlich interessierte mich auch das Reisewetter. Etwas überrascht war ich dann aber doch von dieser Wetterkarte:
    Dänemarkwetter
    In Dänemark soll es im Moment also 23 °C haben. Auch die Vorhersage verkündet:

    Die Werte erreichen im Tagesverlauf 6 bis 21 Grad.

    Ich schwärze ja ungern an, aber ein Wetterportal, das mir erzählen will, dass es in Dänemark vier Tage vor Weihnachten sommerliche Temperaturen hat, erscheint mir etwas unglaubwürdig. Dann doch lieber zur Konkurrenz, wo mir 3°C angekündigt werden.

Leider geht das Blog damit erneut in eine Zwangspause. Diese ist ca. 1600 km lang. Bis dann.

Vorbild Schweden

Teil 10 und 11 meines Auswandererguides sind zwar immer noch nur halbfertig und werden daher erst demnächst veröffentlich – jedoch habe ich gerade etwas auf SPIEGEL online gesehen, das gut zu Teil 11 passen würde.

Dort geht es um eine Arbeitsgruppe, die Autozulassungen leichter machen soll. Vorbild ist in diesem Fall Schweden, das mit seiner ländlichen Struktur wohl schon länger die Not von mitten in der Pampa lebenden Menschen sah, die eine ganze Tagesreise auf sich nehmen mussten, nur um ein Auto anzumelden. Hierzuland bleibt nämlich das Kennzeichen ein Autoleben lang montiert. Wechselt der Besitzer, werden nur die Daten entsprechend geändert. Ebenso zentral wird erfasst, wann das Auto das letzte Mal beim TÜV war und ob es versichert ist.

Das soll in Deutschland auch kommen – und bislang gibt es wohl nur einen Gegner: die bisherigen Zulassungsstellen. Die sind nämlich der Meinung, das bisherige System sei gar nicht verbesserungsbedürftig.

Naja, da erinnere ich mich nur an meinen letzten Besuch in dieser Stelle. Nach etwas Wartezeit wurde ich hereingerufen. Just in dem Moment, als ich die Tür öffnete, rief jemand drinnen „Mist, jetzt ist die Verbindung zum Rechenzentrum abgebrochen. Ich gehe jetzt aber nicht raus und sage den Leuten, das nichts mehr geht.“

Nicht verbesserungsbedürftig also – aha.

Uppkörning

Wenn man in Schweden zur praktischen Fahrprüfung antritt, dann nennt man das „Uppkörning“, sehr frei übersetzt „auffahren“. Das darf ich in Kürze auch machen, nämlich am 27. Juli. Drückt mir die Daumen!

Weitere Highlights:

  • Gestern hatte ich wegen des starken Regens einen Fahrgast, da er mit dem Fahrrad zur Fahrschule gekommen war und wir in dann besser mitnahmen. Das Erstaunlich war jedoch, dass er ein Deutscher im gesetzteren Alter ist und damit ein noch unwahrscheinlicherer Kandidat für eine Arbeit als Busfahrer. Wie sich herausstellte, hat er sogar mal ein halbes Jahr lang in Rastatt gewohnt und ist nun wegen Familie seit 5 Jahren in Schweden.
  • Heute morgen hatte ich einen Erste-Hilfe-Kurs. Der war mit insgesamt 3 Stunden Umfang noch lächerlicher als der deutsche Kurs für den Führerschein. Leider hatte er trotzdem zwei Beatmungspuppen dabei.
  • Nachmittags dann ein Brandschutzkurs, der mich als ehemaliger Feuerwehrmann auch nicht wirklich beeindrucken konnten. Dass wir selbst einmal Schaum- und Kohlendioxidfeuerlöscher ausprobieren durften, war allerdings nicht schlecht. Mit einer Brandschutzdecke auf eine Puppe springen hätte allerdings nicht unbedingt sein müssen.
  • Hier noch etwas anderes zum Thema Führerschein in Schweden.

Gör det själv oder lieber nicht

Heute habe ich es gewagt und den Ölwechsel gemacht. Die Werkstatt war eine üble Enttäuschung – außer Entsorgungsmöglichkeiten und einer Hebebühne war so gut wie nichts vorhanden. Werkzeug konnte man mieten, aber so etwas „exotisches“ wie eine Schlaufe zum Lösen und Festziehen des Ölfilters gab es nicht. Also blieb er ungewechselt, und ich hoffe einfach nur, dass ich nichts kaputt gemacht habe – Öl verloren habe ich auf jeden Fall keines auf der Rückfahrt.

Verschiedenes

Weil ich momentan irgendwie wenig zum Schreiben finde, mal wieder einer meiner etwas uninspirierten Posts:

  • Das Wetter ist mittelmäßig bis schlecht. Der schwedische Sommer ist bislang stark reklamationsbedürftig. Ich bin dabei, die entsprechende Beschwerdestelle zu suchen.
  • Die schwedische Steuerbehörde „Skatteverket“ hat mir ein Formular zukommen lassen, mit dem ich meine Einkünfte aus Deutschland korrekt versteuern kann. Irgendwas sagt mir, dass ich dabei ungefähr genauso viel Spaß haben werde wie bei einer Zahnwurzelbehandlung. Allem Anschein nach werde ich bis Ende des Jahres monatlich einen mehr als nur grob abgeschätzten Beitrag versteuern, um dann nächstes Jahr konkrete Zahlen vorzulegen. Die Steuerbehörde kann wohl froh sein, dass mein Fall ausgesprochen selten ist – ansonsten wäre das nämlich ein erstklassiger Anreiz zur Steuerhinterziehung, denn das Verfahren beruht natürlich zu guten Teilen auf der Ehrlichkeit des Lohnempfängers. Ich werde jedenfalls alles korrekt angeben. Im Gegensatz zur Schweiz ist Steuerhinterziehung nämlich auch hierzulande ein Verbrechen.
  • Ähnlich freudig ist, dass meine praktische Prüfung wohl frühestens am 27. Juli stattfinden können wird, weil Prüfungstermine knapp sind. Das ist ärgerlich, aber nicht zu ändern. Bis dahin kann ich jedenfalls sehr gut fahren, so dass die Prüfung nur bei sehr viel Pech danebengehen dürfte.
  • Da genügend Zeit ist, werden nun eher ungewöhnliche Fahrstunden eingeschoben. So durfte ich heute morgen testweise die Linie 62 fahren, die von Fredhäll nach Storängsbotten geht – beides Stadtteile, in denen ich zuvor noch nie gewesen war. Spannend wurde es dann in der Innenstadt, wo nicht nur unzählige Touristen und die Marschkapelle des Wachwechsels am Schloss herummarschierten, sondern auch viel Verkehr ist und die Straßen häufig mehr als eng sind.
  • Am Freitag und am Montag werde ich dann alles über Fahrkarten und Brandschutz lernen. Ich bin gespannt.
  • Das Auswendiglernen der Linien ist wohl weniger wild, als ich ursprünglich dachte. Die Garage, in der ich fahren werde, bedient ungefähr 18 bis 20 Linien – das sollte also bald überschaubar sein.
  • Interessant wird übrigens ein anderes Mobilitätsthema – die Frage, was mit dem Auto, das ich hier habe, geschehen soll, ist immer noch nicht geklärt. Sicher ist jedoch, dass ein Ölwechsel fällig ist, den ich auch selbst vornehmen werde. Ansonsten bleibt mir aber wohl nur, eventuelle Mängel – sofern mir möglich – festzustellen, denn das einzige, was ich sonst noch in Eigenregie wechseln würde, sind Lampen und Zündkerzen. An Bremsen wage ich mich jedenfalls nicht heran – zuviel Fehlerpotenzial. Zudem muss ich auch eine Werkstatt finden. Glücklicherweise gibt es so genannte „Gör-det-själv-hallar“ (also „Mach-es-selbst-Hallen“), wo man die Werkstatt stundenweise anmieten kann. Manches Werkzeug gibt es da auch, so dass zumindest einem erfolgreichen Ölwechsel nichts im Wege stehen sollte. Sollte ich das Auto nach Schweden ummelden, folgt zu Anfang eine Art TÜV, bei dem dann ohnehin alles herauskommen wird. Das System ist aber recht gut durchdacht: jeder Autobesitzer bekommt einmal jährlich einen Termin beim schwedischen TÜV zugewiesen. Ist alles ok, bekommt man die neue Plakette. Wenn nicht, muss man es bei einer autorisierten Werkstatt reparieren lassen und bekommt dann die Plakette. Der schwedische Staat nimmt also Inspektionsfaulen zwangsweise etwas ab, denn so ist ein jährlicher Check garantiert.
  • Letzten Freitag war deutscher Stammtisch. Dort wurde etwas belustigt über die Inga-Lindström-Filmreihe im ZDF gesprochen. Christine hat sich neulich am Telefon auch darüber aufgeregt. Kurz gesagt, in Filmen wie „Sehnsucht nach Marielund“, „Im Sommerhaus“, „Sprung ins Glück“ und „Vickerby für immer“ werden Schwedenklischees meterdick aufgetragen und mit allerlei grob falschem vermischt. Zu den Mängeln kam mir bisher unter:
    • Schon in den Bildern ist offenkundig, dass dort wohl so gut wie alle in Häusern wohnen, die so ähnlich aussehen wie das von Michel aus Lönneberga.
    • Auf den Schäreninseln vor Stockholm wimmelt es laut den Filmen nur so von Elchen. Ich weiß zwar nicht, ob die Elche begeisterte Schwimmer sind, aber auf den doch meist sehr kleinen Schäreninseln ist mir noch nie einer begegnet. Das will aber für sich genommen noch nichts heißen, denn nach knapp 2 Jahren in diesem Land ist mir überhaupt noch nie ein Elch begegnet.
    • Fahrräder sind zu erstaunlichen Geschwindigkeiten fähig. Anscheinend kommen in den Filmen mehrere Szenen vor, wo jemand von den Schäreninseln ebenso mal schnell in einer Viertelstunde nach Sigtuna fährt. Da Sigtuna rund 50 km Luftlinie von den Schären entfernt liegt, kommt man da also grob geschätzt auf eine Geschwindigkeit von 200 km/h. Es geht aber erstaunlicher. Offenkundig liegt auch ein Ort namens Sundsvall nur 15 Minuten von den Schären entfernt. Das echte Sundsvall ist jedoch stolze 340 km von Stockholm entfernt. Allen Radfahrern in den Filmen ist daher dringend zu empfehlen, ihre Fahrräder zum Patent anzumelden und geeignete Schutzkleidung zu tragen.
    • Midsommarszenen wurden anscheinend im Winter gedreht, weswegen diverse Akteure offenbar ausgesprochen dick eingepackt waren für Ende Juni.

    Ich bin mir nicht so sicher, ob ich einen dieser Filme sehen möchte.

  • Interessante Meldung am Rande, die mich stark an eien Geschichte im SPIEGEL erinnert hat: Diplomaten zahlen ihre Strafzettel für Falschparken nicht. Das müssen sie auch nicht, denn sie sind ja immun. In der SPIEGEL-Geschichte ging es um einen interessanten Zusammenhang zwischen Strafzetteln und Korruption – zwei Wissenschaftler haben die Menge der unbezahlten Strafzettel von in New York stationierten Diplomaten untersucht und mit der Korruption im entsprechenden Land verglichen. Im dortigen Ranking sind zwischen den Listen wenige Ähnlichkeiten zu erkennen. Dies liegt aber daran, dass Tickets pro Diplomat gerechnet wurden. In absoluten Zahlen sieht die Sache schon ähnlicher aus: Russland führt in beiden Listen dann klar, und auch China bekleckert sich nicht mit Ruhm. Deutschland allerdings peinlicherweise auch nicht. Eine Methode der New Yorker war übrigens in den Berichten hier nicht zu lesen: Dort hat man einfach zur Bestrafung die Anzahl der vergebenen Diplomatenkennzeichen auf ein Minimum reduziert. Wer kein Auto hat, kann auch nicht falsch parken.
  • Hier ein Blog-Artikel über Prostitution. Ich habe mich ja hier zum Thema schon ein paar Mal ausgelassen. Kurz gesagt: in Schweden macht sich der Freier strafbar, die Prostituierte jedoch nicht. Der Autor scheint die Politik hierzulande gut zu finden – obwohl der Artikel durchaus die Problematik anspricht, dass die Straffreiheit der Werbung dazu führt, dass etwas versteckter im Internet um Freier geworben wird anstatt auf der Straße. Eine besonders seltsame Werbungsmethode ist das Bekleben von Ampelpfosten mit Telefonnummern und dem Wort „Massage“ oder auch „Erotische Massage“. Dann weiß jeder bescheid, und da Handynummern in Schweden im Gegensatz zu ziemlich allem anderen anonym sein können, fällt es leicht, Spuren zu verwischen. Der Artikel erweckt leider etwas den Eindruck, Prostitution ginge einfach unvermindet im Hinterzimmer weiter. Dem ist nicht so – wenn hier in Schweden einmal ein großes Bordell auffliegt, hat dieses weniger als 10 Angestellte. Im Vergleich zu den regelrechten Bordellburgen in anderen Teilen Europas ist das so gut wie nichts. Hinzu kommt, dass einfach auch sehr wenig geduldet wird. Keine Zeitungsanzeigen unter der nebulösen Überschrift „Kontakte“, kein Straßenstrich, keine roten Lampen – die Werbung erfolgt vergleichsweise versteckt und wird daher nur wenige anziehen. Die Abschaffung der Prostitution bleibt natürlich eine Utopie, aber man kommt ihr in Schweden schon recht nahe, denke ich.
  • Zum Abschluss etwas Amüsantes: Yvonne über einige seltsame Dinge hier in Schweden und die schwedische Alternative zum Sommerfest der Volksmusik

Otti der Otter

Nachdem hier wenig los war in den letzten zwei Wochen, ein kleiner Abriss über die letzten Tage:

  • Ich habe meinen schwedischen Führerschein erhalten. Damit geht es hoffentlich bald auch in Sachen Bus voran. Überraschung beim Abholen des Ausweises im lokalen Postcenter. Die Dame von der Post reißt doch vor meinen Augen einfach so den Brief auf. Ich dachte nur „Hallo Postgeheimnis?“. Genauso baff war ich neulich beim Lesen der Zeitschrift der Straßenverkehrsbehörde. Dort steht doch tatsächlich auf der letzten Seite:

    SMS-Dienst
    – Wem gehört das Fahrzeug? Schicken Sie die Kennzeichennummer an 71456
    Service-Telefon 07221-252525
    – Fahrzeugschein, Schilder und TÜV-Stempel bestellen
    – Angaben über Fahrzeug nachfragen (z.B. wem es gehört und ob die Steuer bezahlt ist)
    – Fahrzeug an- oder abmelden

    Auf gut deutsch: jeder kann per SMS zu jedem x-beliebigen Auto den Besitzer herausfinden. Wenn er anruft, kann er gleich auch noch herausfinden, ob derjenige die Steuer bezahlt hat und – wenn er etwas pfiffig ist – das Auto gleich abmelden. Ganz nebenbei kann man per Ratsit oder direktem Anruf bei der Steuerbehörde Gehalt und Kreditwürdigkeit herausfinden. Geschickte Dataminer wissen so innerhalb kurzer Zeit alles mögliche über eine Person. Man fühlt sich doch gelegentlich etwas wie im Big-Brother-Staat hier. Das Offentlighetsprincipen (deutsch „Öffentlichkeitsprinzip“), das praktisch alle amtliche Dokumente öffentlich macht, in allen Ehren – im 21. Jahrhundert wird das zunehmend bedenklich. Über Datenschützer in Deutschland kann man da fast nur schmunzeln, denn das hier ist alles ein erheblich deutlicherer Eingriff in die Privatsphäre. Offenbar bin ich auch nicht ganz der einzige, der solche Bedenken hat.

  • Ich war kürzlich in Deutschland bei meinen Eltern. Das Wetter war extrem heiß, was wir nun wirklich nicht mehr gewont waren. Trotz allem natürlich schön. Kurz die Highlights: Mein Heimatdorf Ottersdorf veranstaltet im Sommer die „Heimattage“. Dazu hat man sich als Logo „Otti“, den Otter, ausgesucht. Nicht dass dieses Tier ein Wahrzeichen des Dorfes wäre, aber die Namensähnlichkeit ist bestechend, und man kann lustige Anstecker verkaufen, die dann etwas Geld für die Heimattage eintreiben. Ich bekam einen Otti von Sven Planet (den ich an dieser Stelle herzlich grüße) geschenkt, da die Anstecker offenbar weggingen wie geschnitten Brot. Leider muss ich gestehen, dass Otti bislang verschollen geblieben ist – ich habe ihn hier in Stockholm noch nicht gesehen, aber vielleicht steckt er ja noch irgendwo in den Untiefen meines Rucksacks. Ansonsten waren wir noch exzellent Spargelessen – seit langem mal wieder Spargel-All-You-Can-Eat (auch wenn es offiziell nicht so heißt) für 19,70 € beim Restaurant Schoko in Rheinstetten-Forchheim. Das ist zwar ungewöhnlich viel Werbung für meine Verhältnisse, aber einen solchen Geheimtipp sollte man etwas propagieren. Leider ist der Urlaub ja schon wieder vorbei. Wegen der untragbaren Zuständen auf der A8 zwischen Karlsruhe und Stuttgart schafften wir es erst auf die Minute zum Flughafen – letztendlich hat uns die Möglichkeit zum Internet-Check-In gerettet. Dann war es auch egal, dass wir die Leberwurst (könnte ja C4-Sprengstoff sein) bei der Sicherheitskontrolle abgeben mussten.
  • Seither war das spektakulärste Ereignis das Pokalfinale Stuttgart-Nürnberg, das Benjamin, ein ehemaliger Kollege von DASDING, der derzeit beim schwedischen Rundfunk arbeitet – und ich im Irish Pub des Hauptbahnhof anschauten. Erstaunlicherweise gesellte sich noch eine Gruppe Schwaben und Franken dazu. Insofern ein herrlicher Abend.

Seither ist lernen angesagt – Klausuren stehen an, mein Führerscheintest und die Präsentation meiner Masterarbeit.